Kein Ruhestand für die Aktie

Donnerstag, 05.07.12 09:57
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Das Leben mit der Aktie geht weiter – meine Kolumne zu Ende. Nach rund 15 Jahren, in denen mich die Leser dieser Zeitung mit meinem Werben fürdie Aktie „ertragen“ haben, beende ich meine Tätigkeit beim Deutschen Aktieninstitut. Obwohl ich beruflich weiterhin aktiv bleiben werde, möchte ich mich auf diesem Wege von meinen Lesern verabschieden. Auch wenn es natürlich schmerzlich ist, dass gerade jetzt der DAX unter die 6.000er Marke gerutscht ist.

 

Viel hat sich in den letzten Jahren verändert, manche Themen sind hingegen geblieben. Ein Evergreen ist etwa die „Kapitalertragsteuer“. Schon meine erste Kolumne hat sich mit der Besteuerung von Aktienerträgen befasst. Damals habe ich die geplante Abschaffung des Anrechnungsverfahrens kritisiert, das im Jahr 2000 durch das Halbeinkünfteverfahren ersetzt wurde. Doch wer gedacht hat „schlimmer wird’s nimmer“ wurde kräftig enttäuscht: Seit der Einführung der Abgeltungsteuer 2009 und damit der uneingeschränkten Ertragsbesteuerung sowohl auf Unternehmens- als auch Anlegerebene werden Aktien in Deutschland steuerlich in einem Umfang diskriminiert, weil doppelt besteuert, der international seinesgleichen sucht.

 

Angesichts dieser steuerlichen Bürden erstaunt es, dass die Aktionärszahlen in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen sind. Die derzeit 8,7 Mio. Aktionäre und Aktienfondsbesitzer – Tendenz seit kurzem leicht steigend – bedeuten ein Plus von drei Mio. gegenüber dem Stand von 1997. Dennoch sind wir von den Rekordwerten aus dem Jahr 2001 mit fast 13 Mio. weit entfernt.

 

Nach dem Platzen der Blase am Neuen Markt haben sich leider, wenn auch verständlicherweise, viele Anleger enttäuscht von der Aktie abgewandt. Die Verwerfungen der Finanzmarktkrise, die auch die Aktienkurse stark in Mitleidenschaft gezogen haben, hat ebenfalls das Vertrauen in die Aktie nicht gestärkt. Viele Anleger stellen sich zu Recht die Frage, ob das von der Börsenlegende Kostolany geprägte Prinzip des „Kaufen und Halten“ angesichts des permanenten Auf und Ab an den Börsen weiterhin gültig ist.

 

Tatsächlich haben sich die Anlagezeiträume, die eine ansehnliche Rendite versprechen, in der jüngsten Vergangenheit von etwa zehn auf fünfzehn Jahre verlängert. Wer beispielsweise Anfang 2001 in Aktien der DAX-Unternehmen anlegte, musste sich bis Ende 2011 mit einer jährlichen Rendite von 1,3 Prozent zufrieden geben. Für diejenigen, die hingegen schon 1996 eingestiegen waren, summierte sich die jährliche Rendite auf fast fünf Prozent. Und wer im Januar 2012 gekauft und drei Monate später wieder verkauft hat, konnte satte 20 Prozent einstreichen.

 

Mit den größeren Marktschwankungen erlangen dementsprechend Ein-und Ausstiegszeitpunkt immer mehr an Bedeutung. Sehr anschaulich lässt sich dies an den aktuellen Kursentwicklungen demonstrieren. So hat sich beispielsweise der DAX im vergangenen Monat um fast zehn Prozent verbilligt. Abwarten kann sich also gerade in unruhigen Zeiten durchaus lohnen. Insgesamt bleibt es aber dabei: Wer in Aktien investiert, sollte langfristig planen und nicht vergebens auf den besten Zeitpunkt der Anlageentscheidung warten.

 

Gerade weil die Börsen auf absehbare Zeit turbulent bleiben werden, sollten Aktien Teil eines jeden Depots sein. Als Substanzwerte überstehen Dividendenpapiere Krisen relativ gut. In der kurzen Frist sollte allerdings von überzogenen Renditeerwartungen abgesehen werden. Im Fokus steht vielmehr der Kapitalerhalt nach Abzug der Inflationsrate. Ob dies beim aktuellen Niveau der Zinsen bei festverzinslichen Anlageformen wie Tagesgeld oder Staatsanleihen gelingt, ist fraglich. Bei Aktien stehen die Chancen hingegen gut, sogar mehr als den Kapitalerhalt zu erzielen. Dies war vor 15 Jahren so und wird in Zukunft so bleiben.

 

Prof. Dr. Rüdiger von Rosen ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts e.V. in Frankfurt a.M.

Quelle: Deutsches Aktieninstitut



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