Der Zusammenbruch des Bretton Woods-Systems (1973)

Noch während des zweiten Weltkrieges arbeitete die USA an der Weltwirtschaftsordnung für die Zeit nach dem Ende der Kampfhandlungen. Dabei sollten die Fehler, die nach dem ersten Weltkrieg gemacht wurden (z.B. Hyperinflation aufgrund der hohen Reparationszahlungen in Deutschland) unbedingt vermieden werden. Nach dem Ende des schlimmsten Krieges der Geschichte mit über 30 Millionen Toten im Mai 1945 zeigte sich Europa in einem verheerenden Zustand. Zerstörte Städte, unterbrochene Verkehrswege und eine durch die Kriegswirren zugrunde gerichtete Wirtschaft sorgten vor allem in Deutschland und Österreich, aber auch in Polen, Jugoslawien, der Sowjetunion und vielen anderen Ländern für eine breite Armut in der Bevölkerung.

Die USA war zu diesem Zeitpunkt die unangefochten führende Weltmacht. Dementsprechend versuchte die Regierung eine für sie vorteilhafte Nachkriegsentwicklung zu erreichen. Durch die Entkolonialisierung sollten die ehemaligen europäischen Kolonien für die amerikanische Wirtschaft erschlossen werden und durch ein Weltwährungssystem auf Dollarbasis die amerikanische Stellung in der Welt weiter gestärkt werden. Schon 1942 gelang ein erster Schritt in diese Richtung, als die USA die Finanz- und Militärhilfe für Großbritannien an die Aufhebung der bis dato gültigen speziellen Zoll- und Handelsregelungen mit den Staaten des britischen Empires knüpfte. Im Verlauf des Krieges und während der späteren Wiederaufbauhilfen setzte die USA die Unterstützung antikolonialer Befreiungsbewegungen fort, wenn es in ihrem Interesse stand und dadurch nicht der Einfluss der Sowjetunion gestärkt wurde. Dabei half ihr der 1944 gegründete Internationale Währungsfonds und die in Bretton Woods festgelegten Beschlüsse.

In dem amerikanischen Badeort Bretton Woods wurden 1943 und 1944 im Rahmen einer Konferrenz unter Führung der USA von den 44 teilnehmenden Staaten Die Pläne für die wirtschaftliche Entwicklung der Welt nach dem Krieg geschmiedet. Die Beschlüsse dieser Konferenz hatten entscheidende Auswirkungen auf den Wiederaufbau Europas und führten letztendlich zum Kalten Krieg, da die Sowjetunion ihre Teilnahme verweigerte.

Ein Hauptziel der Konferenz war die Vermeidung der Fehler des ersten Weltkriegs. Aus diesem Grund wurde auch von der erst geplanten Umwandlung Deutschlands in einen Agrarstadt wieder Abstand genommen und statt dessen eine Wiederherstellung Europas als industrielles Zentrum in den Mittelpunkt gerückt. Wichtigste Folgerung daraus war der Verzicht auf Reparationszahlungen. Lediglich Sachleistungen wie Demontage von Industrieanlagen, Kohle- und Uranlieferungen, Entnahmen aus der laufenden Produktion oder die Konfiszierung des Auslandsvermögens sollte den Verlierern auferlegt und von den verschiedenen Besatzungsmächten innerhalb ihrer Besatzungszonen eingezogen werden. Bis 1954 entnahmen so die Alliierten in den westdeutschen Zonen insgesamt 517 Millionen Dollar, während die Sowjetunion ohne Rücksicht auf die Ergebnisse von Bretton Woods in der Ostzone rund 13 Milliarden Dollar aus dem Land schaffte.

