Was ist los mit AWD?

Freitag, 21.10.05 17:11
Der Aktienkurs des Finanzvertriebsunternehmens AWD fiel nach einer Umsatz- und Gewinnwarnung radikal. Bietet sich hier eine Chance?

AWD (WKN: B08590) vertreibt Finanzprodukte, und das teilweise mit rauhen und strukturvertriebsähnlichen Methoden. Das Unternehmen ist damit so etwas wie der junge und ungezogene Bruder der MLP AG (WKN: 656990). Allerdings hat sich das Unternehmen fest etabliert – mittlerweile kooperiert sogar die Postbank beim Vertrieb von Kleinkrediten mit AWD. Und Gerhard Schröder versteht sich gut mit Gründer Carsten Maschmeyer.

Beide Unternehmen sind durch Ihre Kostenstruktur – die Mitarbeiter sind selbständige Subunternehmer und arbeiten auf Provisionsbasis – und Ihren Vertriebsmethoden wesentlich besser als die großen Banken für den Kampf um Endkunden im Finanzmarkt gerüstet. Während MLP sich an Akademiker wendet, spricht AWD die gesamte Bevölkerung an. Das heißt, die Kundenstruktur ist bei AWD zunächst weniger attraktiv, das Unternehmen kann dies aber durch eine bessere Kostenstruktur wieder auffangen.

Der Allgemeine WirtschaftsDienst (AWD) wurde 1988 von Carsten Maschmeyer in Hannover gegründet. Im Jahr 2000 ging das Unternehmen an die Börse. Nach dem Börsengang im Jahr 2000 brach der Kurs – wie auch bei vielen anderen jungen Unternehmen – ein. Bis zum Jahr 2002 schwankten die Gewinne, einen Verlust verbuchte das Unternehmen seit dem Börsengang aber nie. AWD kann auch in einem harten Umfeld profitabel arbeiten. Im März platzierte Maschmeyer 20% der Anteile bei einem Kurs von ca. 32 EUR bei institutionellen Investoren. Derzeit hält der Gründer und Vorstandschef noch 31% am Unternehmen. Im Nachhinein wäre dieser Insiderverkauf natürlich ein guter Indikator gewesen.

Das durchschnittliche Umsatzwachstum der letzten 5 Jahre betrug 9,3%, das Gewinnwachstum der letzten fünf Jahre betrug 2004 sogar 26%. Ein Unternehmen, dessen Gewinne konsistent überdurchschnittlich steigen, wird irgendwann davon vom Markt mit einem hohen KGV belohnt – es ist ein so genanntes Wachstumsunternehmen. Wenn dann die Gewinne nicht mehr so stark steigen oder sogar zurückgehen, straft der Markt das Unternehmen oft überproportional ab. Diese Gefahr besteht auch bei meinem Investment United Internet. 2006 will AWD beim Umsatz wieder zweistellig wachsen. Mittelfristig sollen eine Milliarde Euro Umsatz und über 135 Millionen Euro beim EBIT erzielt werden.
Im dritten Quartal 2005 ging der Umsatz um 13 Prozent auf 142 Millionen Euro zurück. Das EBIT brach von 17 auf eine Million Euro ein. In den ersten neun Monaten ging der Umsatz um ca. 5% zurück. Die Dividende für das Jahr 2005 soll nach 1,25 EUR im Jahr 2004 nun rund 1 Euro je Aktie betragen.

AWD eine Chance

Mit 55 Königspunkten hat AWD Investmentqualität. Bei der erwarteten Dividende und dem jetzigen Kurs von ca. 23,00 EUR ergibt sich für 2005 immer noch eine Dividendenrendite von ca. 4,3%. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis beträgt moderate 1,5.

Für dieses Jahr gehe ich bei AWD von einem Umsatzrückgang von 6% aus (das ist etwas mehr als die 5% der ersten 9 Monate). Im nächsten Jahr gehe ich von 7% Umsatzsteigerung, dann sechs Jahre von 10% und danach wieder von 7%. Die Nettomarge sehe ich bei 6,9%, das entspricht den guten Werten der jüngeren Vergangenheit. Das KGV in 10 Jahren sehe ich bei 14.

Unter diesen konservativen Schätzungen ist AWD derzeit fair bewertet. Der Innere Wert beträgt 22,69 EUR, die erwartete Rendite des Investments 5%. Wir können uns aber vorstellen, dass das Unternehmen wieder schneller wächst. Ich denke darüber nach, meinen AWD-Anteil im Portfolio aufzustocken. Vorsichtige warten, bis der Kurs auf unter 20 EUR fällt. Vielleicht warten Sie dann aber vergebens.

Auf gute Investments,

Ihr

Prof. Dr. Max Otte

www.privatinvestor.de

Unsere Mission