Gérard Bökenkamp
hat auf der Seite webcritics.de eine Rezension über
„John D. Rockefeller – Die Karriere des
Wirtschaftstitanen“ verfasst:
„Die Sympathie des Autors gehört eindeutig dem
Protagonisten. Die wütende Verurteilung Rockefellers durch
seine Kritiker sind in der Darstellung nur Fußnoten eines
unglaublichen Aufstiegs. Alle Verfehlungen des Monopolisten verblassen
bei Chernow angesichts der großen Lebensleistung Rockefellers
und seiner über seinen Tod hinausgehende Wirkung auf die
moderne Wohlfahrt und Wissenschaftsförderung. Rockefeller
erscheint als der sympathische Monopolist.
Rockefellers Vater war ein Scharlatan, wie man ihn aus Western kennt.
Der „Doc“ zog über das Land, um den Leuten
fragwürdige Wundermittel zu verkaufen. Rockefellers Mutter
flüchtete sich vor Gram über die Untreue und
Rücksichtslosigkeit ihres Mannes in die Religion. Der
Baptismus sollte für den ältesten Sohn John
Rockefeller zum bestimmenden moralischen Kompass werden. Rockefeller
wurde zum Musterbeispiel für den Zusammenhang von
protestantischer Ethik und dem „Geist des
Kapitalismus.“
Als sein Vater sich entschloss, die Familie für eine andere
Frau endgülig zu verlassen und fortan in Bigamie zu leben,
wußte Rockefeller, dass er sich einen Job suchen
mußte. Nach drei Monaten auf einer Handelsschule begab sich
Rockefeller auf eine Jobsuche, die selbst legendär werden
sollte. Rockefeller sagte selbst über diese schwierige Phase
seines Lebens, seine Arbeit sei gewesen, Arbeit zu finden.
Ihm gelang nach unzähligen erfolglosen Versuchen der Einstieg
in der Position eines kleinen Buchhalters in ein Handelsunternehmen.
Dort arbeitete er sich in kurzer Zeit mit seinem Arbeitseifer und
pedantischer Sparsamkeit als Buchhalter in eine
Führungsposition hinauf. Zusammen mit einem Freund wagte er
schließlich den Sprung in Cleveland sein eigenes
Handelsunternehmen zu gründen. Schon bald brachte es
Rockefeller mit diesem Unternehmen zu Wohlstand, blieb jedoch seinem
bescheidenem Auftreten immer treu.
Zum Raffineriegeschäft kam die Gesellschaft eher
zufällig. Der amerikanische Bürgerkrieg
löste einen Boom in dieser Branche aus. Der einzige bekannte
Fundort war damals Pensylvania. Eine Unzahl von Glückrittern,
Abenteurer und selbsternannten Ölprinzen stürzten
sich auf das gewinnträchtige Geschäft. Der Strom in
die Ölförderstädte konnte es mit dem
kalifornischen Goldrausch wenige Jahrzehnte zuvor aufnehmen.
Rockefellers Arbeitmoral, Organisationsgenie und persönliche
Integrität, mit der er das Vertrauen der Kreditgeber gewann,
ließen seine Gesellschaft schnell zum führenden
Raffinerieunternehmen in Cleveland aufsteigen.
Das schnelle Auf- und Ab der Preise, die verwilderten Zustände
in den Ölförderstätten und das
Glücksrittertum beleidigten seinen protestantischen
Ordnungsinn und ließen Rockefeller an der Wirksamkeit der
„unsichtbaren Hand zweifeln.“ Rockefeller holte zu
einem Rundumschlag aus. Zuerst trennte er sich von seinen
unzuverlässigen Gesellschaftern und machte sich dann daran,
den Ölmarkt grundlegend neu zu ordnen.
Rockefeller strebte einen integrierten Konzern an, der von der
Förderung, über die Raffinierung bis zum Vertrieb und
Export die Ölförderung standardisieren sollte.
Rockefeller suchte und fand den entscheidenden Hebel, um die
Glücksritter vom Markt zu drängen und ein Monopol zu
schaffen, mit dem er seinen Traum erreichen konnte.
Dieser Hebel war eine Übereinkunft mit den großen
Bahngesellschaften. Rockefeller konnte ihnen ein sehr attraktives
Angebot machen. Der Markt sollte bereinigt werden, statt mit vielen
kleinen Anbietern konnten die Bahngesellschaften mit dem neuen
Monopolisten umfassende und langfristische Verträge
schließen, was ihnen organisatorische und finanzielle
Planungssicherheit gab. Rockefeller konnte so einen Rabatt für
seinen KOnzern Standart Oil aushandel und nach und nach die kleineren
Ölgesellschaften vom Markt drängen und aufkaufen.
Damit schuf Rockefeller ein Industrieimperium ohnegleichen:
Schließlich waren 90 Prozent der Ölindustrie in der
Hand seines Trusts vereinigt.
Mit diesem rücksichtslosen Vorgehen schuf sich Rockfeller
unzählige Feinde. Kleine Gesellschaften verloren über
Nacht ihre Existenz. Über drei Jahrzehnte wurde Rockefeller
von nun an von der Justiz gejagt und von der progressiven und
populistischen Bewegung bekämpft. Es ist eine Ironie der
Geschichte, dass erst die Zerschlagung des Trust im Jahr 1911, durch
den Zwang zahlreiche Unternehmen zu verkaufen, Rockefeller zum ersten
Dollar-Milliardär der Geschichte machte. Für
Rockefeller war, und das ist die zweite Ironie, dies jedoch eher eine
Bürde als eine Erleichterung.
Denn längst hatte Rockefeller beschlossen, den
größten Teil seines Vermögens der
Wohltätigkeit zu spenden. Schon als kleiner Angestellter hatte
Rockefeller mit seiner Spendenaktivität begonnen. Rockefeller
sah sein wachsendes Vermögen immer als Geschenk Gottes
für eine größere Sache. Rockefellers Arbeit
für die Wohltätigkeit nahm nicht weniger Zeit und
Kraft in Anspruch als der Aufbau seines Wirtschaftsimperiums.
Rockefeller wurde zum größten Stifter der
Geschichte. Seine Aktivität war ein Meilenstein der
professionellen Wohltätigkeit. Allein 16 Nobellpreise im
Bereich Medizin gehen auf seine Stiftertätigkeit
zurück.
An einem Punkt lässt die Biographie den Leser ratlos
zurück. Die Biographie vermittelt den Eindruck, es habe doch
alles mehr oder weniger gut funktioniert, der Ölmarkt kam in
Ordnung, der Konzern wurde mit patriachaler Fürsorglichkeit
geführt und letzlich kam das gewaltige Vermögen
wohltätigen Zwecken zu gute. Über den Ruin der
Mitbewerber, die Ausschaltung der Konkurrenz und die Korrumpierung der
Politik ist der Autor gewillt hinwegzusehen.
Es ist das Vorrecht des Biographen, die Welt aus der Perspektive seiner
Hauptfigur darzustellen. Die grundsätzliche Frage nach dem
Sinn und Zweckmäßigkeit des Monopols beantwortet das
Buch nicht. Die Persönlichkeit Rockefeller vermag das Buch zu
entschlüsseln, seine Bedeutung für die Wirtschaft und
die politische Kultur der USA wird nur in Umrissen sichtbar.“
Ron Chernow
John D. Rockefeller - Die Karriere des Wirtschaftstitanen
256 Seiten
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