Börsenpsychologie - Den Privatanleger gibt es nicht

Freitag, 30.03.12 17:05
Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

die Roadshow mit einer unseren großen Direktbanken – auf der Tagesordnung stehen die Vorteile der ETFs – macht es einmal mehr deutlich: Den Privatanleger gibt es nicht. Es kann ihn auch nicht geben, denn zu unterschiedlich sind wir Menschen nun einmal gestrickt, zu unterschiedlich sind Ausgangslage und Ziel der Kapitalanlage.

Halbzeit der Tournee in München. Fast ausnahmslos fortgeschrittene, erfahrene Besucher. Was mir in den anschließenden Gruppen- und Einzeldiskussionen besonders auffiel, ist die nach wie vor spürbare Skepsis hinsichtlich der Überwindung der Finanzkrise. Teilweise herrschte auch große Sorge, den Notenbanken könnte es nicht gelingen, die Inflation im Griff zu behalten. Ein Student hält meiner Zuversicht für eine friedliche Beendigung des Atomkonflikts mit dem Iran, was dann stärker sinkende Ölpreise zu Folge hätte, entgegen, man müsse sich doch wohl auf Krieg einstellen. Nicht ganz einfach fällt auch die Erklärung, ich sei ein Fan Chinas, würde derzeit aber (noch) keine weiteren Aktienkäufe empfehlen. Eine äußerst temperamentvolle, reife Dame erwägt freudestrahlend Gewinnmitnahmen bei Apple, eine Altersgenossin beschwert sich dagegen heftig, dass ihr ETF viel schlechter als die Performance des brasilianischen Aktienindex sei (was eigentlich nicht sein kann). Überhaupt Aktien: Eine Blitzumfrage, wer denn noch oder wieder direkter Aktionär sei (also nicht über Fonds), hat ein verbreitetes Hands-up zur Folge.

Die Aktienkultur blüht zwar nicht, aber sie ist von den Krächen und Krisen seit Beginn des neuen Jahrtausends nicht vollends zerstört worden. Die große Mehrheit der Privatanleger äußert sich willens und bereit, kurzfristig weiter oder wieder Aktien zu kaufen. Kein Wunder: Die Hinweise auf attraktive Zulieferer insbesondere im Automobilbereiche verfehlen ihre Wirkung nicht – man drängt auf Namensnennung und Kursziele. So unterschiedlich Privatanleger auch sein mögen – auf konkrete Tipps (möglichst „heiße“) sind fast alle besonders scharf.

Ergänzend dazu: Sollte der „Bondm“, ein Marktsegment der Börse Stuttgart, in den kommenden Tagen eine merkliche Umsatzbelebung verzeichnen, dann dürfte dies nicht zuletzt den weiß-blauen Investoren zu verdanken sein, die sich von meinen grundsätzlichen Empfehlungen anstecken ließen. Dabei konnte ich auch auf eine aktuelle Analyse der Pioneer Investments verweisen, denn die internationale Fondsgesellschaft äußert sich ausgesprochen potitiv zum europäischen Markt für Unternehmensanleihen, der stark wachsen werde, wobei Telekommunikation und Versorger besonders interessant seien.

Aktive Aktien-Fans sollten sich übrigens erst einmal bremsen: Jetzt wird es nämlich noch spannender, muss der Dax den 7000er doch nachhaltig bestätigen. Die Nachzügler unter den Anlegern erhalten in Kürze vielleicht schon die Chance auf einen günstigeren Einstieg als heute.

Machen Sie aber weiter mit – und machen Sie’s gut!
Ihr

Hermann Kutzer
Funktion: Kutzers-Anlegerbrief

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Er will seine Erfahrung einbringen, und davon hat er jede Menge: Hermann Kutzer gilt als der dienstälteste journalistische „Börsendino“ in Deutschland. Schon seit 1969 beobachtet der bekennende...


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