Aktienmärkte im Vergleich – Der Dax ist im Weltmaßstab noch ein Leichtgewicht

Donnerstag, 23.11.17 10:08
Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

Rekorde am deutschen Aktienmarkt – alles bestens, oder? Nein, das kann man nicht sagen, wenn man verschiedene Kriterien des Markts unter die Lupe nimmt und international vergleicht. Das sollte aber gerade Privatanleger nicht davon abhalten, heimische Aktien zu favorisieren. Denn die Dax-Familie bietet auch jetzt noch attraktive Beteiligungsmöglichkeiten. Das Research der Deutschen Bank hat in einer ausführlichen Betrachtung Faktoren für die grundsätzliche Beurteilung des deutschen Aktienmarkts zusammengetragen – eine interessante Untersuchung, die ich im Folgenden auszugsweise aufgreife.

Der Dax hat in den vergangenen Wochen mehrfach neue Allzeithochs erklommen, für einen internationalen Vergleich ist der gängige Performance-Index jedoch nicht geeignet. Mit dem Rekordstand 13.505 am 3. November hat er seit 2010 um insgesamt fast 120% zugelegt. Allerdings berücksichtigt dieser Performance-Index Dividendenzahlungen – im Gegensatz zu internationalen Aktienindizes, die in der Regel Kursindizes sind. Auf vergleichbarer Basis ist der Dax nur um rund 70% gestiegen, hat damit aber immer noch die wichtigsten europäischen Konkurrenten hinter sich gelassen.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Punkt: Der Dax ist nicht repräsentativ für die deutsche Volkswirtschaft. Er hat seit der Finanzkrise ein höheres Plus verzeichnet als die deutsche Wirtschaftsleistung. Das liegt nicht zuletzt am starken Gewicht des Verarbeitenden Gewerbes, das mehr als die Hälfte der Marktkapitalisierung im Dax ausmacht, aber weniger als ein Viertel der Bruttowertschöpfung. Die Industrie wiederum hat in den letzten Jahren von ihrer starken Präsenz in Ländern mit besonders hohem Wirtschaftswachstum und einem zyklischen Aufschwung der Weltwirtschaft profitiert, von dem der deutlich größere Dienstleistungssektor weniger betroffen war.

Im Extremfall ist es also möglich, dass eine Aktie, die mehrere Jahre lang einen konstanten Preis aufweist (bzw. im Jahresverlauf lediglich eine Kurssteigerung in Höhe der zu zahlenden Dividende verzeichnet), keinerlei Wachstumsbeitrag zu einem Kursindex leistet, aber einen deutlichen Beitrag zu einem höheren Performance-Index. Dieser Effekt des Auseinanderlaufens der beiden Indexarten verstärkt sich im Zeitablauf durch Kumulation der anfallenden Dividenden. In Deutschland etwa hat der Dax-Kursindex seit Anfang 2010 – nach Ende der Finanzkrise, aber vor Beginn der europäischen Schuldenkrise – um rund 70% zugelegt, der in der Öffentlichkeit im Mittelpunkt stehende Dax-Performance-Index dagegen, wie gesagt, um fast 120%. Folglich lassen sich nur 60% des Wertzuwachses im (Performance-)Dax auf höhere Aktienkurse der einzelnen Unternehmen zurückführen. Auf der anderen Seite stammen immerhin 40% von den gezahlten Dividenden. Das ist keine Anomalie. In der langfristigen Betrachtung ist dieser Effekt eher noch ausgeprägter: Beide Indizes wurden zum 30. Dezember 1987 auf einen Wert von 1000 Punkten normiert. Heute, 30 Jahre später, liegt der Performance-Index mehr als doppelt so hoch wie der Kursindex (rund 13.000 gegenüber etwa 6200 Punkten).

