Die meisten Derivate braucht kein Mensch

Mittwoch, 12.03.08 18:01
Guten Tag liebe Leserinnen und Leser,

das jährlich erscheinende Schwarzbuch Börse der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ist mit seiner Revue der Absonderlichkeiten des Finanzmarktes mittlerweile eine Kultpublikation. So ist dort z.B. zu lesen, dass der Vorstand der Juragent AG auf der Hauptversammlung „Kaugummi kauend am Pult lümmelte“ und dabei nicht schlüssig erklären wollte, warum das Unternehmen 1 Mio. Euro Kaution hinterlegt hatte, um für seinen Aufsichtsrat Haftverschonung zu erreichen....

Das Schwarzbuch ist aber auch die mir einzig bekannte Publikation, die immer wieder auf die vielen Missstände im Derivate-Markt hinweist, den es in dieser Form alleine in Deutschland gibt. Zur Unterscheidung: Es geht nicht um die Terminbörsen, die seit Jahrhunderten von fundamentaler Bedeutung für unser Wirtschaftsleben sind, weil nur Absicherungsinstrumente wie Optionen & Futures, Produzenten und Händlern eine gesicherte Preiskalkulation erlauben. Die Produkte einer wirklichen Terminbörse sind stets standardisierte Kontrakte, in denen jeder Marktteilnehmer Long oder Short gehen kann, also die Möglichkeit hat, auch als Emittent (im Fachjargon Stillhalter) aufzutreten. Und das ist der entscheidende Punkt:

Da zu jedem Zeitpunkt auf beiden Seiten des Marktes agiert werden kann, führen rechnerische Überbewertungen eines Derivates sofort zu Gegengeschäften (Arbitrage), weshalb an einer Terminbörse wie z.B. der Eurex immer faire Preise gegeben sind. Das ist am deutschen Zertifikatemarkt indes völlig anders, da hier die Preisfeststellung alleine dem Diktat der Emittenten unterliegt. Die SdK vergleicht dieses Monopol mit Aktiengesellschaften, die nicht nur die Höhe ihres Grundkapitals selbst bestimmen könnten, sondern auch ihren eigenen Börsenkurs...

Da es keinen Wettbewerb gibt, befindet sich der Emittent nach der Herausgabe eines Zertifikats in einer permanenten Interessen-Kollision mit seinen Kunden und es ist klar, wer hier stets den Kürzeren zieht. Im normalen Tagesgeschäft sowieso und es wird auch in Zukunft immer wieder passieren, dass - wie zuletzt im Januar-Crash - in turbulenten Phasen einfach keine Kurse gestellt werden, was Emittenten dann mit technischen Problemen begründen. Die SdK prangert daneben die unsägliche Mistrade-Regelung an (die Rückabwicklung von Transaktionen auf Veranlassung des Emittenten), die vielen versteckten Derivate-Kosten und die laxe Gesetzeslage, denn rein theoretisch können Emissionshäuser Produkte verkaufen, die von Anfang an wertlos sind. Folglich:

In der boerse.de-Datenbank finden Sie alleine von der Euwax heute etwa 106.000 Optionsscheine, 36.000 Knock- Out-Produkte sowie 160.000 Anlagezertifikate und jede Woche kommen tausende dazu. Das zeugt von einer Manie, denn mindestens 90% davon braucht kein Mensch! Denken Sie logisch: Die Basis Ihres Vermögensaufbaus können nur langfristige Investments in den besten Aktien der Welt sein. Mit - je nach persönlicher Risikoneigung - 5 bis maximal 20% Ihres Depots sollten Sie alleine schon unter Absicherungsaspekten daneben Börsentrends hebeln - aber nur und ausschließlich in Instrumenten, deren Preisfindung Sie ohne großen Aufwand nachvollziehen können - also allen Eurex-Produkten, klassischen Optionsscheinen und einfachen Index-Zertifikaten. Alles andere brauchen Sie nicht.

Mit bester Empfehlung
Ihr

Thomas Müller
Herausgeber
boerse.de-Aktienbrief

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Thomas Müller ist seit Anfang der 1980er-Jahre Herzblut-Börsianer, seit 1987 Verleger von Börseninformationen, begeisterter Entwickler von Anlagestrategien, Autor,...

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