Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
mir hat das sonntägliche Frühstück nicht wie gewohnt geschmeckt. Und das unangenehm schwül-warme Wetter passte dazu. Tagtäglich neue, die Seiten der Printmedien beherrschende Hiobsbotschaften – das raubt auch einem alten Optimisten die Energie. Jüngste Beispiele: Erst ein „Starkes Stück“, dann die Nachrichten über einen Bundesfinanzminister, der sich intern schon auf die offizielle Pleite Griechenlands vorbereitet, wo das Drama seinen Lauf zu nehmen scheint. Kein Wunder, wenn einem in der Frankfurter City oder auf dem Golfplatz die „Alles-wird-gut-These“ kritisch vorgehalten wird (allerdings ohne deren zweiten Teil zu zitieren) und der Gegenüber die Retourkutsche „Sie sind ein ewiger Pessimist!“ lachend mit dem bekannten Zitat „Pessimist? Nein, nur ein Realist“ weggewischt. Nicht nur aus Sicht der Finanzmarkt-Akteure wird die Nachrichtenlage immer brisanter – wer hört da schon auf die Keine-Panik-Appelle?!
Mehr als 30 Prozent hat der Dax bis Freitag innerhalb eines einzigen Jahres verloren! Das war nicht zu erwaten. Und der Tiefpunkt dürfte längst noch nicht erreicht sein – wenn die Krise nicht bald ihren Wendepunkt erreicht. Gut, dass Sie sich an meine dringende, oft wiederholte Empfehlung gehalten haben und zur Verlustbegrenzung beim Erreichen Ihrer selbst gesetzten Limitmarken ausgestiegen sind, liebe Anlegerinnen und Anleger! In einem solchen Umfeld, wenn das Europäische Währungssystem als Ganzes auf dem Spiel steht – was ein beispielloses Chaos in der Weltwirtschaft zur Folge haben könnte –, fällt es naturgemäß schwer, anstelle der Basisempfehlung „Abwarten und Zuschauen“ immer wieder die bekannten Alternativanlagen zu propagieren – also insbesondere Immobilien, Gold, Seltene Erden, Wandelanleihen. Und wenn sich die Sonntagspresse damit befasst, „Wie Sie Ihr Geld ins Trockene bringen“, dann ist damit gleichzeitig die Warnung verbunden, dass auch dies nicht ohne Risiko sein kann. Der Schweizerfranken lässt grüßen.
Dennoch möchte ich heute an einen alten Hut erinnern, den sich die Strategen der Allianz Global Investors (AGI) neu aufgesetzt haben mit dem Motto: „Dividendentitel – eine attraktive Ergänzung fürs Depot.“ Denn: Dividendenwerte können, gerade hier in Deutschland, langfristig einen beträchtlichen Mehrwert fürs Depot bieten – nicht nur dank des zusätzlichen Einkommensstroms der Gewinnausschüttungen. Mit Hilfe einer fundamentalen Dividendenstrategie lassen sich im Zuge der Kursverluste Mitte 2011 üppige Dividendenrenditen verdienen. Voraussetzung ist, deren Titelselektion nicht auf die zuletzt ausgeschütteten, sondern auf die künftig zu erwartenden Dividenden zu fokussieren. AGI: „Diese Strategie erscheint insbesondere im aktuellen Niedrigzinsumfeld als eine vielversprechende Ergänzung zum Aktienportfolio.“
Ein Blick in die Vergangenheit – ohne Garantie, dass sich diese in die Zukunft fortschreiben lässt – verdeutlicht den Performance-Beitrag von Dividenden: Hätte ein Investor 1970 einmalig 100 Euro in Aktien des MSCI Europa investiert und die Dividendenzahlungen jährlich wieder angelegt, hätte er sich Ende August 2011 – trotz der Finanzkrise – über eine Vermögenssumme in Höhe von 4.333 Euro (vor Steuern) freuen können. Ohne den Beitrag der jährlich reinvestierten Dividenden, d. h. bei Betrachtung der „reinen“ Kursentwicklung, wäre das Portfolio lediglich auf 958 Euro gewachsen. Per Saldo war in dieser Zeitspanne die annualisierte Gesamtrendite der Aktienanlage in Höhe von 9,4 % zu rund 44 % durch die Dividendenzahlungen bestimmt!
Die Titel des MSCI Europa werfen mit einer Dividendenrendite von rund 4 Prozent deutlich mehr ab als europäische Staatsanleihen. Dies war zuletzt im Frühjahr 2003 und Ende 2008 der Fall, als die Aktienmärkte nach einer deutlichen Talfahrt wieder auf Erholungskurs einschwenkten. Letztendlich deuten die hohen Dividendenrenditen darauf hin, meinen jedenfalls die AGI-Analysten, dass der Pessimismus der Marktteilnehmer bezüglich der Gewinnentwicklungen der Unternehmen bereits schon hoch ist bzw. die Risiken größtenteils eingepreist zu sein scheinen. Na ja, da bin ich mir nicht sicher. AGI fährt fort: Sobald sich die Anzeichen einer wieder steigenden Risikofreude bzw. einer konjunkturellen Stabilisierung mehren, könnte sich für Anleger ein Investment in dividendenstarke Aktien bezahlt machen.
Dazu als Einschränkung: Die Jagd nach Dividendenrendite birgt natürlich auch Risiken. Sie ist also nicht gänzlich unkritisch zu betrachten. Die Dividendenrendite kann nämlich auch Fehlsignale für den Aktienkauf liefern. So wird unterstellt, dass die aktuellen Ausschüttungen auch in Zukunft stabil bleiben. Das ist aber nicht immer der Fall. Ein Beispiel: Bis Mitte 2007 glänzten Finanzwerte mit hohen Ausschüttungen. Doch mit dem Ausbruch der Finanzkrise verzeichneten sie große Kurseinbußen – und die Konzerngewinne sowie Dividendenzahlungen stürzten mit ihnen ab. Es kommt daher bei der Anlageentscheidung zusätzlich auf Titelselektion und aktives Management an.
Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!
Ihr
Hermann Kutzer
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