Noch ist nicht die Zeit gekommen, alle Segel zu setzen

Freitag, 20.08.04 11:00
Sehr geehrte Privatanleger,

der Sommer ist fast immer eine Zeit fallender Kurse. Viele Fondsmanager sind im Sommerurlaub. Neuengagements erfolgen oft in den letzten und ersten Monaten eines Jahres, denn zum Jahresende misten viele Anleger und Fondsmanager noch ihr Depot aus und wollen ihre Performance „aufpolieren“.

Ob diese einfache Erklärung ausreicht, mag letztlich offen bleiben. Dennoch sind zurückgehende Kurse im Sommer eine statistische Realität. Lassen Sie uns das an der Siemens-Aktie (immerhin einem typischen Schwergewicht des DAX) genauer beobachten.

In den neun Jahren seit 1996 ist Siemens im Sommer sieben Mal gefallen. Nur 1999 – in Jahr der absoluten Euphorie – gab es überhaupt keinen nennenswerten Einbruch. 2003 erfolgte der Einbruch wie bei fast allen DAX-Werten schon im Frühjahr. Im Einzelnen sieht das wie folgt aus:
Mai bis November 1996: -50%,
Juli bis November 1997: –25%,
Juli bis Oktober 1998: –43%,
Juli bis Oktober 1999: +24%,
Juli bis November 2000: -29%,
Juni bis September 2001: -46%,
Mai bis Oktober 2002: -54%,
Mai bis November 2003: +37%,
Mai bis August 2004: bislang –10%.

Wenn man sich also einfach nach der Statistik richten würde, wäre es wahrscheinlich, dass Siemens in diesem Jahr noch weiter fällt.

Immerhin hat auch die als „lahm“ angesehene Siemens-Aktie in den letzten neun Jahren eine durchschnittliche Wertsteigerung von 7% zuzüglich durchschnittlich 2% Dividendenrendite für ihre Aktionäre gebracht. Siemens ist damit ziemlich repräsentativ für den DAX.

Für einen Sommerschlussverkauf ist es also zu früh. Zu unsicher ist die weltwirtschaftliche Lage. Die amerikanische Notenbank hält sich mit Zinserhöhungen noch auffällig zurück, obwohl die U.S.-Wirtschaft diese nötig hätte und wahrscheinlich auch verkraften würde. Die Präsidentschaftswahlen werfen ihren Schatten voraus. Die Zinsen sind in den letzten beiden Monate wieder gesunken – noch immer ist viel billiges Geld im Umlauf, durch welches die Wirtschaft künstlich aufgeheizt wird. Irgendwann werden höhere Zinsen notwendig werden, spätestens wenn im Rahmen der durchaus guten Weltkonjunktur die Inflation weiter steigt. Dann dürfte sich der U.S.-Immobilienboom merklich abkühlen.

Immer noch produzieren die USA gigantische Außenhandels- und Haushaltsdefizite. Bislang werden die Außenhandelsdefizite durch Europa, Japan, China und anderen asiatischen Ländern aus politischen Gründen finanziert: fiele die U.S.-Nachfrage auf dem Weltmarkt in sich zusammen, stünden diese Wirtschaften vor einem großen Problem. Wir Ökonomen wundern uns eigentlich schon seit 1984 (dem Reagan-Boom), wie lange es noch so weitergehen kann. Anfang der neunziger Jahre waren Haushalt und Zahlungsbilanz in den USA kurz ausgeglichen. Unter Bush dem Jüngeren geht es wieder mit Volldampf in die roten Zahlen. Wenn die Korrektur noch lange hinausgezögert wird, kann es mit einem Knall enden.

Dennoch sehen die Bewertungen einiger Aktien jetzt langsam wieder attraktiv aus. Amgen hat die Fusion mit Immunex verdaut und produziert gute Zahlen. Auch Medtronic ist in seine Bewertung hineingewachsen. Bed, Bath & Beyond (Haushaltswaren) und Home Depot (Baumarkt) sehen wieder attraktiv aus. In Deutschland könnten sich für Porsche und United Internet zwischenzeitlich Einstiegskurse ergeben. Bei Nokia und MLP kann ich hingegen noch keine Hoffnung machen.

Noch ist nicht die Zeit gekommen, alle Segel zu setzen und voll investiert zu sein, es sei denn, Sie verfolgen einen kontinuierlichen Aktiensparplan. In der letzten von mir durchgeführten Umfrage gaben immerhin 40% aller befragten Investoren an, dass Sie in Ihrem Wertpapierdepot 50% Cashanteil oder mehr halten. Zu Recht!

Zu guter Letzt: bei meinem letzten Aufenthalt in den USA Mitte Juli traf ich auf der Straße in New York zufällig Paul Volker, den Vorgänger von Alan Greenspan im Amt des amerikanischen Notenbankchefs. Mit fast 2,05 Metern Körpergröße ist er auch kaum zu übersehen. Volker engagiert sich derzeit als Sonderprüfer von Korruptionsfällen beim „food-for-oil–Programm“ der Vereinten Nationen. Mein früherer Professor an der Princeton University begrüßte mich mit den Worten: „Sie haben zugenommen!“ Seitdem nutze ich den Sommer dafür, wozu der Sommer da ist: ich treibe Sport und versuche, einige meiner Pfunde wieder loszuwerden. Nebenbei überlege ich mir in aller Ruhe meine Strategie für den Herbst.

Es grüßt Sie herzlich,
Ihr

Prof. Dr. Max Otte

www.privatinvestor.de

Den Titel als Dipl.-Volksw. erhielt Max Otte 1989 durch den erfolgreichen Abschluss des Studiums an der Universität Köln. 1991 erlangte er den Titel Master of Arts in Public Affairs an der...


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