Ein Secondary Warrant ist ein Finanzinstrument, das einem Inhaber das Recht, jedoch nicht die Verpflichtung, gibt, innerhalb eines bestimmten Zeitraums Aktien oder andere Wertpapiere eines Unternehmens zu einem festgelegten Preis zu erwerben. Im Gegensatz zu klassischen Optionsscheinen (Primary Warrants), die direkt von einem Unternehmen bei einer Kapitalerhöhung ausgegeben werden, entstehen Secondary Warrants meist durch den Weiterverkauf bereits existierender Warrants oder durch Abspaltungen aus bestehenden Finanzkonstrukten. Sie werden somit nicht vom Emittenten selbst neu geschaffen, sondern stammen aus dem sogenannten Sekundärmarkt.
Diese Unterscheidung ist wichtig, da Secondary Warrants keinen direkten Kapitalzufluss für das emittierende Unternehmen bewirken. Stattdessen erfolgt der Handel zwischen Investoren, ähnlich wie beim Kauf und Verkauf von Aktien an der Börse. Für Anleger können Secondary Warrants eine attraktive Möglichkeit sein, an der Kursentwicklung einer Aktie teilzunehmen – mit dem Hebeleffekt eines Optionsscheins, aber ohne neue Verwässerung des Eigenkapitals des Unternehmens.
Ein Secondary Warrant funktioniert grundsätzlich nach den gleichen Prinzipien wie ein herkömmlicher Optionsschein. Er gewährt seinem Inhaber das Recht, eine bestimmte Anzahl an Aktien zu einem festgelegten Basispreis (Strike Price) bis zu einem definierten Verfallsdatum zu kaufen. Der Wert des Warrants hängt dabei von mehreren Faktoren ab: dem aktuellen Kurs der zugrunde liegenden Aktie, dem Basispreis, der verbleibenden Laufzeit und der erwarteten Volatilität.
Im Fall eines Secondary Warrants stammt dieses Recht jedoch aus einem bereits bestehenden Optionsschein, der auf dem Sekundärmarkt gehandelt wird. Das bedeutet, dass der Emittent – beispielsweise ein börsennotiertes Unternehmen wie Allianz – den Warrant ursprünglich in Umlauf gebracht hat, der aktuelle Verkäufer aber ein Investor ist, der den Warrant zuvor erworben hat und ihn nun weiterverkauft. Der Handel findet also zwischen Marktteilnehmern statt, nicht zwischen Anleger und Emittent.
Angenommen, ein Anleger hat im Rahmen einer Kapitalmaßnahme eines Unternehmens Optionsscheine erhalten. Nach einiger Zeit entscheidet er sich, diese nicht selbst auszuüben, sondern auf dem freien Markt zu verkaufen. Die neuen Käufer erwerben die Warrants, ohne dass das Unternehmen neue Aktien ausgibt oder Kapital aufnimmt. Diese weitergehandelten Optionsscheine werden dann als Secondary Warrants bezeichnet.
In der Praxis werden Secondary Warrants häufig von institutionellen Investoren genutzt, die eine kurzfristige Markterwartung handeln oder bestehende Positionen absichern möchten. Auch Privatanleger können von Kursbewegungen profitieren, da Warrants in der Regel mit einem Hebeleffekt arbeiten: Steigt der Kurs der zugrunde liegenden Aktie stark an, kann der Warrant überproportional im Wert zulegen.
Die Bewertung von Secondary Warrants erfolgt ähnlich wie bei klassischen Optionsscheinen. Modelle wie das Black-Scholes-Modell kommen häufig zum Einsatz, um den theoretischen Wert auf Basis von Volatilität, Laufzeit, Basispreis und Zinsniveau zu bestimmen. Da Secondary Warrants auf dem Sekundärmarkt gehandelt werden, ist ihre Preisbildung zusätzlich vom Angebot und der Nachfrage bestimmt.
Für Anleger ist es wichtig zu verstehen, dass Secondary Warrants mit einem hohen Risiko verbunden sein können. Der Hebeleffekt wirkt in beide Richtungen: Fällt der Kurs der zugrunde liegenden Aktie, verliert der Warrant überproportional an Wert. Zudem besteht ein sogenanntes Verfallsrisiko, da der Warrant nach Ablauf der Laufzeit wertlos wird, wenn der Basispreis nicht erreicht wurde. Auch Liquiditätsrisiken spielen eine Rolle, da nicht alle Secondary Warrants an stark frequentierten Handelsplätzen gehandelt werden.
Der entscheidende Unterschied zwischen einem Primary und einem Secondary Warrant liegt in der Kapitalwirkung. Während Primary Warrants im Rahmen einer Kapitalerhöhung vom Unternehmen ausgegeben werden und bei Ausübung zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führen, bleibt bei Secondary Warrants das Kapital des Unternehmens unberührt. Diese werden lediglich zwischen Investoren gehandelt und haben keinen direkten Einfluss auf die Bilanzstruktur des Emittenten.
Darüber hinaus kann die regulatorische Behandlung unterschiedlich ausfallen. In einigen Märkten unterliegen Secondary Warrants weniger strengen Offenlegungspflichten, da sie aus bereits bestehenden Emissionen stammen. Dennoch sind sie – wie alle Wertpapiere – den allgemeinen Regeln des Wertpapierhandels unterworfen und werden von Aufsichtsbehörden wie der Securities and Exchange Commission (SEC) oder der BaFin überwacht.
Ein Secondary Warrant bietet Anlegern die Möglichkeit, an der Kursentwicklung eines Basiswertes zu partizipieren, ohne direkt Aktien zu erwerben. Durch den Handel auf dem Sekundärmarkt entstehen Chancen auf überproportionale Gewinne, jedoch auch erhebliche Risiken. Besonders erfahrene Investoren schätzen Secondary Warrants, um kurzfristige Marktbewegungen auszunutzen oder bestehende Positionen zu optimieren. Dennoch sollten Anleger sich stets der Hebelwirkung und des potenziellen Totalverlusts bewusst sein. Wer die Funktionsweise versteht und ein gutes Risikomanagement betreibt, kann Secondary Warrants als strategisches Instrument in einem diversifizierten Portfolio einsetzen.