Ich wünsche mir sehnlichst eine Rückkehr zu einem weitgehend normalisierten Leben. Je eher dies geschieht, umso geringer sind die wirtschaftlichen, seelischen und körperlichen Schäden und Verwerfungen, wie sie momentan um sich greifen. Sind all die freiheitsberaubenden Maßnahmen nötig im Vergleich mit den Todesquoten bei früheren schweren Grippewellen? Ich bin gespannt, wie eine abschließende Bilanz und Analyse, sofern aufrichtig und ungeschönt, aussehen wird.
Doch nun zu den zuletzt gestellten Fragen
Nachdem Ihre Vorträge, Uni-Vorlesungen in Berlin und VHS-Kurse wegen der Corona-Pandemie für die nächsten Monate abgesagt wurden: Wie gehen Sie in Ihrem Alter mit dem aktuellen Notstand um? Meiden Sie jeglichen Kontakt und gehen nicht mehr vor die Haustür? Treiben Sie dafür Sport im eigenen Fitnessraum?
Ich handle insofern verantwortungsbewusst, indem ich Berührungen vermeide, mir mehrmals täglich die Hände wasche und Abstand halte auch bei Privatunterricht und Besuch meiner beiden Kinder. Aber keineswegs meide ich Kontakte oder lasse mir Konsumgüter ins Haus liefern. Ich laufe zu Fuß die zwei Kilometer zum Einkaufen oder Briefkasten und fahre überall dort noch hin, wo TV-Auftritte und andere Aktivitäten noch nicht streng verboten sind. SDR TV kam mit seinem Kamerateam zu mir nach Hause in Ulm. Aber ich hatte schon die Fahrkarte nach Stuttgart gebucht und wäre gern bei der erneuten Livesendung nicht zugeschaltet, sondern lieber im Studio selbst da-bei gewesen. Sport treibe ich im eigenen Fitnessraum – allerdings nicht mehr täglich, weil ich von frühmorgens bis spätabends bis zum Anschlag zu tun habe.
Wie schätzen Sie den Markt und das Geschehen an den Börsen ein? Wird der Börsenhandel womöglich eingestellt?
Die internationalen Börsen, die das Marktgeschehen widerspiegeln, werden auch künftig sehr schwankungsfreudig bleiben und sich vorerst kaum nachhaltig erholen können. Dafür sind die durch das Corona-Virus und die damit verbundenen staatlichen Maßnahmen verursachten Markenverwerfungen mit tiefen Einschnitten in das globale Wirtschaftswachstum viel zu gravierend. So breitet sich auch in Amerika das Corona-Virus immer weiter aus. Und sobald sich das Virus in Afrika mit dem dort herrschenden desolaten Gesund-heitswesen festsetzt und es dort zu prozentual eschreckend hohen Toddesquoten kommt, werden Angst, Furcht, Besorgnis und Panikstarre weiter zunehmen und die Börsenplätze weltweit belasten.
Wie stark dies insgesamt und an bestimmten Börsentagen geschieht, hängt auch von den Einschätzungen internationaler Experten, den Aktivitäten führender Investoren und den Meldungen großer Unternehmen ab. Die Mitteilun-gen der Fed wie auch der EZB spielen eine Rolle, auch das Festhalten oder Aufgeben der sogenannten „schwarzen Null“ seitens der Politik.
Bei DAX & Co. dürfte es zum weiteren Kurseinbruch sogar unter der 8000er-Marke kommen, sobald ein totales Ausgehverbot verhängt würde. Umgekehrt hätten eine Lockerung der starken Einschränkungen bezüglich persönlicher Freiheit positive Auswirkungen auf die Börsenkurse. Vielleicht stellt sich die Frage. Ist eine Umkehr zur „Herdenimmunität“ denkbar, wie sie in Schweden noch gilt?
FAZIT: Wie am besten auf diesen in solch kurzer Zeit heftigsten Crash seit der Jahrtausendwende reagieren, der den deutschen Leitindex von 13.800 auf 8.200 Euro abstürzen ließ? Alles verkaufen? Oder brav aussitzen? Weiter mit dem Einstieg und Zukauf abwarten und auf noch tiefere Kurseinbrüche spekulieren? Oder Zug um Zug das Marktgeschehen beobachten und die Kursturbulenzen nutzen für Teilverkäufe von Aktien nahe dem Jahreshoch und Zukauf zu extrem niedrigen Kursen?
