DaimlerChrysler und Shareholder Value

Freitag, 08.04.05 17:10
Sehr geehrte Privatanleger,

Im Frühjahr 2002 hielt ich einen Vortrag vor Anlegern in Stuttgart. Nach der Aktie von DaimlerChrysler gefragt, konnte ich mir folgenden Kommentar nicht verkneifen: „Da schaffen viele fleißige Menschen. Auch das gegenwärtige Management wird das Unternehmen nicht zerstören können.“ Mittlerweile bin ich mir nicht so sicher – nicht in Bezug auf die fleißigen Menschen, sondern in Bezug auf das Management.

Die Hauptversammlung bei DaimlerChysler diese Woche war wie gewohnt turbulent. Hatten in den achtziger und neunziger Jahren noch die kritischen Auftritte meines Kollegen Ekkehard Wenger von der Universität Würzburg für Furore gesorgt – Wenger wurde auch schon mal bei Überschreiten der Redezeit aus dem Saal getragen – so reicht mittlerweile der bloße Ärger der Kleinaktionäre, um Spannung zu garantieren.

Der größte deutsche Industriekonzern hat eine lange Tradition der Wertvernichtung. Daimler hat schon immer das gute Geld, das im Automobilgeschäft verdient wurde, in große Projekte gesteckt, aus denen dann nichts wurde. Sie erinnern sich vielleicht noch an Edzard Reuters Vision des großen integrierten Technologiekonzerns, die bei Schrempps Amtsantritt als Vorsitzender der Vorstands mit sehr hohen Sonderabschreibungen begraben werden musste.

Mittlerweile ist klar, dass der einst gefeierte Reuter-Nachfolger Schrempp ein mindestens ebenso großer Wertvernichter ist. Auf der Hauptversammlung wurde er diese Woche scharf kritisiert; einzelne Aktionäre und Aktionärsvertreter forderten sogar seinen Rücktritt.

Zunächst sah Schrempps Vision vernünftig aus. Statt eines Gemischtwarenladens sollte die „Welt AG“ auf der gesamten Welt Automobile produzieren. Schrempp ließ sich sogar als „Mr. Shareholder Value“ feiern. 1998 wurde der Chrysler-Deal eingefädelt, der Daimler bis heute hohe Verluste einbrachte. Chrysler war nämlich als gut geschmückter Sanierungsfall genau zum richtigen Zeitpunkt an die Daimler-Benz AG verkauft worden. Auch der Einstieg bei Mitsubishi in Japan erwies sich als Flop. Letztes Jahr entschied Daimler, kein weiteres Geld nachzuschießen.

Mercedes, einst die geachteteste Automarke der Welt, hat mittlerweile mit erheblichen Qualitätsmängeln zu kämpfen. In der vergangenen Woche wurden 1,3 Millionen Autos in die Werkstätten zurückgeholt – die größte Rückrufaktion der Konzerngeschichte. Auch smart ist weiter defizitär; die Sanierung soll bis zum 1,2 Mrd. Euro kosten.

Da hilft es auch nicht, dass diese Woche ein US-Gericht im so genannten Kerkorian-Prozesses in allen Punkten für Daimler entschied. Schrempp hatte in einem unbedachten Moment geäußert, dass die Fusion mit Chrysler von Anfang nicht wirklich als Fusion unter Gleichen geplant gewesen sie. US-Aktionäre hatten daraufhin auf hohen Schadenersatz geklagt.

Schrempp räumte Probleme ein, sagte aber, dass die Bilanz gesund sei. Zudem werde 2006 das Kostensenkungsprogramm CORE wirksam werden. (Wie man bei Qualitätsproblemen bei der Nobelmarke zuerst an eine Kostenoffensive denken kann, ist mir allerdings ein Rätsel.) Der Gewinn wird insgesamt für 2005 aufgrund der Sanierungskosten zurückgehen. Value hat Schrempp vor allem für sich und seine obersten Führungskräfte geschaffen. Seit der Fusion mit Chrysler hat sich sein Gehalt schätzungsweise verzehnfacht. Erstaunlicherweise konnte sich Schrempp bis heute halten. Der Erklärung ist einfach: als Vorstandsvorsitzender von Daimler ist er nicht zuerst Vertreter seiner Aktionäre, sondern muss sich mit seinen wenigen Großaktionären (insbesondere der Deutschen Bank) und den Gewerkschaften gut stehen. Erfolge als Unternehmenslenker sind da sekundär: Schrempp ist vor allem Politiker und Schauspieler.

Eines der scheinbar einfachsten Anlagekriterien ist tatsächlich eines der schwierigsten: „Wird das Unternehmen von ehrlichen und kompetenten Managern geleitet, die vor allem das Wohl der Aktionäre und des Unternehmens im Sinn haben?“ Warren Buffett stellt sich diese Frage immer zuerst, und er ist gut damit gefahren.

Bei Gericht heißt es, „im Zweifel für den Angeklagten.“ Beim Investieren muss es heißen, „Käufer, hab acht.“ Diesen Grundsatz habe ich bei Daimler missachtet. Als Schrempp das Ruder bei Daimler übernahm, hatte ich Hoffnungen, dass er die Fehler seines Vorgängers nicht wiederholen würde. Es kam aber alles noch viel schlimmer. Jürgen Schrempp nehme ich den „Mr. Shareholder Value“ schon lange nicht mehr ab, und Daimler ist schon lange von meiner Empfehlungsliste verschwunden. Unter den deutschen Großkonzernen sind mittlerweile die Deutsche Telekom und die E.ON für Privatanleger interessant. In beiden Fällen glaube ich, dass das Management die Interessen der Eigentümer im Blick hat. Bei Daimler ist das bislang nicht zu erkennen.

Gute Investments wünscht,

Ihr

Prof. Dr. Max Otte

www.privatinvestor.de

Den Titel als Dipl.-Volksw. erhielt Max Otte 1989 durch den erfolgreichen Abschluss des Studiums an der Universität Köln. 1991 erlangte er den Titel Master of Arts in Public Affairs an der...


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