Nick Leeson und der Konkurs der Barings-Bank (1995)
Schon 1890 war die traditionsreiche Barings Bank nur knapp dem Konkurs entgangen, konnte aber in letzter Sekunde gerettet werden. Gut 100 Jahre später belastete eine weitere schwere Krise das Bankhaus. Diesmal ging der Skandal allerdings nicht so glimpflich aus wie anno 1890 - die Spekulationsgeschäfte des Finanzmaklers Nick Leeson führten letztendlich zum Konkurs der Barings Bank.
Das traditionsreiche Bankhaus wurde im Jahr 1762 von zwei Söhne einer holländischen Händlerfamilie als John and Francis Baring Company als erstes privates Handelshaus in London gegründet. 1806 wurde das floriende Unternehmen in Baring Brothers and Company umfirmiert. In 1890 geriet das Unternehmen durch Spekulationsgeschäfte in den Vereinigten Staaten und Lateinamerika in eine bedrohliche Schieflage, wurde aber durch Unterstützung anderer Finanzhäuser vor dem Konkurs gerettet. In den folgenden Jahrzehnten konnte die Bank ihre renommierte Stellung wieder zurückerobern. Im September 1986 gründete das Unternehmen dann die Baring Future (Singapore) Pte Ltd. (BFS), um die Aktivitäten im asiatischen Wertpapiergeschäft zu verstärken. Einige Jahre später stand genau diese Niederlassung im Mittelpunkt der Finanzpresse.
Urheber des neuen Skandals war der junge Finanzmakler Nick Leeson. Der 1967 geborene Leeson ergatterte nach einem mässigen Schulabschluss im Jahr 1985 zunächst einen Job als Sekretär beim Bankhaus Coutts&Co. Zwei Jahre später (1987) wechselte er dann zu Morgan Stanley, wo der Schulabgänger die Grundlagen der Buchführung im Wertpapierhandel erlernte. 1989 wurde Leeson dann im Abrechnungsbereich der Handelsabwicklung bei Barings eingestellt. Kurz darauf schaffte er es innerhalb von nur zehn Monaten die Wertpapieraußenstände seines Arbeitsgebers um 90 Millionen Pfund zu reduzieren und bekam aufgrund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse im Derivate-Handel 1992 von Barings eine Stelle in Singapor im Bereich des Futurehandels angeboten. Leeson witterte seine Chance und zog deswegen nach Südostasien zur Barings Future (Singapore) Pte Ltd.
Die BSF handelte an den Börsen in Singapur, Osaka und Tokio und war dabei zu verschiedenen Handelsgeschäften von der Baring Securities Ltd. in London autorisiert worden. Neben der Auftragsausführung für die Kunden oder anderen Baring-Tochtergesellschaften war es ihr auch erlaubt, Eigenhandel in Form von Arbitragegeschäften in Futures durchzuführen. Auch bei hohen Kundenorders durfte die Bank Einnahmen machen. Andere Möglichkeiten des Handels sowie der Versuch der Gewinnerzielung waren dagegen klar untersagt. Doch Leeson mißachtete diese Regeln mehrfach.
Zunächst nur um einen Fehler einer Angestellten zu korrigieren, eröffnete Leeson kurz nach seiner Ankunft ein internes Konto mit der Nummer 88888, das er der SIMEX (Singapore International Monetary Exchange) gegenüber als Kundenkonto deklarierte aber gleichzeitig von den regelmäßigen Meldungen an die Zentrale nach London ausschloss. Nachdem Leeson den von der Angestellten verursachten Verlust wenig später ausgleichen konnte, erkannte er die Möglichkeiten eines solchen Kontos. Fortan diente es ihm für seine unerlaubten Geschäfte und Spekulationen.
Anfang 1994 stieg Leeson als Generaldrektor für den Future-Handel in die Führungsebene der Tochter auf. Im Unternehmen war er sehr beliebt, da er 1993 und 1994 mehrere Erfolge für sich verbuchen hatte können, die in Form von zusätzlichen Gehältern zum Teil an die Belegschaft ausgeschüttet worden waren. 1993 vergrößerte Leeson, begünstigt durch den in Asien herrschenden Aufwärtstrend an den Börsen, die Gewinne der Barings-Tochter von 2 Millionen US-Dollar im Vorjahr auf 20 Millionen. Im Jahr 1994 bewies er trotz des Rücksetzters an den asiatischen Börsen, dass die Märkte dennoch outzuperformen waren und schloss das Handelsjahr erneut mit Gewinn ab. Niemand störte sich deswegen daran, dass Leeson sowohl Händler als auch Kontrollorgan in einer Person war.
zurück zur Übersicht |
nächster Artikel