Durch den amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) kam es zu einem massiven Rückgang der Baumwollexporte. Der dadurch entstehende Mangel (engl. cotton famine) führte ab 1864 zu einer Reihe von kritischen Situationen in der europäischen Finanzwelt. Im ersten Teil soll zunächst die Entwicklung in Frankreich verfolgt werden, wo die Kurse als erstes einbrachen.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts war die Zahl der im Baumwollgeschäft tätigen Unternehmen stark angestiegen. Schon ab Ende 1860 führte der höhere Bedarf an diesem Rohstoff zu einer zunehmenden Knappheit und daraus resultierenden, höheren Rohstoffpreisen. Trotzdem liefen die Geschäfte in diesem Industriezweig zunächst noch gut. Mit dem Ausbruch des amerikanische Bürgerkriegs verschärfte sich die Situation im Baumwollsektor, da Amerika einer der Hauptexporteur des Textilrohstoffs war. Die Überproduktion des Jahres 1860 verhinderte aber vorerst den vollständigen Kollaps, da noch genügend Waren für mehrere Monate in den Lagern der Unternehmen auf Vorrat lagen. Die Lagerbestände gewannen sogar durch die steigenden Preise zunehmend an Wert. Doch die Produktion spürte bereits die ersten Auswirkungen. Viele Unternehmen in England und Frankreich mussten aufgrund der immer schwieriger zu bekommenen Baumwolle Kurzarbeit einführen, Löhne herabsetzten und erste Entlassungen vornehmen. Waren beispielsweise im Mai 1848 in Manchester von allen Baumwollarbeitern 70% vollbeschäftigt, 15% unterbeschäftigt und 13% Kurzarbeiter, so veränderte sich dieses Verhältnis bis zum Mai 1862 auf 49% Vollbeschäftigte, 15% Unterbeschäftigte und 35% Kurzarbeiter. In Lancashire fiel die Zahl der Vollzeitbeschäftigten in der Baumwollindustrie von 533.950 Arbeitern im November 1961 auf 203.200 im November 1862. Auch der Ersatz der amerikanischen Bauwolle durch indische udn ägyptische brachte vorerst keine Verbesserung, da diese Baumwollearten aufgrund anderer Beschaffenheit nur wesentlich langsamer verarbeiter werden konnten.
Die zunehmende Knappheit gepaart mit den stark steigenden Preisen führte an den Börsen zu einem Spekulationsboom mit Baumwolle, der im Jahr 1863 seinen Höhepunkt erreichte. Im selben Jahr wurde dann die Produktion immer besser an die schlechteren asiatischen Produkte angepasst, womit die gröbsten Engpässe beseitigt werden konnten. Die Folgen für die Spekulanten waren zunächst nur leicht sinkende Kurse.
Schon seit dem vierten Quartal 1863 war die Börse in eine Baisse übergegangen. Neben dem blutigen Krieg in Amerika drohte neuerdings noch eine Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Dänemark um den Besitz der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, die bis dahin unter der Herrschaft des dänischen Königs gestanden hatten. Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung in Amerika, der zunehmend erfolgreiche Ersatz der amerikanischen Baumwolle durch solche aus Indien und Ägypten sowie die möglichen Folgen einer deutsch-dänischen Auseinandersetzung veranlasste immer mehr Anleger ihre Aktien zu verkaufen als in spekulativen Unternehmen und Kontrakten zu investieren. Dies reichte in Frankreich als Auslöser, um bei den noch vorhandenen Baumwollspekulanten, bei denen die Nerven oft schon zum Zerreißen gespannt waren, endgültig eine Panik heraufzubeschwören. Im Januar 1864 kam es in Paris schließlich zum Crash.
