Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
auf zur Schnäppchenjagd – oder? Wann sind Aktien eigentlich Schnäppchen? Um es vorweg zu nehmen: Bei allem Reiz, wieder einzusteigen, wenn die Kurse glänzend aufgestellter Großunternehmen in kürzester Zeit um 20 bis 30 Prozent abgestürzt sind, bleiben zwei heikle Faktoren:
Der eher konservativ eingestellte Vermögensverwalter Wolfgang Juds, den ich sehr schätze, schreibt dazu passend in seinem jüngsten Anlegerbrief: „Der Anlageerfolg bestimmt sich maßgeblich aus folgenden zwei Komponenten: Möglichst wenig zu verlieren, wenn der Markt fällt und möglichst dabei zu sein, wenn der Markt wieder steigt! Das hört sich einfach an, setzt jedoch voraus, gerade in turbulenten Zeiten möglichst wenig Fehler zu machen. Bei der Zusammensetzung des Depots achte ich darauf, einen „Puffer“ für das Depot aufzubauen. Die klassischen Aktienanlagen kombiniere ich mit einer konservativen Renten- und Immobilienstrategie. Zusätzlich baue ich einen „Puffer“ für das Depot auf. Der Anteil an Liquidität variiert aktuell je nach Anlagestrategie. Den Aktien stehen klassische Rentenanlagen gegenüber, die in Krisenzeiten zulegen. Außerdem warte ich zunächst eine Bodenbildung ab, um Kaufgelegenheiten an den Kapitalmärkten zu erkennen.“
Erlauben Sie mir, liebe Anlegerinnen und Anleger, einmal mehr den Appell, sich selbst genau zu prüfen! Das Wortspiel in der Überschrift soll doch eines bekräftigen: Nur wer wirklich Geduld hat, wer einen langen Anlagehorizont von mehreren Jahren hat, sollte jetzt schon ungeduldig werden – sprich: neue Aktienkäufe tätigen. Warum der Appell? Nun, ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass private Anleger im Gespräch oder in Diskussionen auf Veranstaltungen behaupten, sie suchten nur den langfristigen Erfolg und seien keine kurzfristigen Spekulanten, dass sie dann aber rasch Enttäuschung und Unmut äußern, wenn der Markt einige Monate gegen sie läuft. Also: Wer keine Geduld hat, sollte jetzt lieber zuschauen und keine neuen Risiken eingehen.
Spätestens seit dem erneuten Kurssturz führender Indizes um mehr als 5 % am 18. August muss jedem klar geworden sein, dass es sich nicht um eine „gewöhnliche Finanzkrise“ handelt, wie sie nun einmal alle paar Jahre auftritt. Bei aller langfristigen Zuversicht gilt derzeit der zweite Teil meiner These mehr denn je („Alles wird gut, nur was bis dahin passiert, kann kein Mensch vorhersagen“). Jetzt kommt die Politik entscheidend ins Spiel. Tatsächliche können politische Ereignisse die für den Aktienmarkt relevante wirtschaftliche Entwicklung stark beeinflussen. Die Nachricht über eine weltweit relevante Krisensituation führt in der Regel zu einer direkten Kursbeeinflussung. Gleichzeitig beeinflusst eine Krise die gesamtwirtschaftliche Situation und die zukünftige Ertragsentwicklung von Unternehmen.
Kursrückgänge aufgrund politischer Krisen, das hat eine Studie des Deutschen Aktieninstituts (DAI) schon vor zehn Jahren ergeben, dauern nach den Erfahrungen der Vergangenheit meist deutlich länger als reine Finanzmarktkrisen. Zudem setzen sich die Kursverluste nach Ausbruch der Krise oftmals noch über mehrere Monate fort. Ein Grund ist die bei politischen Krisen länger andauernde Unsicherheit über die weitere Entwicklung. Die aktuelle Krise ist zu einer politischen Krise geworden.
Erforschen Sie sich also genau, bevor Sie zu früh zu ungeduldig werden! Und rechnen Sie doch einmal nach: Wie viel Prozent hat eine Aktie verloren, die von 50 auf 10 Euro gefallen ist? Und um wie viel Prozent muss diese Aktie steigen, damit sie wieder 50 Euro erreicht? Ich kenne einen prominenten Finanzexperten, der vor etwa zwei Jahren auf dem Frankfurter Parkett selbstbewusst erzählte, er habe mit dem Wiederanstieg auf 6 Euro den richtigen Kaufkurs für die Commerzbank-Aktie erwischt.
Machen Sie weiter mit – und machen Sie`s gut!
Ihr
Hermann Kutzer
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