Sehr geehrte Privatanleger,
Immer noch werde ich gelegentlich auf „strukturierte Produkte„ der Banken
angesprochen. Mittlerweile ist die Palette unüberschaubar: Zertifikate,
Bonus-Zertifikate, Discount-Zertifikate, Rolling-Discount-Zertifikate,
Sprint-Zertifikate, Reverse Convertibles, Hebelprodukte und
Garantiezertifikate. Wenn Sie meine Kolumnen lesen, ist Ihnen meine Meinung
zum Thema bekannt: diese Produkte, einschließlich der derzeit so stark
beworbenen Hedgefonds, sind vor allem dazu da, Privatanlegern das Geld aus
der Tasche zu ziehen.
Gestern war ich bei einer kleineren Privatbank in der Schweiz und hatte die
Gelegenheit, mit einigen Veteranen des Schweizer Bankgeschäfts zu sprechen.
Ein Banker, der das Geschäft schon fast drei Jahrzehnte kennt, packte über
die Praktiken seiner Kollegen bei den größeren Banken aus. Mittlerweile
haben viele Mitarbeiter bei den größeren Banken eindeutige Verkaufsquoten
für die strukturierten Produkte der jeweiligen Bank vorgeschrieben bekommen.
Diese Mitarbeiter müssen also strukturierte Produkte in die Kundendepots
drücken, egal ob es gut für die Kunden ist oder nicht. Es gibt kaum einen
Mitarbeiter, der sich diesem Druck entziehen kann.
Vor einigen Monaten sprach ich zudem mit einem meiner ehemaligen Studenten,
der jetzt bei einer deutschen Großbank arbeitet. Für ihn war die Sache ganz
klar: Zertifikate sind derzeit die Gelddruckmaschinen der Großbanken. Die
Ideen, die dahinterstehen, hören sich oft gut an. Allerdings rechnet kaum
ein Privatkunde genau nach, so dass die Banken durchaus überhöhte Gebühren
nehmen können.
Zeitweilig waren jetzt Rohstoffzertifikate in Mode. Lassen Sie es. Die
Rohstoffmärkte sind sehr schwer zu verstehen. Ich bezweifele, dass Ihre Bank
das besser kann als Sie. Was Ihre Bank aber im Zweifelsfalle kann, ist Ihnen
das Geld aus der Tasche zu ziehen. Kaufen Sie Öl- oder bestenfalls
Stahlaktien, wenn Sie im Rohstoffbereich engagiert sein wollen.
Nicht alle Zertifikate und Fonds sind schlecht. Wenn die Gebühren
transparent und niedrig sind, und es darum geht, einen breiten Markt
abzudecken, kann es schon einmal Sinn machen. Dies ist zum Beispiel bei
einem Indexfonds oder Zertifikat der Fall. Auch beim
boerse.de-Champions-Fonds wissen Sie genau, was drin ist und was es kostet.
So etwas kann schon einmal Sinn machen.
Bei Spezialprodukten und komplexen Produkten werden Sie aber fast immer zu
viel bezahlen. Die als finanzielle Wunderwaffe gepriesenen Hedgefonds haben
im letzten Jahr im Schnitt gerade mal vier Prozent für ihre Investoren
erzielt. Verdient haben nur die Initiatoren – im ersten Jahr blieben bis zu
zehn Prozent und mehr in den Maschen der Finanzbranche hängen.
Streuen Sie Ihre Investments und bilden Sie sich in ein bis zwei Bereichen
weiter. Auch Warren Buffett versteht nur drei Branchen wirklich gut. Und
verschonen Sie mich mit Anfragen zu komplexen Bankprodukten. Ich beantworte
gerne Ihre Fragen. Ich möchte mir aber die Freiheit behalten, Ihnen kurz und
knapp zu sagen, dass ich die derzeit in Masse auf den Markt ge-worfenen
Produkte für schädlich halte. Und außerdem möchte ich meine Zeit darauf
verwenden, lohnende Investments für Sie zu finden.
Ich wünsche Ihnen gute Investments,
Ihr
Prof. Dr. Max Otte
www.privatinvestor.de
Quelle: bv