Einführung des US-Dollars als Leitwährung


Daneben wurden auf der Konferenz die Grundlagen für den Internationalen Währunsfonds (IWF) und die Weltbank (IBRD) ausgehandelt, die schließlich zum 27. Dezember 1945 in Kraft traten. Dadurch sollte der isolierte und zum Teil rücksichtslose nationale Handel der Zwischenskriegszeit vermieden werden. Mit dem Beitritt zum IWF erklärte sich der teilnehmende Staat bereit, die vereinbarten Regeln zur Wechselkursstabilisierung sowie der gegenseitigen finanziellen Hilfe zur Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten eines anderen Mitgliedstaates einzuhalten. Einer der wichtigsten Beschlüsse war die Einführung eines festen Wechselkurssystems, mit dem sich die teilnehmenden Staaten - wenn auch teilweise unter großem Widerstreben (z.B. Großbritannien) - verpflichteten, ihre Wechselkurse innerhalb vergleichbar geringer Schwankungsbreiten an den US-Dollar als Leitwährung zu knüpfen. Gleichzeitig galt die US-Währung fortan mit einer fixen Dollar-Gold-Relation (35 US-$ je Unze Gold) als Weltreservewährung. Diese kam im Falle von den bereits erwähnten finanziellen Hilfen zur Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten eines anderen Mitgliedstaates zum Einsatz. Aufgrund der Verweigerung Russlands dem System beizutreten, kam es zur Spaltung Europas. Auch der Marshallplan (nach dem Außenminister der USA), der 1947 umfangreiche Hilfen für die europäischen Völker - egal ob Sieger oder Besiegter - mittels des European Recovery Programs (ERP) beschloss, trennte die ehemaligen Verbündeten immer mehr voneinander, da die Sowjetunion die Hilfen kategorisch ablehnte und dies auch von den anderen Ostblockstaaten erwartete. Nach der Gründung der NATO und des Warschauer Pakts war Europa dann endgültig wirtschaftlich und politisch in Blöcke geteilt.

Unter der dominierenden Rolle der USA schaffte es der Westen schnell wieder, an die Produktion des Vorkriegsniveaus anzuknüpfen und diese sogar bald darauf zu übertreffen. Die 50er und 60er galten als die Zeit des "Wirtschaftswunders", doch bauten sich trotz des Aufschwungs neue Probleme auf, die insbesondere mit dem in Bretton Woods vereinbarten festen Wechselkurssystem zu tun hatten.

Seit Ende der 50er Jahre hatten sich durch ständige, aus dem Kapitalexport herrührende Defizite in der amerikanischen Zahlungsbilanz enorme Dollarbestände im Ausland angesammelt, die die amerikanischen Goldreserven bei weitem überstiegen. Damit bestand die in Bretton Woods vorgesehene Goldeinlösepflicht faktisch nur noch auf dem Papier. Bereits Anfang der 60er Jahre kam es zu einer kurzen Schieflage des Systems, als sich der Goldpreis von 35 US-$ je Feinunze, als Basispreis des Londoner Goldmarktes, nicht mehr halten ließ. Auch die Gründung eines Goldpools der großen Notenbanken ab Oktober 1961, der versuchte den freien Goldpreis auf der Höhe des amtllichen Preises zu halten, konnte nur eine kurzfristige Lösung schaffen, da die Diskrepanz zwischen Angebots- und Nachfrageentwicklung weiter fortbestand. Zwar war die Einlösepflicht von Dollar in Gold im Jahr 1968 formell auf die Zentralbanken der Mitgliedsländer beschränkt worden und kein Staat hätte schon allein aus politischen Gründen den Umtausch der eigenen Dollarreserven in Gold gefordert, dennoch belastete die zunehmende Instabilität durch die hohen Auslandsreserven das Vertrauen in den Dollar. Zudem war die USA Ende der Sechziger aufgrund der durch den Vietnamkrieg angeheizten Wirtschaftskonjunktur einer erhöhten Inflation unterworfen. Insbesondere die D-Mark war gegenüber der US-Währung massiv unterbewertet.

Wechselkurs-System zeigt Schwächen


Damit zeigte ab Mitte der Sechziger Jahre das System der festen Wechselkurse immer größere Schwachstellen. Grund waren die unterschiedlich schnell wachsenden Volkswirtschaften der einzelnen Länder. Differierende Wirtschaftspolitik sowie unterschiedliche Produktionsfortschritte machten eine Anpassung der Wechselkurse nötig. Da dies aber im Regelfall so lange wie möglich hinausgezögert wurde, kam es - trotz einer staatlichen Aufsicht und einer in vielen Ländern vorhandenen Genehmigungspflicht für den Devisenhandel - im Vorfeld immer öfter zu spekulativen Kapitalbewegungen in Richtung der zu erwartenden Auf- bzw. Abwertungsbewegungen. Diese Spekulationskrisen traten seit Mitte der 60er Jahre immer häufiger auf. Nachdem Ende 1967 die Währungen Großbritanniens, Israels, Neuseelands, Spaniens und Dänemarks abgewertet worden waren, wurde 1968 über eine Aufwertung der Mark gegenüber dem Dollar spekuliert. Doch die Bundesregierung versuchte zunächst noch die Stabilität des internationalen Währungssystems zu retten, indem sie am 19. November 1968 steuerliche Maßnahmen zur Verringerung des deutschen Außenhandelsüberschusses in die Wege leitete und eine Aufwertung der Mark vorerst verschob. Zudem wurden Importe steuerlich um vier Prozent entlastet und Exporte dafür um vier Prozent belastet.