Sich von all seinen Aktien zu trennen, ist sicherlich der größte Fehler, den ein Anleger überhaupt machen kann. Niemand weiß, wie lange der Corona-Crash dauert, ob wir bereits die tiefsten Kurse erlebt haben oder ob es noch weiter abwärts geht. Im Nachhinein, „hätte ich doch“, sieht alles ganz anders aus als im wirklichen Börsenleben.
Natürlich wäre es toll gewesen, zum DAX-Höchststand von fast 13.800 Punkten alles zu verkaufen und bei exakt 8.200 Zählern zuzugreifen. Aber ich kenne niemand, der tatsächlich mit einem solch glücklichen Händchen gehandelt hat. Viel wahrscheinlicher war es, nach dem Crash 2008/2009 mit Tiefstand 3.600 Punkten schon in erneuter Crasherwartung bei 10.000 Punkten sein Depot auszuräumen und sich dann passiv und abwartend jahrelang am Börsenfeldrand aufzuhalten und weiterhin auf noch niedrigere Einstiegskurse zu hoffen.
Das Aussitzen, das Füße still halten ist für alle jene Anleger vertretbar, denen es an Börsenwissen, verfügbarem Geld, Zeit und Lust fehlt, jetzt aktiv zu handeln. Ebenso ist das Aussitzen vernünftig, wenn das gesamte Anlagekapital in passive ETFs und aktiv gemanagte Aktienfonds gesteckt wurde. Durch die breite Streuung bei Index- und Aktienfonds bietet sich außer bei finanziel-ler Notlage und einem generellen Fehlgriff kein Verkauf an. Möglicherweise ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, den Depotbestand durch erstklassige Einzelaktien zu niedrigen Kursen auszubauen.
Wer immer nur abwartet, um noch günstigere Einstiegs- und Zukaufkurse zu nutzen, verpasst möglicherweise dauerhaft die besten Chancen. Wer zu solchem Verhalten neigt, sollte sich kritisch hinterfragen, wie denn sein Verhalten während der schweren Weltwirtschaftskrise 2008/2009 aussah. Wurde damals auch nur zögerlich und zaudernd abgewartet? Die meisten Menschen wiederholen ihre Verhaltensmuster und lernen deshalb auch nur wenig aus gemachten Fehlern. Gäbe es nicht dieses sture Festhalten an wiederkehrenden Verhaltensweisen, würde die Charttechnik nicht funktionieren. Umgekehrt würden mehr gute Vorsätze zum Jahreswechsel befolgt.
Es hat sich bewährt, das Marktgeschehen vor allem im aktuellen Crashszenario genau zu beobachten. Es gilt, die heftigen Kursturbulenzen für Teilverkäufe von Aktien nahe dem Jahreshoch und Zukauf zu extrem niedrigen Kursen zu nutzen.
Freilich verschieben sich die Auswahlkriterien entscheidend. Im Bullenmarkt, wenn die Kurse nach oben springen, gibt es eine Riesenauswahl bei Aktien, die nahe dem Jahreshoch notieren oder sogar einen Allzeitrekord schaffen. Umgekehrt halten sich günstige Zukaufmöglichkeiten dann in Grenzen. Jetzt würde ich gern mindestens 50 preiswerte Aktien bei einer Auswahl von über tausend Titeln zukaufen. Aber ich finde nur wenige Aktien, die nahe dem Jahres- oder sogar Allzeithoch notieren. Dies gilt beispielsweise für die Drägerwerke und für Stratec. Ebenso trifft dies zu durch die Übernahmeangebote für ISRA Vision, RIB Software und Qiagen.
Orientieren Sie sich am Verhalten eines fachkundigen Gärtners, der genau zur richtigen Zeit säen und pflanzen, hacken, düngen und bewässern muss, um eine reichhaltige Ernte einzufahren. Jetzt befinden wir uns in einer Crash-Bodenphase, die es Schritt für Schritt, Zug um Zug für den klugen Zukauf und Teilverkauf zu nutzen gilt.
Beate Sander ist Bestseller-Autorin und hat mittlerweile über 50 Fachbücher zum Thema Börse und Geldanlage veröffentlicht. Der "Aktien- und Börsenführerschein" zählt sogar zu den TOP 10 Wirtschaftsbüchern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.





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