Die Silberspekulation der Gebrüder Hunt (1973-1980)
Der Name Hunt taucht in der Geschichte der Börse gleich mehrfach auf. Der erste prominente Vertreter dieser Familie, der an der Börse berühmt wurde, war Haroldson Lafayett Hunt (1889-1974), der in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts ins Ölgeschäft einstieg und binnen weniger Jahre zum reichsten Mann der USA aufstieg. Nach seinem Tod wurde das Imperium unter seinen Kindern aufgeteilt, wodurch zwei neue Imperien entstanden. Eines davon leiteten die Brüder Bunker Nelson, Herbert und Lamar Hunt, die Ende der Siebziger durch die bislang größte Privatspekulation der Börsengeschichte berühmt wurden. Ziel des Interesses war das Edelmetall Silber.
Silber ist schon seit Jahrhunderten eines der wichtigsten Edelmetalle. Durch die Abschaffung der Gold- und Silberstandards seit dem Beginn des 20. Jahrhundert in den meisten Ländern der Erde waren allerdings bedeutende Mengen des Edelmetalls freigesetzt worden, die den Kurs des Edelmetalls schrittweise bis auf einen Tiefstkurs von 2 Dollar je Unze reduziert hatten. Die in Folge des Preisverfalls ebenfalls massiv zurückgefahrene Produktion führte jedoch Anfang der Siebziger zu einem Nachfrageüberschuss als vor allem Industrie und Juweliere wieder mehr Silber nachfragten. Auch die Inflation aufgrund des Vietnamkriegs begünstigte eine Erholung der Edelmetalle. Der Silberkurs hatte sich bis 1973 erst leicht auf etwa 3 US-Dollar je Unze gesteigert. Zu diesem Zeitpunkt erkannten die Gebrüder Hunt die massive Unterbewertung und das enorme Preissteigerungspotential und engagierten sich zunehmend im Silbermarkt. Durch die massiven Käufe großer Silbermengen stieg der Preis langsam aber stetig weiter an. Bis Ende der Siebziger Jahre erwarben die Hunts nach Schätzungen von Marktexperten etwa eine Silbermenge von rund 100 Millionen Unzen zu einem Durchschnittspreis von unter 10 Dollar je Unze.
Erst Ende der Siebziger begann eine Euphorie im Silbermarkt. Immer mehr Spekulanten hatten sich in den späten Siebziger Jahren ebenfalls an der von den Gebrüder Hunt ausgelösten Silberrallye beteiligt und trieben den Kurs nun auf astromomische Höhen von bis zu 52 Dollar je Unze. Teilweise wurde gegen Ende des Booms sogar Tafelsilber und Schmuck verkauft oder Silbermünzen eingeschmolzen.
Neue Handelsbedingungen lassen die Blase platzen
Auf dem Höhepunkt der Silberspekulation 1980 änderten die New Yorker Warenbörse COMEX und die amerikanische Warenbörsenaufsichtsbehörde CFTC dann plötzlich die Silberhandelsbedingungen, um so die Spekulation einzudämmen. Einschüsse auf Warenterminkontrakte wurden auf 100% erhöht, den Hunts die Lieferung des von ihnen gekauften Silbers verweigert und nur noch Verkaufsorders an den Börsen zugelassen. In Reaktion auf diese Maßnahmen kollabierte der aufgeblasene Markt. Unglücklicherweise hatten die Gebrüder Hunt ihre Gewinne noch nicht realisiert. Aus diesem Grund wurde die Spekulation auf den Silberkurs zum Fiasko für die Hunts. Die Verluste der drei Brüder wurde mit rund 2 Milliarden Dollar angegeben. Noch schlimmer wog allerdings der Vorwurf, die drei texanischen Ölmilliardäre hätten durch gezielte Manipulation den Silbermarkt kontrollieren wollen. Die Hunts widersprachen dem vehement und sahen sich vielmehr als Opfer. Aus diesem Streit entwickelten sich schnell zwei Haupttheorien, die allerdings beide nur schwer beweisbar waren.
Die "Opfertheorie" besagt, dass die drei Brüder wie viele große Finanzinvestoren lediglich ein Gespür für unterbewertete Investments hatten und deswegen im großen Stil das nach Ihrer Meinung unterbewertete Silber aufkauften. Dafür spräche, dass sich der Silberpreis trotz der massiven Käufe bis 1978 auf Kurse um 6 Dollar je Unze "nur" verdoppelte. Erst als die Spekulation weitere Anleger in ihren Bann zog, stieg der Kurs raketenartig an. Der immer höher schnellende Kurs rief nach dieser These eine noch nie dagewesene Finanzmanipulation hervor, deren Opfer die Gebrüder Hunt und deren Drahtzieher ranghohe Mitglieder in den Führungsetagen der COMEX und CFTC gewesen sein sollen. Diese bauten nach der Theorie kurz vor Bekanntgabe der Regelwerksänderung über Strohmänner sehr große Verkaufspositionen in Silber auf. Als sie ihr Ziel möglichst viele Verkaufsoptionen zu besitzen erreicht hatten und eine weitere Steigerung des Silberkurses immer unwahrscheinlicher wurde, veröffentlichten sie die Änderungen im Regelwerk des Silberhandels und brachten den Markt damit zum Kollabieren. Gleichzeitig präsentierten sie die Gebrüder Hunt der aufgebrachten Öffentlichkeit als Schuldige des Kollaps. Während das Auge der Öffentlichkeit nun auf die Hunts gerichtet war, verdiente die "Silbermafia" unbemerkt Milliarden mit den zuvor erworbenen Verkaufsoptionen.