Doch während die Kurse in Frankreich in den Keller fielen, verzögerte sich die Krise im britischen Empire. Auch in Deutschland nahm die Kriegserklärung am 1. Februar durch den Einmarsch preußischer Truppen in Schleswig-Holstein erst einmal die Unsicherheit von den Börsen und die Kurse stiegen wieder. Zwar gab es in Großbritannien und Deutschland kritische Phasen, insbesondere durch den ab Januar 1864 verstärkten Verfall des Baumwollpreises, doch blieb den Finanzplätze ein Crash wie in Frankreich zunächts erspart.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Geschichte des credit mobilier in Frankreich. Um 1850 wollte der neue König/Kaiser Napoleon III. eine Revolution von oben mit einer wirtschaftlichen und sozialen Umgestaltung durchführen.. Dies bedeutete aber eine offene Herausforderung der alteingesessenen Hochfinanz und des industriellen Unternehmertums, da nach den Plänen Napoleons III. einfachen Bürgern eine finanzielle Beteiligung an der Wirtschaft und an Großprojekten ermöglicht werden sollte.
Um das nötige Geld aufzubringen wurde 1852 der Credit Mobilier gegründet. Diese Institution war eine Kreditbank des Volkes unter staatlicher Aufsicht. Napoelon III wolle dadurch von der Hochfinanz unabhängig werden. Während die alteingesessenen Banken wie Rothschild, die neue Bank auf allen Ebenen und mit allen Mitteln bekämpften, war der Credit Mobilier bei den Bürgern ein voller Erfolg. An der Spitze dieser Bank standen Émile und Isaac Pereire, die sich wenig später in ganz Europa als Kreditgeber für Großprojekte einen Namen machen sollten. Ob nun die Weltaustellung 1855, große Eisenbahn- und industrielle Projekte oder der Umbau von Paris - alles wurde von der Bank finanziert.
Die Aktien der Gesellschaft waren zunächst äußerst begehrt, da Napoleon III. und seine Regierung als Bürgen auftraten. Im Jahr 1856 erreichten die Aktien mit einem Kurs von 2000 Francs ihren Höchstkurs. Die Weltwirtschaftskrise 1857 forderte dann auch vom credit mobilier ihren Tribut. Um nicht in Gefahr der Insolvenz zu kommen, musste die Pereires 1857 Teile der Bank verkaufen.
Die kritische Phase wurde überstanden und neue Kredite vergrößerten das Ansehen der neuen Institution in ganz Europa. Doch nicht nur die erfolgreichen Projekte sollten das Geld mehren, die Gebrüder Pereire spekulierten gleichzeitig in großem Umfang an der Börse. Der Crash 1864 war deswegen auch für den credit mobilier ein herber Schlag und traf die Bank doppelt. Zum einen hatte sich der Aktienkurs des Unternehmens mit den fallenden Kursen deutlich reduziert, zum anderen hatten die Spekulationsgeschäfte ein tiefes Loch in den Kassenbestand gerissen. Zwar konnte sich das Finanzinstitut noch einige Monate über Wasser halten, doch waren die Vorfälle im Januar 1864 der Anfang vom Ende. Nach einer letzten Fehlspekulation in österreichischen Staatspapieren, die nach dem verlorenen Krieg gegen Preußen rasch an Wert einbüßten, notierten die Aktien am 21. November 1867 nur noch bei 145 Francs. Émile und Isaac Pereire waren am Ende und der Crédit Mobilier versank wenig später in der Bedeutungslosigkeit.
Die Auswirkungen der Baumwollkrise der Jahre 1861-1864 waren unmittelbar zwar nur an der Börse in Paris zu spüren gewesen, belasteten in der Folge aber die Wirtschaft in ganz Europa und waren letztendlich auch eine Ursache, die in anderen Ländern wie Großbritannien, Deutschland, Spanien oder Italien im Jahr 1866 zu massiven Kursrückgängen führte. Exemplarisch sollen nun die Vorfälle in Großbritannien und Deutschland näher beleuchtet werden:
Der Beginn der britischen Krise von 1866 wird von vielen Historikern auf das Jahr 1863 zurückdatiert. Bereits 1864 gab es zwei kritische Phasen, die die Wirtschaft in Großbritannien belasteten (im Januar, als die Baumwollkrise in Frankreich wütete, und etwas später durch den Preisverfall der importierten Baumwolle), jedoch hielt der Spekulations-Boom zunächst noch weiter an. Er verschob sich lediglich auf andere Branchen wie z.B. die Wechsel- und Diskontbanken. Diese Banken hatten in der Boomphase stark an Popularität gewonnen, da bei ihnen wesentlich einfacher Geld zu bekommen war als bei den alteingesessenen Finanzhäusern. In der Regel firmierten diese Banken als Aktiengesellschaft, da nur so das nötige Grundkapital aufgebracht werden konnte. Um Anleger für die eigene Bank zu begeistern, lockten die Banken mit immer höheren Dividenden. Auf dem Höhepunkt des Booms, Mitte 1865, konnten diese Aktien teilweise sogar mit eine Dividenden-Rendite von bis zu 100% Rendite erreichen.
