Smart Investor Weekly: Gute Autos, falsches Geld

Donnerstag, 01.06.17 10:46
Smart Investor Weekly: Gute Autos, falsches Geld
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Warum es sich gerade heute lohnt, sich mit der Geschichte des Geldes zu beschäftigen

Bierzelt-Reden und Twitter-Nachrichten

Im Nachgang zu seiner ersten großen Auslandsreise ging US-Präsident Trump wieder zu seiner liebsten Beschäftigung über: Er setzte zu einer seiner berühmt-berüchtigten Twitter-Orgien an und nahm dabei vor allem die Bundesrepublik ins Visier. Die USA hätten ein massives Handelsdefizit mit den Deutschen. Diese würden gleichzeitig jedoch viel zu wenig für die NATO und ihr Militär ausgeben. Doch dies, so Trump, werde sich nun ändern. Die Bundeskanzlerin ging im Gegenzug einer der Lieblingsbeschäftigungen eines deutschen Politikers nach: Sie hielt eine Bierzeltrede im beschaulichen Münchner Stadtteil Trudering. Und machte dabei ihrem Trump-Frust Raum. So sagte sie wörtlich: „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei.

Das habe ich in den letzten Tagen erlebt.“ Aus Washington wiederum ist zu hören, dass diese Bierzeltansprache bei Trump sogar positiv ankam. Sein Sprecher Sean Spicer bezeichnet sie als „großartig“. Die Worte Merkels entsprächen exakt dem, was der Präsident gefordert hätte. Nun kann man lange darüber streiten, ob Trump tatsächlich voll und ganz verstanden hat, woher das globale Handelsungleichgewicht stammt. Denn die Übervorteilung ihrer Handelspartner durch die Deutschen kann es kaum sein. Dagegen spricht allein schon das Gebaren der deutschen Politik in der Euro-Rettung. Vielmehr ist es wohl die Qualität der deutschen Produkte, die weltweit für eine rege Nachfrage sorgt. Denn das aggressive Verkaufen war vermutlich noch nie eine der hiesigen Primärtugenden.

Die andere Seite der Medaille

Bereits im Januar hatte Trump festgestellt, dass die 5th Avenue in New York mit Luxuswägen von BMW, Mercedes oder Porsche zugeparkt ist, während die Deutschen offensichtlich Wägen amerikanischer Provenienz verschmähen. Man möchte fast erwidern: Dann baut eben einfach bessere Autos! Mit seinem zweiten Punkt spricht Trump dagegen alles andere als Fake-News aus: Denn in der Tat haben die Deutschen und andere NATO-Partner ihre Verpflichtungen und Ausgaben für das Militärbündnis in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt. Auch die USA konnten sich hier über viele Jahre kaum auf die anderen verlassen. Die Verbindung dieser beiden Themen macht daher einmal mehr deutlich, wie Trump zu ticken scheint.

Er sieht sich als der große Dealmaker, der mit solchen Missständen ein für alle Mal aufräumt. Wenn er das Thema Exporte mit dem Thema NATO verbindet, dann wohl vor allem aus taktischen Gründen. Importzölle dürften die Drohkulisse sein, um den Deutschen und den anderen Ländern bei ihren NATO-Verpflichtungen Beine zu machen. Somit pokert er vor allem mit dem freien Zugang zum amerikanischen Markt. Damit hatten die USA ihre Partner traditionell belohnt. Auch in dem Wissen, dass sie die Bezahlung mit selbst gedruckten US-Dollar wenig kostet. Genau dies ist nämlich die Gegenseite der Medaille, die sich Angela Merkel offensichtlich in Trudering nicht zu benennen traute. Stattdessen wird sie Donald Trump so weit wie möglich nachgeben und die reuige Schuldnerin geben. All dies ist jedoch weniger bierzelttauglich.


Aus der Geschichte lernen

Mehr Vertrauen durften im 17. Jahrhundert die Hamburger Kaufleute in die damalige Mark Banco haben. Denn im Gegensatz zum heutigen Fiat-Geld war diese durch reale Einlagen besichert. Darüber berichtete Kristof Berking auf der 8. Hamburger Mark Banco Anlegertagung am vergangenen Samstag. So wurde diese Institution in Zeiten enormer Währungsunsicherheit vor allem deswegen gegründet, um den Kaufleuten der Hansestadt eine sichere Abwicklung ihrer Geschäfte bei gleichzeitiger Preisstabilität bieten zu können. Um ein Konto bei der Hamburger Bank zu eröffnen, musste der Inhaber Taler in Silber hinterlegen. 1 Mark Banco entsprach 1/3 eines solchen Talers, dieser wiederum bestand aus ca. 26 Gramm Feinsilber.

Soweit, so simpel. Doch worin lag nun die Besonderheit der Hamburger Bank? Zunächst einmal war es eine reine Giro- und Depositenbank. Daneben war sie die einzige Bank, bei der die Hamburger Kaufleute Wechsel von mehr als 400 Mark Banco einlösen durften. Aus einem Sachgeld wurde damit ein sogenanntes Wechselgeld. Dieses ist nicht mehr lediglich auf das dahinter stehende Gold oder Silber bezogen, sondern beinhaltete auch Zahlungsversprechen auf eben jenen Sachwert. Die Währung konnte damit atmen, wie Berking in seinem spannenden Vortrag erklärte. Und trotzdem: Die Deckung durch echte Einlagen verhinderte das Phänomen der heutigen Geldschöpfung aus dem Nichts.

Auf Plattdeutsch ausgedrückt war dies einer der Leitsprüche des Hamburger Senators Lütkens: „Dat Sülver möt do wesen“ – zu Hochdeutsch: das Silber musste tatsächlich vorhanden sein. Am Rande sei erwähnt, dass Lütkens selbst ein erfolgreicher Kaufmann im Zuckerhandel war. Die Bedeutung einer stabilen Währung, die gleichzeitig eine florierende Wirtschaft ermöglichte, sollte ihm daher bewusst gewesen sein. Die Tatsache, dass die Wirtschaft Hamburgs in den Jahren der Existenz der Hamburger Bank (1619-1875) tatsächlich über weite Teile prosperierte, ist damit gleichzeitig ein Praxisbeweis für die österreichische Schule. Mehr dazu und zu den anderen Themen der 8. Hamburger Mark Banco Anlegertagung können Sie in unserem Bericht im nächsten Smart Investor nachlesen, der Ende Juni erscheint.


Zu den Märkten

Der deutsche Aktienmarkt trat in den letzten beiden Wochen mehr oder weniger auf der Stelle – genau gesagt ging es dabei um die Marke von 12.600 Punkten, die mal über-, mal unterschritten wurde. Es lässt sich ein Aufwärtstrend seit November letzten Jahres ausmachen, der aus charttechnischer Sicht Handlungsbedarf anzeigt, sobald er unterschritten wird. Dies wäre aus heutiger Sicht bei rund 12.450 Punkten der Fall.




Fazit

Erneut schlägt in den letzten Tagen die Politik große Wellen. Es lohnt sich jedoch zwischen den Zeilen der Twitter-Nachrichten zu lesen!

Ralf Flierl, Christoph Karl



Quelle: boerse.de