Zuruf-System

Was ist das Zuruf-System?

Das Zuruf-System ist eine traditionelle Handelsmethode an Börsen, bei der Kauf- und Verkaufsorders direkt von Händlern auf dem Parkett durch lautes Zurufen und Handzeichen ausgeführt werden. Dieses System, auch als „Open Outcry“ bekannt, war lange Zeit die Standardmethode für den Aktien- und Terminhandel an vielen Börsen weltweit. Es ermöglicht den direkten Austausch zwischen Käufern und Verkäufern und bietet eine transparente Preisfindung durch die unmittelbare Reaktion des Marktes auf Angebot und Nachfrage.

Merkmale des Zuruf-Systems

Ein wesentliches Merkmal des Zuruf-Systems ist die physische Präsenz der Händler auf dem Börsenparkett. Kauf- und Verkaufsaufträge werden durch laute Zurufe, Handzeichen oder Tafeln übermittelt. Händler können so sofort erkennen, wie hoch die Nachfrage oder das Angebot für ein bestimmtes Wertpapier ist, und die Preise entsprechend anpassen. Das System erfordert hohe Konzentration, Erfahrung und schnelle Entscheidungsfähigkeit, da sich Kurse innerhalb von Sekunden ändern können.

Die Preisbildung erfolgt im Zuruf-System direkt zwischen den Marktteilnehmern. Anders als bei elektronischen Handelssystemen gibt es keine automatische Matching-Engine; stattdessen wird der Preis durch Verhandlungen auf dem Parkett bestimmt. Diese Transparenz kann Vorteile bieten, da die Marktteilnehmer die aktuelle Marktlage unmittelbar wahrnehmen und auf Schwankungen reagieren können.

Beispiele für das Zuruf-System

Ein klassisches Beispiel für das Zuruf-System war die Frankfurter Wertpapierbörse vor der Einführung elektronischer Handelssysteme. Aktien von großen Unternehmen wie Allianz wurden dort über das Zuruf-System gehandelt. Händler riefen Kauf- oder Verkaufsaufträge aus, und die Kurse entwickelten sich in Echtzeit anhand der Verhandlungen zwischen den Marktteilnehmern.

Auch an Terminbörsen, wie früher an der Chicago Mercantile Exchange (CME), wurde das Zuruf-System intensiv genutzt. Futures auf Rohstoffe, Währungen oder Zinsprodukte wurden über lautes Zurufen und Handzeichen gehandelt. Dieses System ermöglichte es Händlern, Preise sofort zu erkennen und Transaktionen effizient abzuwickeln.

Vor- und Nachteile des Zuruf-Systems

Zu den Vorteilen des Zuruf-Systems gehört die direkte Markttransparenz. Händler können sofort sehen, wie sich Angebot und Nachfrage entwickeln, und ihre Handelsentscheidungen darauf anpassen. Außerdem fördert das System die persönliche Kommunikation und das Netzwerk zwischen Händlern, was in komplexen Verhandlungssituationen von Vorteil sein kann.

Auf der anderen Seite ist das Zuruf-System zeitaufwendig, fehleranfällig und stark von der Erfahrung der Händler abhängig. Missverständnisse, menschliche Fehler oder Verzögerungen können zu falschen Preisfestsetzungen führen. Zudem ist der Zugang zu Märkten für kleine Investoren oder internationale Teilnehmer begrenzt, da physische Präsenz erforderlich ist. Diese Einschränkungen haben dazu geführt, dass viele Börsen weltweit inzwischen auf elektronische Handelssysteme umgestellt haben.

Bedeutung für die heutige Börsenwelt

Obwohl das Zuruf-System in vielen Ländern durch elektronische Handelssysteme ersetzt wurde, hat es historische Bedeutung und wird in einigen Spezialfällen weiterhin genutzt. Beispielsweise bei Auktionen oder in bestimmten Rohstoffmärkten kann das Open-Outcry-System noch relevant sein. Es verdeutlicht die Entwicklung der Börsen von physischen Handelsplätzen hin zu digitalen Plattformen und zeigt, wie sich Marktmechanismen über die Jahrzehnte verändert haben.

Für Anleger ist das Verständnis des Zuruf-Systems wichtig, um die historische Preisbildung, Marktmechanismen und die Entwicklung von Transparenz und Effizienz an Börsen besser nachvollziehen zu können. Zudem bietet es Einblicke in die menschlichen Elemente des Handels, die auch in modernen, elektronischen Systemen noch indirekt Einfluss auf Entscheidungen haben können.

boerse.de-Schlussfolgerung

Das Zuruf-System war lange Zeit ein zentraler Bestandteil des Börsenhandels und zeichnete sich durch direkte Preisfindung, Markttransparenz und menschliche Verhandlungskompetenz aus. Trotz seiner Nachteile, wie Anfälligkeit für Fehler und begrenzte Reichweite, bietet es wertvolle Einblicke in die historische Entwicklung der Börsenwelt. Auch heute noch ist das Open-Outcry-System in speziellen Märkten relevant und verdeutlicht die Bedeutung persönlicher Interaktion und Erfahrung beim Handel von Wertpapieren.



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