In diese Zeit fällt auch der Börsengang der damals bekannten Bank Overend, Gurney & Co. Diese Bank hatte sich in der ersten Hälfte des Jahrhunderts bereits einen Namen als Diskont- und Wechselbank gemacht und dominierte zu jener Zeit den Markt für Wechsel. Zeitweise waren 8 bis 10 Millionen Wechsel gleichzeitig in der Hand der Bank. Die Aktien der Overend, Gourney & Co. fanden deswegen bei der Emission im Juli 1865 reißenden Absatz bei den Anlegern. Doch der Börsengang hatte auch seine Schattenseiten. Einige der Altgesellschafter hatten sich im Zuge des IPO aus dem Unternehmen verabschiedet, da sie die kommende Kathastrophe wohl schon vorausgesehen hatten.
Die große Anzahl an umlaufenden Wechseln, eine schlechte Boniätsüberprüfung und die zunehmend labile Wirtschaftslage brachten das bekannte Bankhaus in eine kritische Lage. Eine genaue Überprüfung jedes Wechsels war bei Overend durch die große Menge praktisch unmöglich. Zudem belasteten mehrere Fehlspekulationen des Managements in den Jahren 1860 bis 1866 die Bilanz des Unternehmens. Besonders hervorzuheben ist hier der Betrug des Bankgesellschafters D. W. Chapman. Dieser galt in jenen Jahren in der Londoner Gesellschaft durch seine verschwenderische Feste und Empfänge am Prince'S Gate beim Hyde Park als Berühmtheit. Zusammen mit seinem Berater Edward Watkins Edwards, ein ehemaliger Buchhalter, hatte Chapman ein kurioses System geschaffen, das letztendlich den Ruin des Hauses Overend Gurney & Co bedeutete. Edwards empfahl alle möglichen Geschäfte zur Aufnahme in das gewinnbringende Diskontgeschäft der Bank. Chapman beeinflusste anschließend die Mitgesellschafter durch seine Stimme, so dass diverse spekulativen Geschäfte mit Getreide oder Baumwolle, die Eisenproduktion und Eisenbahn oder Schiffbau sowie Schifffahrt von der Bank finanziert wurden. Schon 1860 klaffte durch diese Vorgehensweise eine große Lücke von 500.000 Pfund zwischen den Einnahmen aus dem Diskontgeschäft (200.000 Pfund) und den Ausgaben (700.000 Pfund). Doch die Boomphase Anfang der Sechziger Jahre hielt das System Chapmans vorerst am Leben.
