DAI: Wer hat Angst vor... der Lektüre eines Wertpapierprospekts?

Sonntag, 22.11.09 11:14
Tafel mit Kursen
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Werden Wertpapiere, z.B. Aktien, Anleihen oder Derivate, erstmals öffentlich einem breiten Publikum zugänglich gemacht, sind die Emittenten verpflichtet, einen Wertpapierprospekt zu veröffentlichen. Prospekte sollen die Anleger durch zutreffende und vollständige Angaben über den Emittenten und das Wertpapier in die Lage versetzen, eine Anlageentscheidung zu treffen, die das mit der Wertpapieranlage verbundene Risiko richtig einschätzt. Die Prospektregelungen sind in Europa einheitlich, denn sie beruhen auf der EU-Pro­spekt­richt­linie.

Bei großen Aktiengesellschaften oder komplizierten Derivaten können die Prospekte sehr dick werden– sie ähneln im Umfang oftmals dem Telefonbuch einer Großstadt. Deshalb nehmen die meisten Anleger sie kaum wahr. Dass ist misslich, urteilt das Deutsche Aktieninstitut, denn im Prospekt stehen viele für den Anleger wichtige Informationen.

Nun liegt ein Änderungsvorschlag der EU-Kom­mission zur Prospektrichtlinie auf dem Tisch. Auch die Zusammenfassung des Prospekts, die jedem Prospekt voranstehen muss, soll „aufgewertet“ werden. In dieser Zusammenfassung sollen – auch bislang schon – in allgemein verständlicher Sprache die wesentlichen Merkmale und Risiken des Emittenten, der Garantiegeber und der Wertpapiere enthalten sein. Der Prospektverantwortliche, i.d.R. der Emittent, haftet dafür, dass die Angaben im Prospekt richtig sind, für die Zusammenfassung dagegen nur, wenn sie irreführend, unrichtig oder widersprüchlich zum Inhalt des Prospekts ist.

Der Entwurf der geänderten Prospektrichtlinie sieht nun vor, dass die Haftung auch eintreten kann, wenn die Zusammenfassung nicht alle wesentlichen Informationen, die die Anleger für fundierte Anlageentscheidungen oder für einen Vergleich der Wertpapiere mit anderen Anlageprodukten benötigen, enthält.

Das überrascht, denn eine Zusammenfassung ist eben nur eine Zusammenfassung, die nicht die Lektüre des gesamten Prospektes ersetzen kann. Es fragt sich, ob der Prospekt über die Zusammenfassung hinaus dann nur unwesentliche Angaben enthält? Wozu dann noch ein Prospekt, wenn alles Wesentliche schon in der Zusammenfassung steht? Damit wird die Verpflichtung der Emittenten, einen vollständigen Prospekt zu veröffentlichen, ad absurdum geführt.

Der neue Vorschlag ist u.a. die Konsequenz daraus, dass auch die EU-Kommission mittlerweile festgestellt hat, dass Prospekte von Privatanlegern praktisch nicht gelesen werden, sondern wegen des Umfangs der Dokumente allenfalls einmal die Zusammenfassung. Die Kommission macht es sich aber mit ihrem Vorschlag zu einfach, denn man hätte auch die Vorgaben an den Prospektinhalt abspecken können, damit dieser schlanker wird.

Jeder Anleger sollte möglichst den vollständigen Wertpapierprospekt zur Grundlage seiner Kaufentscheidung bei einer Neuemission machen, rät das Deutsche Aktieninstitut. Wer nur die Zusammenfassung liest, muss sich bewusst sein, dass er zwar die wichtigsten, aber nicht alle Informationen erhält. Der jeweilige Wertpapierprospekt ist in der Rege sowohl auf der Webseite des Emittenten als auch für 12 Monate auf der Internetseite der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de) abrufbar.Quelle: Deutsches Aktieninstitut



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