Auch wenn es einige Hinweise für diese Theorie gibt, so bleibt dennoch die Fragem, warum die Hunts nicht schon vor Ende der Hausse zumindest einen Teil des Silbers wieder abstießen. Selbst bei einem Durchschnittskaufkurs von 10 Dollar/Unze und einem möglichen Verkaufsniveau von 40 bis 45 Dollar/Unze, hätten die Brüder über 300 Prozent Gewinn einstreichen können. Der Zugewinn von den Anfängen der Hausse bei 3 Dollar/Unze bis zum Höhepunkt von 52 Dollar/Unze lag sogar bei über 1600%. War das Silber also als langfristiges Investment gedacht, haben die Hunts eine weitere Steigerung des Silbers erwartet oder war es - wie die zweite Theorie vorwirft - der Versuch einer gezielten Marktmanipulation?
Wie ihr Vater besaßen die drei Brüder ein gehöriges Maß an Risikobereitschaft und waren für alle Ideen offen, die ihnen eine Vermehrung des Vermögens versprachen. Mitte der Siebziger Jahre war der Silbermarkt durch den Angebotsrückgang relativ klein, so dass durchaus die Möglichkeit bestand mit einer Summe von einigen Milliarden Dollar den Markt nach eigenen Belieben zu manipulieren. Da die drei Brüder aufgrund des vom Vater geerbten Ölimperiums über die nötigen finanziellen Mittel für ein solches Vorhaben verfügten, ist auch diese Theorie durchaus nicht abwegig. Dafür spräche zusätzlich, dass das direkt oder über arabische und brasilianische Partner indirekt erworbene Silber vom Markt genommen und streng gehortet wurde. Gegen Ende der Spekulation sollen die Hunts die Hälfte allen verfügbaren Silbers besessen haben. Der Silbermarkt war dadurch künstlich verknappt worden. Der einzige Ausweg der Industrie und der Börse aus diesem Dilemma schien ein fallender Kurs gewesen zu sein, da nur so die bereits bestehende Marktmacht der Hunts gebrochen werden konnte. Auf der Suche nach einer Lösung gelangten die Verantwortlichen bei der COMEX schließlich zu den später durchgeführten Änderungen der Handelsbestimmungen.
Die Gebrüder Hunt vor Gericht
Doch welche Theorie nun auch der Wahrheit entsprach, die Silberspekulation endete für die Hunts in einem finanziellen Fiasko. Kurz nach dem Crash wurden die drei Brüder wegen des Versuchs der gezielte Manipulation des Silbermarktes angeklagt. In Amerika ist es jedermann möglich bei Verdacht auf Marktmanipulationen eine sogenannten "class action law-suit" einzureichen, eine Klage mit der bei erwiesener Manipulation Schadensersatz geltend machen kann. Die Verfahren zogen sich lange hin und erst im August 1988 gab es ein erstes Urteil, das einem geschädigten Investor 134 Millionen Dollar Schadensersatz zusprach. Das Finanzvermögen der Hunts, dass durch die Silberspekulation schon massiv gelitten hatte, schrumfte aufgrund der Schadensersatzforderungen weiter. Bereits vor dem ersten Urteil brach das Familienimperium aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten und abgesprungener Kunden immer mehr zusammen. Viele Unternehmen mussten bankrott anmelden, berühmtestes Beispiel war die Placid Oil Company, die 1986 Konkurs anmeldete.
Die wirkliche Ursache für den Crash am Silbermarkt konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden. Doch auch wenn sich die Wogen der Spekulation der Gebrüder Hunt schon lange gelegt haben, ist der Silbermarkt auch heute noch nicht zur Ruhe gekommen. Der Markt hat sich erneut in zwei Lager geteilt. Bekannte Finanzinvestoren wie Warren Buffet, der seit Mitte 1997 ca 130 Millionen Unzen Silber erworben hat, Georg Soros oder Bill Gates, die ebenfalls mit hohen Summen am Silbermarkt investiert sind, schüren im einen Lager die Angst vor einem neuen Kartell am Silbermarkt. Doch während die Verschwörungstheoretiker erneute Kursmanipluationen wie bei den Hunts prognostizieren, glauben andere den Worten Buffets, Gates oder Soros, die langfristig aufgrund der aktuellen Unterbewertung und eines sich verschärfenden Nachfrageüberschuss eine starke Erholung des Edelmetalls prognostizieren. Wer letztendlich recht behält wird die Zukunft zeigen.
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