Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
es liest sich wie eine Mischung aus Verärgerung und Respekt: Hanna M., früher Unternehmerin im Siegerland, schreibt mir ein langes Mail, nachdem sie in den Nachrichten von der Möglichkeit chinesischer Hilfsmaßnahmen für Europa gehört hat: „Lieber Herr Kutzer, jetzt bitten die Italiener China um Hilfe – wo kommen wir bloß hin? Das hätte vor 30 oder 40 Jahren niemand auch nur im Ansatz zu denken gewagt, nämlich dass die "bösen“ Kommunisten einmal das "gute“ Kapital retten müssen! Schande über alle die, die unbotmäßig über ihre Verhältnisse gelebt haben, es jetzt nicht mehr schaffen, einen Gang zurückzuschrauben und sich von denen, auf die sie über Jahrzehnte verächtlich herabgesehen haben, helfen lassen wollen! Einfach unglaublich – wie tief sind wir gesunken? Andererseits bewundere ich die Chinesen, die ihren Aufschwung kontrolliert steuern, soweit das möglich ist.“ Soweit die im Ruhe- und Wohlstand lebende Ex-Chefin eines mittelständischen Metallverarbeiters. Schließlich fragt sie, welche Lösungsmöglichkeiten es für die Krise gebe. Genauso beginnt ein Kollege vom Rundfunk gestern Mittag sein Interview. Unter Hinweis auf die zahlreichen Empfehlungen vieler kluger Leute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik (von den Medien ganz abgesehen) weigere ich mich, ein originelles Anti-Krisen-Rezept auszustellen.
Trotz des Widerstands in Berlin: Die Märkte sind durchaus bereit, auf eine Wende zu setzen, wenn sich die Politik auf europäischer Ebene bald auf vertrauensfördende Maßnahmen verständigen kann. Ich behaupte: Ein Konsens über neuartige Euro-Bonds könnte des Pudels Kern werden. Dann wird auch China vielleicht eine Rolle spielen – sicher nicht die Hauptrolle als Retter des Euros, aber als Assistent bei der Operation „Saniert Europa“. Die jüngste Erholung des Dax sollten Sie, liebe Anlegerinnen und Anleger, noch nicht hoch einschätzen, denn dahinter könnten maßgeblich saisonale Derivatetransaktionen stecken. Aber bitte immer auf der Hut bleiben, ob sich die Stimmung vielleicht doch nachhaltig dreht – mein Bauch gibt mir nach wie vor kein klares Signal.
Dass langfristig neue Bemühungen zur Förderung der Aktie in Deutschland nötig sind – unsere Volkswirtschaft braucht Aktien und Aktiengesellschaften –, belegt eine neue Studie, deren Ergebnisse gestern Abend in Frankfurt/Main vorgelegt worden sind. Ich habe sie Ihnen mitgebracht.
„Unsere aktuelle Umfrage zeigt, dass die deutschen Privatanleger wohl weiterhin Aktien-Skeptiker bleiben werden. Der Blick in die Zukunft fällt sowohl bei privaten wie auch bei institutionellen Anlegern eher negativ aus, was künftige Krisen und Inflation angeht. Umso wichtiger ist ein ausreichendes und tragfähiges Informations- und Beratungsangebot. Die Umfrage zeigt, dass die Möglichkeiten hier noch weiter ausgeschöpft werden können“, so der zusammenfassende Kommentar Karl-Martin im Brahm, Vertriebsvorstand der Deutschen Wertpapier Service Bank AG (dwpbank), als Auftraggeber der Forsa-Studie. Die wichtigsten Befragungsergebnisse:
Um Ihnen noch ein paar Details der interessanten Erhebung zu liefern: 38 Prozent aller Privatanleger wollen Aktien künftig weniger als bisher zur Geldanlage nutzen. Bei der Umfrage im vergangenen Jahr lag der Wert bei 34 Prozent. Lediglich 14 Prozent der privaten Anleger planen in Zukunft eine Erhöhung ihrer Aktienquote (Vorjahr: ebenfalls 14Prozent). Gänzlich anders stellt sich das Bild bei den institutionellen Anlegern dar: Lediglich 16 Prozent von ihnen wollen künftig weniger als bisher in Aktien investieren, während 40 Prozent die Aufstockung ihrer Aktienquote planen. Damit sind Aktien bei institutionellen Anlegern die künftigen Anlagefavoriten, während sie bei Privatanlegern die größte Ablehnung unter allen Asset-Klassen erfahren. Am beliebtesten bei deutschen Privatanlegern sind Festgeld, Tagesgeld und Termingeld. 32 Prozent der Befragten wollen diese Anlageform künftig noch mehr als bisher nutzen (Vorjahr: 29 Prozent).
Und was ist Ihre Meinung? Ich würde gerne mit möglichst vielen Lesern darüber diskutieren und mein ganz spezielles Anliegen erörtern – wie geht man mit der Informationsflut um? Am 24. September öffnet der Börsenverlag wieder seine Pforten und lädt Sie zum Tag der offenen Tür ein. Im Mittelpunkt stehen neben einer Besichtigung des Verlagshauses und informativen Gesprächen natürlich die Fachvorträge. Hoffentlich sehen wie uns in Rosenheim – ich freue mich schon darauf! Weitere Programmeinzelheiten und Anmeldung unter www.boersenverlag.de.
Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!
Ihr
Hermann Kutzer
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