Wer als Unternehmer die Industrie 4.0 verschläft, dem droht Absturz und Insolvenz. Wer als Anleger nicht wachsam ist, wird durch den Megatrend Digitalisierung mit weltweiter Vernetzung wohl noch leichter das Opfer gieriger Finanzbetrüger am Grauen Kapitalmarkt sein.
Die Maschen verändern sich mit Trends und technologischem Fortschritt. Der Kern bleibt gleich: Anfangs das Vertrauen der Opfer gewinnen; sie danach trickreich um ihr Vermögen bringen. Hauptzielgruppe sind alleinlebende ältere Damen, mit denen betrügerische Märchenerzähler auf Tränendrüsen drücken, aber auch betuchte Freiberufler.
Ich hoffe, Sie zählen nicht zu den geprellten Anlegern, die durch windige Geschäfte der Kriminellen am Grauen Kapitalmarkt Vermögensverluste erlitten. Sie sollten nicht zu den Leuten gehören, die alljährlich 30 bis 40 Mrd. € in die aufgerissenen Mäuler gieriger Finanzhaie stopfen. Die Dunkelziffer ist hoch, genährt von Verdrängung und Scham, die üblen Tricks nicht durchschaut zu haben. Im Schnitt liegt der Schaden bei 35.000 €. Die Anlage in geschlossene Schiff- und Immobilienfonds war ein Milliardengrab. Brechen Sie erste Kontaktversuche gleich ab: Hörer auflegen, jede E-Mail mit Pauschalbetreff und unbekanntem Absender sofort löschen.
Der Bäcker Markus Frick war einst als TV-Moderator mit seiner eigenen Show „Make Money“ beim Nachrichtensender N24 aktiv, schrieb Börsenliteratur und gab einen E-Mail-Aktienbrief heraus. Er jubelte wertlose russische Öltitel hoch, verkaufte selbst beim Höchststand und manipulierte die Kurse. So ergaunerte er 2 Mio. €. Sein Buch „Das Geld liegt auf der Straße“ war danach für wenige Cent zu haben.
Stephan Schäfer und Jonas Köller, Geschäftsführer von S&K, ließen es bei Partys krachen und lebten in Saus und Braus. Mit einem Schneeballsystem wurden 11.000 Anleger mit Lügenmärchen über den Tisch gezogen. Die hohen Lockvogelrenditen wurden vom frischen Kapitalzufluss neuer Anlegergruppen bezahlt. Das funktionierte nur anfangs.
Einst zählte Bernhard „Bernie“ Madoff zur Elite der Wall Street. Er war Verwaltungsratsvorsitzender der Technologiebörse Nasdaq. Heute sitzt er eine lebenslängliche Haftstrafe ab. Madoff nutzte Schneeballsysteme und versprach großartige Renditen, die er mit dem frischen Geld von Neukunden bezahlte. „Die ganze Zeit fragten mich Leute, wie ich es anstelle. Ich sagte es nicht; aber sie investierten weiter!“
Vor mehreren Jahren gerieten der Stromanbieter Teldafax, der Börsenneuling HESS, der Windkraftentwickler Windreich und S&K, ein Immobilienfondsanbieter, wegen Betrugsverdachts in die Fänge der Staatsanwälte. Wenn viel Anlegergeld durch unerlaubte dubiose Geschäfte verschwindet, erleichtert die Digitalisierung einerseits den Betrug am Kapitalmarkt. Umgekehrt wird es durch den globalen Wandel mithilfe der digitalisierten und vernetzten Welt auch leichter, solch kriminellen Geschäften grenzüberschreitend nachzugehen.
Wieso investieren trotz lange anhaltender Nullzinsen immer wieder große Summen in undurchsichtige Geschäfte. Geschieht dies nur deshalb, weil eine extrem hohe Rendite geboten wird? Gerade in den Zeiten der Niedrigzinsen vernebelt die gierige Aussicht auf hohe Erträge offenbar den Verstand. Dabei sind üppige Renditen mit viel Risiko verbunden. Eine extrem hohe Rendite bedeutet oft Totalverlust. Verdächtig sind vor allem Offerten aus dem Ausland.
Die BaFin kann solche Aktivitäten untersagen, aber nur die inländischen Vermittlernetze zerschlagen und typische Kundengruppen warnen. Die BaFin ist aber seit dem ungeheuren Kapitalbetrug des einstigen DAX-Konzerns Wirecard für solche Themen offener geworden und setzt mehr Fachleute im Kampf gegen den Kapitalmarktbetrug ein. Die Strafverfolgung erweist sich bei Briefkastenfirmen als brüchig und schwierig.
