Smart Investor Weekly: Frechheit siegt!

Donnerstag, 25.05.17 10:14
Smart Investor Weekly: Frechheit siegt!
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Wer die Welt auf den Kopf stellt … und damit auch noch durchkommt

Das Glück im Außen

Glücksforscher wissen, dass Glück – also im Sinne von glücklich sein – allenfalls kurzfristig das Ergebnis äußerer Umstände ist, ansonsten aber aus der Innenwelt des Glücklichen stammt bzw. dort von diesem selbst erzeugt wird. Insofern sind die Versuche des im Inland so glücklosen Donald Trump, sich im Außen ein wenig Bestätigung zu holen, langfristig wohl zum Scheitern verurteilt. Gewiss, er kann ein wenig positive Presse erwarten, wenn er das macht, was wohl gelittene amerikanische Präsidenten schon immer so oder so ähnlich gemacht haben – ein paar Tomahawks abfeuern, den Saudis ein paar Waffen verkaufen, den Iran maßregeln, Israel loben. 

Selbst eine Audienz beim Papst durfte nicht fehlen, obwohl die gegenseitige Wertschätzung der beiden Herren eher gering ausgeprägt sein dürfte – ein paar gefällige Bilder entstehen bei solchen Treffen allemal. Mehr geht eigentlich nicht. Und tatsächlich quälten sich einige Kommentatoren sogar grundsätzlich wohlwollende Bemerkungen zur US-Außenpolitik heraus – freilich nicht ohne Kritik an den Details, an denen sich wieder ganz prinzipiell festmachen ließ, was für ein ungehobelter Kerl der amerikanische Präsident doch sei. Solange es aber Trump nicht gelingt, seinen Kritikern an der „Heimatfront“ überzeugend den Wind aus den Segeln zu nehmen, wird für ihn das im Außen gefundene Glück flüchtig bleiben.

Steuerzahlergeld in der Einbahnstraße

Weniger ungehobelt als unverschämt ist der deutsche Finanzminister. Dessen Position ist allerdings unangefochten, denn den vom Steuerzahler großzügig alimentierten Parteien will es einfach nicht gelingen, eine halbwegs präsentable personelle Alternative zu seiner Chefin hervorzubringen. Kein deutscher Politiker hat in Friedenszeiten mehr Wohlstand vernichtet als die ewige Kanzlerin, die sogar noch fester im Sessel klebt als ihr Ziehvater Helmut Kohl. Nun ist die CDU ohnehin nicht die Partei der Palastrevolutionen. Wer aber nun auf die SPD gesetzt hatte, die immerhin einen Helmut Schmidt hervorbrachte, sah sich bei der Kandidatenwahl getäuscht. Dort kreiste der Berg und gebar einen Zwerg. Hoffnungsträger Martin, der wie ein Messias erschienen war, ist rasch wieder auf sein Brüsseler Normalmaß geschrumpft. Man kann einen Kandidaten auch dadurch beschädigen, dass man ihn früh zum Favoriten erklärt, wohl wissend, dass es ihm an der Kondition für die ganze Strecke fehlt.

Was nun den eingangs erwähnten Herrn Schäuble betrifft, so sieht sich dieser angesichts einer schon jetzt rekordhohen Abgabenbelastung der Bürger und erwarteter weiterer Mehreinnahmen in den nächsten Jahren zunehmend mit Forderungen nach einer Steuerreform bzw. Steuersenkung konfrontiert. Ein derartiges Ansinnen lehnte er in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung nicht nur schroff ab, er verhöhnt die Leser auch noch mit dem zynischen Hinweis, „dass Geld nicht alles ist und dass viel Geld zugleich viel Verantwortung bedeutet“. Offenbar sollen die Bürger auch noch recht dankbar sein, dass sich der Mann so viel Verantwortung auf seine Schultern lädt.


