mit der diesjährigen Hauptversammlung von
Berkshire Hathaway geht eine Ära zu Ende. Warren Buffett, mittlerweile 94 Jahre alt, hat seinen Rückzug aus dem operativen Geschäft zum Jahresende angekündigt. Mit Greg Abel wird ein langjähriger und erfahrener Weggefährte des Ausnahmeinvestors die CEO-Position besetzen. So viel steht schon mal fest.
Wenngleich der Stabswechsel sicherlich keinesfalls zu früh erfolgt, so ist das aktuelle wirtschaftliche und politische Umfeld nicht gerade ideal für diesen Schritt. Der durch US-Präsident Donald Trump ausgelöste internationale Zoll- und Handelskonflikt sowie die daraus resultierende Unsicherheit hat sich alles andere als positiv auf die internationalen Aktienmärkte ausgewirkt. Und genau in solch turbulenten Börsenphasen ist ein Warren Buffett Gold wert, da er doch genau das Gegenteil vom aktuellen Präsidenten der USA, Donald Trump, verkörpert. Durch seine unaufgeregte, ruhige, systematische und strukturierte Vorgehensweise ist es ihm gelungen, mit Berkshire Hathaway über einen langen Zeitraum eine deutliche Outperformance gegenüber dem breiten US-amerikanischen Aktienmarkt zu erzielen. Grund genug, einen tiefergehenden Blick auf die außergewöhnlich erfolgreiche Anlagestrategie dieser Investorenlegende zu werfen.
Wirklich nur Value Investing?
Warren Buffett gilt als „die Ikone“ des Value Investing. Das Ziel besteht bei diesem Investmentansatz darin, möglichst unterbewertete Titel zu identifizieren, diese entsprechend günstig zu erwerben und dann abzuwarten, bis sich der Unternehmenswert dem wahren, deutlich höheren Wert annähert. Als geistiger Vater des Value Investing gilt Benjamin Graham, der sowohl akademischer Lehrer von Buffett als auch dessen Mentor war.
Aufgrund der deutlichen Outperformance des Starinvestors gegenüber dem US-amerikanischen Aktienmarkt haben die drei international renommierten Finanzexperten Andrea Frazzini, David Kabiller und Lasse Heje Pedersen im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie untersucht, wie sich diese erklären lässt. Und die Ergebnisse dieser Studie waren mehr als beeindruckend. Es wurde klar gezeigt, dass die außergewöhnliche Outperformance von Warren Buffett nicht allein mit seiner Affinität zu Value-Investments begründet werden kann. Vielmehr sind zwei weitere Faktoren von zentraler Bedeutung: Die Fokussierung auf eher defensive Titel und das systematische Investment in sogenannte Qualitätsaktien [Anmerkung: Die Studie wurde 2018 im Financial Analysts Journal unter dem Titel „Buffett’s Alpha“ veröffentlicht].
Warren Buffett liebt „Burggraben-Unternehmen“
Auf den ersten Blick mag es überraschend erscheinen, dass bei dem bekennenden Value-Investor auch Qualitäts-Investments eine bedeutende Rolle spielen. Wer sich aber näher mit dem Ausnahmeinvestor beschäftigt, der weiß, dass er Unternehmen mit einem Burggraben [engl. „Moat“] liebt. Ebenso wie ein Burggraben die Burg schützen soll, ist damit gemeint, dass ein Unternehmen kaum bzw. nicht überwindbare Schutzmechanismen gegenüber bereits vorhandene oder neu auf den Markt drängende Wettbewerber aufweist. Es versteht sich fast von selbst, dass Burggraben-Unternehmen über eine Preissetzungsmacht verfügen, was sie ebenfalls als „Quality-Investments“ qualifiziert. Aber wie kann denn nun so ein Burggraben für ein Unternehmen konkret aussehen?
Die fünf Burggraben-Kriterien von Morningstar
Interessanterweise beschäftigt sich auch Morningstar mit dem Thema Burggraben [Stichwort: „Economic Moat Rating“]. Dabei unterscheidet die Ratingagentur fünf verschiedene Bereiche, aus denen ein Burggraben resultieren kann.
Eine Quelle stellen
immaterielle Güter (sogenannte „Intangible Assets“) dar, wie etwa Patente, starke Marken oder auch (staatliche) Lizenzen. Wer kennt beispielsweise nicht das gelbe „M“ von McDonald’s. Sobald dieses irgendwo am Horizont auftaucht, überkommt sehr häufig insbesondere Kinder und Jugendliche plötzlich ein starkes Hungergefühl, das sich nur durch eine möglichst rasche Einkehr ins nächstgelegene McDonald’s beseitigen lässt. Die tatsächliche Qualität bzw. der Nährwert des Essens spielt bei dieser starken Marke in aller Regel keine große Rolle. Aber auch die „smarten“ Geräte von Apple verfügen über einen nicht von der Hand zu weisenden Markenstatus. Es gibt sicherlich deutlich günstigere Möglichkeiten, um zu telefonieren oder alltägliche Computer-Arbeiten zu erledigen. Mit den absolut stylischen Geräten von Apple macht das aber halt alles gleich doppelt so viel Spaß, und mit der „lästigen Arbeit“ geht – dank der tollen Marke „Apple“ – häufig ein Gefühl von Lifestyle und Luxus einher.
