ROUNDUP: Ersatzteilgeschäft beflügelt Triebwerksbauer MTU - Aktie auf Rekordhoch

Donnerstag, 24.10.24 12:12
Konzernzentrale von MTU Aeor Engines in München.
Bildquelle: MTU Aero Engines AG
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die Lieferprobleme der großen Flugzeugbauer Airbus und Boeing beflügeln die Gewinnaussichten des Münchner Triebwerksbauers MTU . "Weniger ausgelieferte Flugzeuge bedeutet weniger neue Triebwerke", sagte MTU-Chef Lars Wagner am Donnerstag in München. Dadurch bräuchten die Airlines mehr Ersatzteile für Antriebe älterer Flugzeuge - an denen der Triebwerkshersteller besonders gut verdient. Deshalb soll MTUs Gewinn im Tagesgeschäft 2024 erstmals die Milliardenmarke knacken. Der teure Rückruf von Triebwerken für Airbus-Jets läuft derweil besser als gedacht.



An der Börse kamen die Neuigkeiten gut an: Die MTU-Aktie stieg am Vormittag zeitweise um gut zwei Prozent und erreichte bei 314,80 Euro ein Rekordhoch. Zuletzt lag sie noch mit 0,75 Prozent im Plus und lag damit im Mittelfeld des Dax . Dabei hatte der Dax-Konzern erste Eckdaten zum Quartal schon vergangene Woche veröffentlicht und in diesem Zuge auch seine Gewinnprognose angehoben.

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An Turbinen für neue Jets verdient MTU eher wenig - an Ersatzteilen um so mehr. "Wir nutzen alle Chancen, die uns der Markt bietet", sagte Wagner. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) soll in diesem Jahr statt 960 bis 980 Millionen Euro jetzt mehr als eine Milliarde Euro erreichen. Ursprünglich hatte sich der Vorstand diese Marke erst für 2025 vorgenommen.

Fortschritte meldete Wagner beim Rückruf von rund 3000 Triebwerken von Airbus-Jets, der den Münchner Triebwerkshersteller und seinen größeren US-Partner Pratt & Whitney ebenso wie viele Fluggesellschaften seit mehr als einem Jahr in Atem hält. Derzeit befänden sich weltweit etwa 450 Airbus-Mittelstreckenjets aus der Modellfamilie A320neo am Boden. Diese Zahl dürfte jetzt nach und nach sinken. Zudem kämen die betroffenen Antriebe inzwischen schneller durch die Werkstätten als anfangs geschätzt.

So dauere es im Schnitt nur noch etwa 100 Tage, ein betroffenes Triebwerk auseinanderzubauen, zu reparieren und wieder zusammenzubauen. Anfangs war die MTU-Spitze noch von etwa 150 Tagen ausgegangen. Dennoch dürfte jedes betroffene Flugzeug vorerst weiterhin insgesamt etwa 250 bis 300 Tage am Boden bleiben, sagte Wagner. Zwar habe sich die Versorgung mit Ersatzteilen verbessert, doch die Wartezeiten sind ihm zufolge immer noch lang.

Der zum US-Konzern RTX gehörende Triebwerksbauer Pratt & Whitney hatte bei der Fertigung der Turbinenscheiben für den Getriebefan-Antrieb ein mangelhaftes Pulvermetall verwendet. Alle betroffenen Turbinen müssen deshalb auseinandergebaut, untersucht und repariert werden. Bis alle abgearbeitet sind, dauert es mehrere Jahre.

Der Triebwerkstyp kommt vor allem bei den Mittelstreckenjets aus Airbus' Modellfamilie A320neo zum Einsatz. Die A320neo und ihre Langversion A321neo sind die meistgefragten Flugzeugtypen der Welt. Allerdings haben viele Betreiber des Modells den Konkurrenzantrieb von CFM gewählt, einem Gemeinschaftsunternehmen von Safran aus Frankreich und GE Aerospace aus den USA.

Im vergangenen Jahr war MTU wegen des Rückrufs in die roten Zahlen geraten. Es war der erste Jahresverlust in der 90-jährigen Unternehmensgeschichte. Die finanziellen Belastungen hat der Konzern in Form einer Rückstellung von knapp einer Milliarde Euro verdaut. Faktisch fließt das Geld vor allem in den Jahren 2024 und 2025 ab, was sich beim freien Mittelzufluss negativ bemerkbar macht. Das Unternehmen hat deshalb auch schon seine Dividendenpläne gekürzt.

Der Vorstand ließ am Donnerstag offen, ob er die Rückstellung für den Triebwerksrückruf möglicherweise teilweise wieder auflösen kann. So hatte der Hersteller schon im Februar berichtet, dass er mit Pratt & Whitney über eine mögliche Kompensation spricht. Denn MTU treffe an dem Rückruf keine Schuld.

MTU liefert Teile des Antriebs und betreibt eine der weltweit drei Endmontagelinien. Allerdings hatten beide Partner vereinbart, sich Umsatz und Risiken aus der Zusammenarbeit beim Getriebefan zu teilen.

Pratt & Whitneys Mutterkonzern RTX beziffert die gesamten Kosten des Rückrufs auf 6 bis 7 Milliarden US-Dollar (5,6 bis 6,5 Mrd Euro).

In den ersten neun Monaten 2024 erzielte MTU einen Umsatz von knapp 5,3 Milliarden Euro. Auf vergleichbarer Basis waren dies 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Der bereinigte operative Gewinn legte um ein Viertel auf 744 Millionen Euro zu und erreichte damit knapp drei Viertel des neuen Jahresziels. Unter dem Strich verdiente MTU 499 Millionen Euro, nachdem hier ein Jahr zuvor wegen der Rückstellungen für den Triebwerk-Rückruf ein Verlust von 312 Millionen Euro gestanden hatte./stw/mis/stk

Quelle: dpa-AFX



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