Meinung im amtlichen Korridor

Während es US-Präsident Trump also eher mit Ablenkung versucht, weiß man in der bundesdeutschen Politik schon längst: Frechheit siegt! In diese Kategorie fällt auch das sogenannte „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, das Justizminister Heiko Maas letzte Woche als „Bundestagsdurchwinkungsgesetz“ eingebracht hatte – die wohl dreisteste Attacke auf die Meinungsfreiheit in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dass wir Maas für die größte Fehlbesetzung in diesem Amt halten, geben wir vorsichtshalber hier noch einmal zu Protokoll. Wer weiß, ob man das künftig so noch sagen wird dürfen. Die gute Nachricht: Für alle Rechtgläubigen, die ihrer Regierung vertrauen und stets die „richtige Meinung“ haben, bleibt alles beim Alten: „Eine Zensur findet nicht statt.“


Komplex und trotzdem attraktiv

Auch bei den meisten Beteiligungsgesellschaften ist auf den ersten Blick selten zu sehen, was in ihnen steckt. Denn während es Investoren bei klassischen Unternehmen meist mit einer Branche, einem fest abgegrenzten Produktsortiment und klar definierbaren Umsatz- und Ertragszielen zu tun haben, geht es bei den meisten Beteiligungsgesellschaften um einen ganzen Strauß von Unternehmen. Neben der operativen Ebene gibt es zusätzlich noch die Holding, der eine ganz entscheidende Funktion zukommt. Denn hier wird Kapital allokiert, Investitions- oder Desinvestitionsentscheidungen getroffen und die operativen Einheiten gesteuert. Weswegen auch dem Management der Holding eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt. Neben quantitativen Fakten haben wir in unsere jährliche Analyse der gesamten Branche daher auch qualitative Bewertungen einfließen lassen. 


Der „blaue“ Himmel der Bayern

Exakt nach unserem Redaktionsschluss veröffentlichte die Münchner Blue Cap (WKN A0JM2M, akt. Kurs 11,70 EUR) die Meldung über die Veräußerung ihrer 90%-Tochter Biolink. Für Anleger ergibt sich damit eine völlig neue Situation. Denn Blue Cap hat sich zum ersten Mal von einer größeren Beteiligung getrennt und dabei vermutlich einen stattlichen Preis realisiert. Biolink war eine der Perlen im Portfolio von CEO Hannspeter Schubert. Der Käufer ist die französische Saint-Gobain – immerhin ein Konzern mit knapp 40 Mrd. EUR Umsatz. Da Blue Cap keine Angaben zum realisierten Preis machte, darf hierüber nun spekuliert werden. Legt man ein realistisches EV/EBIT-Multiple zugrunde, erscheint ein Unternehmenswert von 25 Mio. EUR nicht unrealistisch. Abhängig von der Verschuldung auf Ebene von Biolink dürfte ein Großteil davon auf dem Konto von Blue Cap gelandet sein. 

Der Buchwert des Eigenkapitals von Blue Cap hat dagegen zuletzt (zum 30.6.16) lediglich bei 32,3 Mio. EUR betragen (Blue Cap weist keinen NAV aus). Es ist zu erwarten, dass sich die Bilanzrelationen bereits zum Halbjahr 2017 deutlich verbessern werden. Mit dem Kauf des operativen Geschäftes der insolventen Neschen AG hat das Unternehmen gleichzeitig im letzten Jahr eine neue Akquisition getätigt. Ein Teil des Verkaufserlöses aus der Biolink-Transaktion dürfte daher auch in die Restrukturierungsbemühungen bei diesem Tochterunternehmen fließen. Blue Cap könnte damit den Beweis erbringen, ein guter Kapitalallokator zu sein. Denn höchstwahrscheinlich lässt sich mit einem Investment in Neschen aktuell ein deutlich höherer Return on Investment realisieren, als mit dem Festhalten an der Beteiligung Biolink.

Fazit

Während der US-Präsident sein Glück im Ausland sucht, hat die deutsche Politik längst erkannt: Frechheit siegt!

Ralph Malisch, Christoph Karl

Quelle: Smart Investor