Ein weiteres Burggraben-Kriterium sind
hohe Umstiegskosten („Switching Costs“). Denken Sie beispielsweise an die mächtigen Software-Lösungen von SAP, mit denen sich die gesamten Firmenabläufe (Einkauf, Produktion, Lagerwirtschaft, Vertrieb, Client-Relationship-Management, Mitarbeiterverwaltung usw.) umfassend und integriert steuern lassen. Die Einführung eines solch hochkomplexen Software-Systems nimmt oft Jahre in Anspruch und verschlingt in aller Regel ein kleines (oder häufig auch größeres Vermögen). Sobald ein solcher Software-Gigant einmal sauber und zuverlässig läuft, bleibt man eigentlich fast immer dabei. Es versteht sich von selbst, dass ein Umstieg von SAP auf eine andere integrierte Software-Lösung für viele Firmen fast so gut wie ausgeschlossen ist. Im Kleinen trifft dies aber auch für die Produkte von Apple zu. So schön wie es bei den Computer-Lösungen von Apple ist, dass die Software exakt auf die zugehörige Hardware abgestimmt ist, sobald ein Apple-Computer gegen das Gerät eines anderen Herstellers ausgetauscht werden soll, muss damit gleichzeitig auch die gesamte vorhandene Software-Landschaft mit umgestellt werden. Das überlegt man sich dann doch lieber zweimal …
Ein Burggraben kann aber auch aus umfassenden, einzigartigen
Netzwerkeffekten („Network Effect“) entstehen. Je mehr Leute oder Institutionen solche Netzwerke nutzen, desto schwieriger wird es für Firmen, die neu in den jeweiligen Markt eintreten möchten, dagegen anzukämpfen. Denken Sie hier beispielsweise an die beiden Zahlungsdienstleister Visa und Mastercard. In welchem Geschäft oder welchem Restaurant kann man nicht mithilfe dieser beiden Dienstleister zahlen? Für neue Firmen ist es nur schwer möglich, innerhalb einer gewissen Zeit und mit vertretbaren Kosten sich ein eigenes Netzwerk à la Visa oder Mastercard aufzubauen, um damit mit den bereits am Markt vorhandenen „Platzhirschen“ den Kampf aufzunehmen.
Ferner können aber auch signifikante
Kostenvorteile („Cost Advantages“) zu einem Burggraben führen. Nehmen wir beispielsweise den Onlineversandhändler Amazon oder auch den Einzelhandelskonzern Walmart, der zu den umsatzstärksten Unternehmen seiner Kategorie gehört. Aufgrund der schieren Größe dieser beiden Weltkonzerne und ihren exorbitanten Absatzmengen sind sie in der Lage, Einkaufspreise durchzudrücken, die für viele (kleinere Mitbewerber) absolut unerreichbar sind. Und werden die niedrigen Einkaufskosten ganz oder zumindest partiell an die Kunden weitergegeben, dann lässt sich schon erahnen, wo die Kunden präferiert einkaufen. Der gute alte Kaufmannsspruch „Im Einkauf liegt der Gewinn“ bringt es bei diesem Burggraben-Kriterium kurz und prägnant auf den Punkt.
Und als abschließende Möglichkeit zur Begründung eines Burggrabens sei die
effiziente Skalierbarkeit („Efficient Scale“) genannt. Denken Sie hier beispielsweise an ein Kabelnetzwerk für Internet-Anbieter, Pipelines für Öl- und Gasversorgung oder auch ein Schienennetzwerk. Exemplarisch lassen sich hier die US-amerikanische Eisenbahngesellschaft Union Pacific Corporation oder auch die Canadian National Railway nennen, die beide über ein schier endloses Schienennetz verfügen. Wer soll denn bei solch einzigartigen Infrastruktur-Monopolen in Konkurrenz zu den bestehenden Gesellschaften treten?
Quality Investing à la Warren Buffett
So oder so ähnlich dürften auch die Kriterien aussehen, nach denen Warren Buffett seine „Burggraben-Unternehmen“ auswählt. In der nachfolgenden Abbildung ist die kumulierte Wertentwicklung der Aktie von Berkshire Hathaway (B Shares) jener des S&P 500 Index Net Return per 6. Mai 2025 Year-to-Date vergleichend gegenübergestellt [Anmerkung: Beide Kursentwicklungen sind in Euro notiert].

Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, konnte die Aktie von Berkshire Hathaway in diesem Jahr per 6. Mai 2025, trotz all der von Donald Trump verursachten wirtschaftspolitischen Turbulenzen, 4% an Wert zulegen. In dem gleichen Zeitraum büßte der US-amerikanische Standard-Aktienindex S&P 500 Net Return (in Euro) knapp 13% an Wert ein. Wie dieser Performance-Vergleich zeigt, zahlt sich ein Investment in Qualitätstitel offensichtlich insbesondere auch in schwierigen Marktphasen aus.
Und was würde Warren Buffett wohl zu Champions-Aktien sagen?
Im Gegensatz zum Burggraben-Ansatz von Warren Buffett werden die jeweils 100 aktuellen Champions-Aktien mithilfe der bereits 2001/2002 entwickelten boerse.de-Performance-Analyse ausgewählt. Hierzu werden über einen Zeitraum von zehn Jahren anhand der realisierten Aktienkurse der jeweiligen Unternehmen spezifische Rendite- und Risikomaße berechnet, die dann letztendlich über den Champions-Status entscheiden [Anmerkung: Die genaue Berechnung der relevanten Rendite- und Risikomaße ist in dem kostenlos und völlig unverbindlich erhältlichen White Paper „
Langfristig erfolgreich mit Champions-Aktien: Quality Investing seit 2002“ transparent offengelegt].
Von der prinzipiellen Vorgehensweise her ist die boerse.de-Performance-Analyse komplett unterschiedlich zum Burggraben-Analyseansatz. Wenn Sie sich jedoch alle vorangehend diskutierten Burggraben-Unternehmen (McDonald’s, Apple, SAP, Visa, Mastercard, Amazon, Walmart, Union Pacific Corporation oder auch Canadian National Railway) anschauen, dann fällt Ihnen möglicherweise auf, dass es sich hierbei fast ausnahmslos auch um aktuelle Champions-Aktien handelt [Anmerkung: Lediglich bei SAP handelt es sich um keinen aktuellen, sondern um einen ehemaligen Champion].
Beide auf den ersten Blick völlig unterschiedlichen Analyseansätze führen offensichtlich bei der Beurteilung von diversen Aktien zum gleichen Ergebnis, was bei einer genaueren Betrachtung auch nicht überrascht. Gemäß der boerse.de-Performance-Analyse müssen Champions-Aktien über den langen Zeitraum von zehn Jahren eine ziemlich kontinuierlich steigende Kursentwicklung mit geringen Rücksetzern aufweisen, was insbesondere solchen Unternehmen nachhaltig gelingen dürfte, die mithilfe ihrer Burggräben weitgehend gegenüber Mitbewerbern geschützt sind und daher losgelöst von der Konkurrenzsituation am Markt über eine entsprechende Preissetzungsmacht verfügen.
Diese Erkenntnis deckt sich auch mit den interessanten Ergebnissen der Studie von Jagannathan und Zhang aus dem Jahre 2020 mit dem Titel „A Return-based Measure of Firm Quality“. In dieser Studie wird gezeigt, dass Qualitäts-Aktien (ausgewählt auf Basis von attraktiven Finanz- und Bilanzkennzahlen) in Crash- und Krisenphasen deutlich weniger an Wert verlieren als gewöhnliche Aktien. Jagannathan und Zhang kommen damit zu dem Schluss, dass die Selektion von Qualitäts-Aktien auch durch eine ausschließliche Analyse der historischen Kurse bzw. Renditen möglich ist. Und genau das ist auch der Weg, der im Rahmen der boerse.de-Performance-Analyse beschritten wird. Neben der effizienten computer-gestützten Verarbeitung von historischen Kursverläufen weist dieser Ansatz den zusätzlichen Vorteil auf, dass hierbei ausschließlich durch den Markt objektiviert bestimmte, offiziell verfügbare Informationen (nämlich historische Aktienkurse) verarbeitet werden.
Die Funktionsweise der boerse.de-Performance-Analyse zur Selektion der Champions-Aktien ist in dem White Paper „
Langfristig erfolgreich mit Champions-Aktien: Quality Investing seit 2002“ transparent dargestellt. Darüber hinaus existiert mit der digitalen Einzelkontenverwaltung
myChampions100 eine einfache und effiziente Möglichkeit, in alle 100 Champions-Aktien gleichzeitig zu investieren. Die quartalsweise Überprüfung des Champions-Status sowie die jeweils zu Jahresbeginn durchgeführte Gleichgewichtung der 100 Champions erfolgen dabei vollkommen automatisiert [Anmerkung: Nähere Informationen zu myChampions100 können auf der zugehörigen Produktseite
www.myChampions100.de nachgelesen werden].
In diesem Sinne hoffe ich, dass auch Sie einen Quality-Investing-Ansatz umsetzen und damit in etwas turbulenteren Börsenphasen (wie z.B. die aktuell durch Trump verursachte) einen kühlen Kopf bewahren und sich nicht zu irgendwelchen unüberlegten Kurzschlusshandlungen verleiten lassen.
Auf bald,
Ihr Hubert Dichtl