Doch schon im Frühjahr 1969 stand erneut eine Aufwertung der D-Mark zur Debatte und nun waren die Meinungen innerhalb der Regierung geteilt. Während die SPD mit dem Wirtschaftsminister Schiller eine Aufwertung der DM befürwortete, stellte sich CSU-Finanzminister Franz-Josef Strauß dagegen. Dennoch entschloß sich die sozialliberale Regierung unter Willy Brandt am 24. Oktober 1969 zu einer 8,5-prozentigen Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Dollar. Damit sank der Wechselkurs von 4 DM/Dollar auf 3,66 DM/Dollar.

Im Jahr 1970 gaben die USA, Deutschland, Kanada und die Schweiz schließlich die bis dahin gültigen Kapitalverkehrskontrollen (d.h. die staatliche Aufsicht über den Handel mit Devisen) auf. Die USA gerieten aufgrund des kostspieligen Militärapparates und den immer stärker werdenden Ökonomien wie z.B. in Japan, und Deutschland zunehmend in Zugzwang. Insbesondere der Kapitalzufluss nach Westdeutschland riss nicht ab, was den Dollar weiter unter Druck setzte. Im Mai 1971 entschloss sich die Bundesregierung schließlich zur Freigabe des DM-Wechselkurses. Der Dollar erlebte daraufhin in den folgenden Wochen einen Einbruch um 9,3 Prozent auf 3,32 DM/Dollar.

Als nächsten Schritt gab US-Präsident Nixon am 15. August 1971 die endgültige Aufhebung der Dollarkonvertibilität zum Gold bekannt. Dies erschütterte das internationale Währungssystem erneut bis auf die Grundmauern. Dennoch versuchte eine eilends einberufene Währungskonferenz in Washington im Dezember 1971 noch eine Lösung zu finden. Nach langwierigen internationalen Verhandlungen wurden neue Währungsparitäten festgelegt und die zulässige Schwankungsbreite der Wechselkurse untereinander vergrößert. Der Dollar wurde dabei gegenüber der DM erneut um 13,57 Prozent abgewertet und ein neuer Leitkurs von 3,22 DM/Dollar festgelegt.

Devisenbörsen müssen mehrmals schließen


Da der spekulative Geldfluss in die Bundesrepublik nicht zur Ruhe kommen wollte, obwohl die Bundesbank die Zinsen kontinuierlich senkte, versuchte die Bunderregierung durch verschiedene administrative Maßnahmen weitere Barrieren aufzubauen. So wurden beispielsweise die Devisenbörsen aufgrund der spekulativen Kapitalzuflüsse, die den Dollar Anfang Februar auf einen Wert von 2,90 DM gedrückt hatten, vom 10. bis zum 12. Februar geschlossen. Am 17. Februar beschloss die Bundesregierung erneut ein Stabilitätsprogramm zur Dämpfung der Konjunktur, um der drohende Inflation zu entgegnen. Nachdem Anfang März das System von Bretton Woods endgültig zusammenzubrechen drohte, wurden die Devisenbörsen in vielen europäischen Ländern vom 2. bis zum 19. März erneut geschlossen. Zwischen dem 11. und 14. März 1973 beschlossen dann mehrere europäische Ländern den endgültigen Ausstieg aus dem System fester Wechselkurse. Als erstes gingen Großbritannien und die Schweiz zum Dollar-Floating über. Wenig später wurde eine "Währungsschlange" eingeführt, mit der sich die Wechselkurse der damaligen EWG-Staaten nun untereinander innerhalb einer Bandbreite von 2,25% um die vereinbarten Leitkursen bewegen sollten, gegen dem Dollar aber frei handelbar waren. Allerdings war diese Schlange aufgrund mangelnder Institutionalisierung nicht stabil, da abwertungsgefährdete europäische Währungen das System einfach verlassen konnten. Das Bretton-Woods-System war damit endgültig zusammengebrochen. Der DM/Dollar-Wechselkurs betrug damals 2,83 DM je Dollar und tendierte immer noch weiter abwärts.

Nach der Einführung des Floatings versuchte die Bundesregierung umgehend durch weitere Stabilisierungsmaßnahmen, wie eine restriktive Geldpolitik die Konjunktur weiter zu dämpfen. Doch obwohl die Maßnahmen langsam Wirkung zeigten, wurde die DM am 29. Juni 1973 erneut um 5,5% aufgewertet. Die angespannte Situation, insbesondere an den Devisenmärkten, schien damit überstanden, doch dann verursachten die Ereignisse im Nahen Osten eine neue Krise, die die gesamte westliche Welt in Mitleidenschaft ziehen sollte.


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