Hebelpapiere Teil 3: Optionsscheine

Dienstag, 02.07.13 09:52
Optionsscheine, Turbos, Mini Futures: Wie funktionieren diese Hebelpapiere und wie unterscheiden sie sich? Heute: Optionsscheine.

Optionsscheine werden als die Klassiker unter den Hebelprodukten bezeichnet. Und das aus gutem Grund. Denn schon lange bevor es Turbos oder Mini Futures gab, konnten Privatanleger mit Optionsscheinen auf steigende oder fallende Kurse setzen. Seit Ende der 1980er-Jahre hat die Auswahl rasant zugenommen. Heute werden allein in Deutschland rund 340.000 Optionsscheine gehandelt. Die hohe Anzahl spiegelt den besonderen Reiz dieser Produkte wider. Und der liegt vor allem in der Hebelwirkung. Obwohl auch gut zu Absicherungszwecken geeignet, werden Optionsschein in erster Linie gekauft, um überproportional von den Kurs- oder Preisbewegungen eines Basiswerts zu profitieren. Aber wo gehebelte Chancen, da natürlich auch erhöhte Risiken. Oder anders ausgedrückt: Wenn der Basiswert in die falsche Richtung läuft – die Spekulation also nicht aufgeht – muss der Inhaber mit erhöhten Verlusten rechnen. Im schlechtesten Fall verfällt der Optionsschein am Laufzeitende wertlos.

Optionsscheine sind in zwei Grundvarianten erhältlich: als Call oder als Put. Mit einem Call-Optionsschein erwirbt der Käufer das Recht, eine zugrunde liegende Aktie zu einem vorab vereinbarten Preis (Basispreis) zu beziehen. Er profitiert von steigenden Kursen, da der Gewinn umso höher ist, je stärker die Aktie über den Basispreis steigt. Das Gegenstück dazu ist der Put-Optionsschein. In diesem Fall hat der Inhaber das Recht, eine Aktie zu einem vorab vereinbarten Preis zu verkaufen. Heutzutage sind diese Rechte allerdings nur noch von theoretischer Bedeutung. Das liegt daran, dass Optionsscheine in erster Linie als Finanzprodukte emittiert werden. Die Käufer sind in der Regel gar nicht daran interessiert, das Optionsrecht tatsächlich auszuüben, also den Basiswert zu beziehen oder zu liefern. Sie wollen sich lediglich die Hebelwirkung, die sich aus den Optionsrechten ergibt, zunutze machen.

Doch wie entsteht diese Hebelkraft? Angenommen ein Call berechtigt zum Kauf einer Aktie zu 45 Euro, obwohl diese an der Börse aktuell zu 50 Euro gehandelt wird. Würde das Recht heute ausgeübt, könnte man die Aktie also um 5 Euro unter ihrem eigentlichen Börsenkurs beziehen. Dieses Recht wird bewertet und der Preis des Call-Optionsscheines wird daher mindestens bei 5 Euro liegen. Diese 5 Euro stellen den Inneren Wert des Optionsscheins dar. Steigt die Aktie nun um 2 Prozent von 50 auf 51 Euro, dann würde der Innere Wert des Calls von 5 auf 6 Euro zulegen, also um 20 Prozent. Das ist das Zehnfache der Aktie selbst.

Soweit so gut. Allerdings werden Optionsscheine in der Regel während der Laufzeit zu einem Preis gehandelt, der über ihren Inneren Wert liegt. Diese Differenz wird als Zeitwert bezeichnet. Aber warum ist das so? Nun, der Zeitwert kann vereinfacht ausgedrückt als eine Art Prämie verstanden werden, die der Käufer für die Chance zahlt, dass die Spekulation im Zeitverlauf aufgeht. Außerdem gilt es zu beachten, dass der Zeitwert keine konstante Größe ist. Er verändert sich kontinuierlich im Zeitverlauf. Dabei gelten folgende Faustformeln. Erstens: Je länger die Restlaufzeit eines Optionsscheins, umso größer die Chance, dass sich der Basiswert in die gewünschte Richtung entwickelt – umso höher wird sein Zeitwert sein. Zweitens: Bis zum Laufzeitende baut sich der Zeitwert auf 0 ab. Der dritte Punkt ist von besonderer Relevanz: Es ist die Abhängigkeit des Zeitwerts von der impliziten Volatilität. Die implizite Volatilität gibt die vom Markt erwartete Schwankungsintensität des Basiswerts an. Je höher sie ist, desto höher auch der Zeitwert. Der Grund dafür ist relativ einfach: Je stärker die erwarteten Kursschwankungen, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Optionsschein innerhalb seiner Laufzeit in die gewünschte Richtung bewegt.

Es liegt insbesondere an Veränderungen der impliziten Volatilität, dass das Preisverhalten von Optionsscheinen für Anleger oftmals nicht leicht nachzuvollziehen ist. So kann eine abnehmende Volatilität – und damit ein sinkender Zeitwert – dazu führen, dass ein Call trotz eines zulegenden Basiswertkurses kaum oder gar nicht steigt. Im Gegenzug führt die reine Annahme einer zukünftig höheren Schwankungsbreite, also der Volatilität auch zu höheren Preisen.

Wer mittels Optionsscheinen investiert, sollte daher über ein gewisses Knowhow verfügen. Was das Preisverhalten betrifft, sind Turbos  oder Mini Futures transparenter. Dafür haben Optionsscheine einen anderen Vorzug: Sie können während der Laufzeit nicht (wertlos) verfallen. Der Inhaber eines Optionsscheins hat also bis zum Laufzeitende die Chance, dass sich der Basiswert noch (beziehungsweise wieder) in die von ihm erwartete Richtung bewegt.

Nach seiner Banklehre studierte Dirk Heß Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim in Stuttgart. 1998 begann er als Händler bei der EUWAX Broker AG an der Börse Stuttgart, wo er später...


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