Ab Mitte des Jahres 1865 nahm zudem die Unsicherheit an den Märkten aufgrund der immer stärker werdenden Kriegsgefahr in Europa wieder zu. Die Anleger entzogen dem Markt Liquidität und erhöhten gleichzeitig ihren Bargeld- und Goldbestand. Viele Unternehmen der vorangegangenen Boomphase der letzten Jahre hatten plötzlich Zahlungsschwierigkeiten. Besonders hervorzuheben ist hier der Bankrott der Eisenbahngesellschaft Watson, Overend and Company im Januar 1866. Obwohl das Unternehmen nichts mit dem Finanzinstitut Overend Gurney & Co zu tun hatte, sorgte doch die dadurch verursachte negative Stimmung in der britischen Wirtschafts für einen massiven Rückzug der Anleger von der Börse. Dies hatte verheerende Auswirkungen auf Overend. Die Anzahl der hochriskanten oder gar faulen Wechsel stieg rapide, so dass der Schuldenberg des Unternehmens weiter anwuchs. Am 10. Mai 1866 bracht das Finanzinstitut schließlich unter einer Last von 5 Millionen Pfund Sterling zusammen und stellte alle Zahlungen ein. Einen Tag später reagierte die Bank of England mit einer Anhebung des Diskontsatzes auf 10 Prozent. Gleichzeitig hob das britische Parlament wie schon 1857 die Peelschen Bankakte auf. Doch es half alles nichts. Die neuen Ticker trugen die Nachricht vom Overend-Bankrott schnell zu den bereits hypernervösen Investoren an alle wichtigen Börsenplätze Europas. Die Kurse in London brachen als Reaktion der Overend-Pleite innerhalb weniger Minuten ein und stürzten die britische Wirtschaft in eine schwere Krise. Später bekam der 11. Mai 1866 die Bezeichung "Schwarzer Freitag". Zeitgenossen sprachen von der "schlimmsten Panik seit 1825".
Doch Overend, Gurney & Co trägt nicht allein die Schuld an dem Crash. Einige Tage zuvor war es bereits in Deutschland zu einem massiven Kurssturz gekommen. Anders als in Großbritannien war hierfür aber die politische Entwicklung ausschlaggebend gewesen. Der Crash in Deutschland hatte die Nervosität in London zusätzlich massiv erhöht, so dass der Konkurs von Overend lediglich der Auslöser des britischen Crash war.
Seit 1863 belasteten politische Spannungen insbesondere zwischen Preußen und Österreich bzw. Dänemark die deutschen Finanzmärkte. Während Preußen und Österreich um die Führung im Deutschen Bund rivalisierten, entstanden die Spannungen zwischen Preußen und Dänemark mit der Einverleibung Schleswigs in das Königreich Dänemarks im November 1863. Nicht nur die preußische Regierung sah darin einen Bruch bestehender Verträge. Erst durch den Einmarsch preußischer Truppen in Schleswig-Holstein im Februar 1864 wurde diese Unsicherheit von den Börsen genommen und die Kurse erholten sich wieder. Doch diese Phase hielt nur kurz.
Obwohl mit dem Frieden von Gastein am 14. August 1865 wieder Ruhe zwischen Dänemark und Preußen eingekehrt war, herrschte an den Aktienmärkten in Deutschland Lustlosigkeit. Die Kurse bewegten sich kaum und viele Anleger warteten mit Neuengagements erst einmal ab. Grund waren zunehmende Zinssteigerungen der Preußischen Bank und eine erneute politische Verschärfung - diesmal in den Beziehungen zwischen Österreich und Preußen. Die Aufrüstungsvorbereitungen beider Gegner sorgten ab April 1866 für zunehmende Kursverluste an den deutschen Börsen. Am 2. Mai 1866 erfolgte schließlich die Mobilmachung der preußischen Truppen. Die Anleger an der Berliner Börse reagierten mit Panik. Doch das Ende war noch nicht erreicht. Der erneute Einmarsch preußischer Truppen in Schleswig-Holstein wenige Tage später verkraftete der Markt zwar noch einigermaßen, als die Preußische Bank aber in Folge der Krise in London die Zinsen am 11. Mai 1866 auf 9 Prozent anhob, fielen die Kurse ins Bodenlose. Die allgemeinen Flucht in die Liquidität und die Abkehr von anfälligen Unternehmen in dieser unsicheren Zeit, führte bei vielen Wertpapieren zu hohen zweistelligen Verlusten innerhalb kürzester Zeit. Zeitgenössische Berichte aus Berlin sprechen von einem beispielslosen, nie dagewesenen Kurssturz.
Sowohl Großbritannien als auch Deutschland fielen durch die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse in Folge des ersten "Schwarze Freitags" der Geschichte in eine tiefe Rezession. Erst im Jahr 1868 erholten sich die Volkswirtschaften langsam wieder von dieser Kriese. Doch es sollte nicht lange dauern, ehe die politischen Entwicklungen erneut für Turbulenzen in Europa sorgten.