Die besondere Berechnungsweise des deutschen Aktienbarometers verzerrt den Vergleich mit Indizes in anderen Ländern. Immerhin scheint der deutsche Aktienmarkt wie erwartet besser als seine europäischen Wettbewerber abzuschneiden, aufgrund seiner Wahrnehmung als „sicherer Hafen“ in der europäischen Schuldenkrise und eines überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums: Seit Ende 2010 hat das BIP in Deutschland real um insgesamt 13% zugelegt, kaum weniger als in den USA (+15,5%) oder Großbritannien (+15%), und erheblich mehr als in Frankreich (8%), Spanien (5%) oder Italien (-0,5%). Allerdings ist eine gewisse „Entkopplung“ der Aktienmarkt-Performance von der Realwirtschaft festzustellen. Generell gilt der Aktienmarkt als ein Indikator für den Zustand der Gesamtwirtschaft, auch wenn hier Erwartungen an die Zukunft eine größere Rolle spielen als die gegenwärtige Lage. Es ist ohne Weiteres möglich, dass (nominale) Aktienindizes und das nominale BIP eine sehr unterschiedliche Entwicklung nehmen, obwohl sie sich über einen längeren Zeitraum hinweg doch meist in die gleiche Richtung bewegen.

Trotz guter Entwicklung ist der deutsche Aktienmarkt weiter ein relatives Leichtgewicht. Bei allen Zuwächsen und Rekordständen der vergangenen Jahre bei Dax und Co. stehen deutsche Aktien international mit Blick auf den Börsenwert weiterhin schwach da. Die Marktkapitalisierung aller börsennotierten deutschen Unternehmen beträgt zwar aktuell 1848 Mrd. Euro, ein Anstieg um 28% gegenüber Ende 2007. Relativ zur Wirtschaftsleistung hat diese Quote aber nur bei 57% stagniert. Das entspricht dem letzten Platz unter den großen Volkswirtschaften in Europa und den USA.

Darüber hinaus ist die Lücke zwischen Deutschland und Vorreitern mit einem breiteren und stärkeren Aktienmarkt seit 2007 sogar noch größer geworden. In den USA beispielsweise hat die Marktkapitalisierung um 55% zugenommen, und das Verhältnis zum BIP ist von 136% auf 157% angestiegen. Selbst in Großbritannien und Italien, die unter dem Brexit und der Schuldenkrise leiden bzw. litten, gab es zusammengenommen beim Börsenwert relativ zum BIP ein leichtes Plus auf 95%. Daran, dass der deutsche Aktienmarkt unter den Industrieländern strukturell nur ein Leichtgewicht ist, hat sich also insgesamt – dem starken Wirtschaftswachstum und den Dax-Rekorden zum Trotz – im vergangenen Jahrzehnt überhaupt nichts geändert.

In der Untersuchung wird schließlich daran erinnert, dass sich deutsche Privatanleger tendenziell konservativ und risikoscheu verhalten, was ein relativ geringer Aktienbesitz reflektiert und in dem Schlagwort der „fehlenden Aktienkultur“ seinen Ausdruck gefunden hat. So verfügen deutsche Haushalte im Durchschnitt nur über ein Aktienvermögen (direkte Aktienanlage, ohne Fonds) von 7300 Euro pro Kopf, während der Wert in den anderen großen EU-Ländern zwischen 11.000 und 15.700 Euro liegt. Dafür sind die Deutschen eher in risikoarmen Asset-Klassen wie Einlagen (27.600 Euro pro Kopf) und Versicherungen (25.700 Euro) investiert.

Ein strukturell stärkerer Aktienmarkt ist aus vielerlei Gründen wünschenswert. Das ist Ihnen, geschätzte Anleger, sicher klar. Deshalb einmal mehr mein Appell, sich als „Aktien-Missionare“ zu betätigen – also Verwandten, Freunden und Bekannten bei passender Gelegenheit von den langfristig positiven Erfahrungen mit der Aktienanlage zu berichten.

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!

Herrmann Kutzer
Redaktion
Aktien-Ausblick

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