Diese Eile ist für den Anlegeranwalt Klaus Nieding ein deutliches Alarmsignal. Schließlich arbeiten erfahrungsgemäß Betrüger gern mit Zeitdruck. Seine wichtigsten Ratschläge lauten: „Keine Geldgeschäfte am Telefon erledigen! Nie unter Zeitdruck handeln und kein Geld in Dinge investieren, die man nicht verstanden hat!“
Die Trennlinie zwischen seriösem Kapitalmarkt und unkontrolliertem Grauen Markt ist unscharf, weil die Banken ähnliche Finanzprodukte anbieten. Die betrügerischen Geschäftsmodelle reichen von Immobilienbeteiligungen über Währungsspekulationen und geschlossene Spezialfonds bis hin zu Termingeschäften. Da ist der verbotene unaufgeforderte Telefonanruf mit dem Angebot „hochinteressante Anlagemöglichkeiten mit Spitzenrendite“ ein Warnsignal.
Deutschland gilt als Paradies für Finanzjongleure, die Anlegern das Geld aus der Tasche ziehen. Die Erstkontakte laufen häufig über Cold Calls, Online-Klicks und Bargeldabhebung am Bankautomaten ab. Die Einfangmethoden werden immer brutaler. Versprochene Traumrenditen enden im Totalverlust. Ein El Dorado für den Anlagebetrug am Grauen Kapitalmarkt sind Schneeballsysteme. Sie werden anfangs kaum als Betrugsmasche wahrgenommen, gibt es doch zunächst mehr Sieger als Verlierer. Wer heute noch eine Bank überfällt, scheint nicht begriffen zu haben, dass es viel leichter ist, sich auf andere kriminelle Weise Fremdmittel anzueignen. Schneeballsystem-Betrüger treten nicht als die im Verborgenen arbeitenden Leisetreter auf. Viele der mit raffinierten Fälschungen hantierenden Betrüger propagieren so lange ihre Produkte aggressiv, bis mangels nachrückender Anlegergruppen ihr Finanzsystem zusammenbricht.
Cyberkriminalität: Große Gefahr für Firmen und auch für Anleger
Ein Cyberangriff ist teuer. Die Kosten belaufen sich bei Mittelständlern bis auf eine Million Euro. Zwei von drei deutschen Firmen wurden Opfer von Cyberkriminalität. Es drohen Ertragseinbußen durch Plagiate, Patentverletzung, Schädigung von IT, Produktions- und Betriebsablauf, schlechtes Image, Kosten für Rechtsstreit, Erpressung mit gestohlenen Daten. Viele IT-Experten glauben, dass ihre Organisation große, raffinierte Cyberangriffe nicht abwehren kann. Versicherungskonzerne nutzen ihre Chance und bieten teure Policen zum Schutz an, wobei eine verlässlich kalkulierte Schadensanalyse noch aussteht.
Vorsicht vor Phishing-Betrügern! Internetkriminelle versenden angeblich im Namen der Bank E-Mails mit einem Link, der auf gefälschte Seiten führt. Sie sehen dem Online-Auftritt der Bank zum Verwechseln ähnlich. Nun werden Sie gebeten, sensible Zugangsdaten, wie PIN und TAN, preiszugeben. Folgen Sie einem solchen Aufruf, wird nach Geld gefischt und Ihr Konto geplündert. Geldinstitute fordern niemals per E-Mail-Daten an. Entweder erfolgt Postversand oder ein Gespräch in der Bank.
Wie sorgen Sie selbst für Datenschutz und Datensicherheit?
Installieren Sie nur Programme aus seriösen Quellen. Verwenden Sie die aktuelle Version vom Internetbrowser und Betriebssystem. Verwenden Sie ein Virenschutzprogramm und eine Firewall. Wählen Sie sichere Passwörter, am besten 6 bis 8 Stellen. Überprüfen Sie, ob Ihre Verbindung verschlüsselt ist. Die Web-Adresse sollte mit „https“ beginnen. Öffnen Sie keine Spam-E-Mail! Am besten sofort löschen, ohne sie zu lesen. Öffnen Sie keinen Anhang, wenn die Betreffzeile merkwürdig, zu allgemein gehalten oder das Deutsch fehlerhaft ist.
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Beate Sander ist Bestseller-Autorin und hat mittlerweile über 50 Fachbücher zum Thema Börse und Geldanlage veröffentlicht. Der "Aktien- und Börsenführerschein" zählt sogar zu den TOP 10 Wirtschaftsbüchern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.
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Quelle: boerse.de