Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
warten auf den Zahlenregen – Es geht wieder los. So lautete am Sonntag die Überschrift zu einer Wall-Street-Wochenvorschau, denn: In den nächsten Wochen sollten die Unternehmensbilanzen im Mittelpunkt stehen. Die Quartalsberichtssaison beginnt, eine willkommene Abwechslung zu den Nachrichten über die europäische Schuldenkrise. Traditionell eröffnet der Aluminiumgigant Alcoa den Zahlenmarathon. Vorsicht! Ob die Börsen die Krisendiskussionen tatsächlich in die zweite Reihe setzen können, möchte ich doch stark bezweifeln. Die Amerikaner, die nach wie vor die wichtigsten Vorgaben für die Weltbörsen liefern, mögen zwar von den europäischen Headlines ermüdet sein, doch werden sie sich mehr denn je ihrer eigenen Krise widmen müssen: Der wachsende Unmut in der Bevölkerung, die sich zunehmend Banken und Kapitalismus kritisch zeigt, darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wer hätte das gedacht – Barrikaden ausgerechnet in der Wall Street, eine Welle von Demos weitet sich auf andere Großstädte aus. Angesichts der Zuspitzung der politischen Lage beiderseits des Atlantiks räumen auch fundamental orientierte Analysten ein: „Wenn plötzlich eine Katastrophe in Europa passiert, orientiert sich wieder alles an den Schlagzeilen und kehrt zurück zu Europa." Die deutlichen Zugewinne der abgelaufenen Woche begründeten sie vor allem mit gestiegenen Hoffnungen darauf, dass die Europäer ihre Schuldenkrise in den Griff bekämen. Jede neue Unsicherheit könnte die Gewinne jedoch mit einem Schlag wieder zunichtemachen.
In befürchte vielmehr, dass wir uns weiter von Tag zu Tag hangeln. Die Quartalsbilanzen der börsennotierten Konzerne werden nach Einschätzung von hiesigen Analysten kaum Investoren an den deutschen Aktienmarkt zurücklocken. Uns so argumentieren Krisen-Optimisten: „Doch könnten in den kommenden Monaten Entscheidungen wie Zinssenkungen in Europa sowie eine EU-weite Rekapitalisierung der Banken die Aktienmärkte inmitten von Gewinnenttäuschungen stabilisieren.“
„Rettung oder Kollaps – jetzt läuft der Countdown“, titelte die angesehene Welt am Sonntag dramatisch. Und die Kollegen bringen es auf den Punkt. Denn inzwischen ist auch dem Letzten klar geworden, dass zwar der „Fall Griechenland“ bald gelöst werden muss, dass es letztlich aber um viel mehr geht. Und der Zusammenbruch einer europäischen Bank bzw. das Scheitern schneller Rettungsversuche angeschlagener Kreditinstitute wären fatal. Dexia, der erste Härtetest, schein ja positiv auszugehe. Jetzt wird es spannend sein zu beobachten, wie die Märkte auf das Ergebnis des Merkel-Sarkozy-Treffens vom Sonntag reagieren und welche Folgeergebnisse es dann auf der europäischen Ebene insgesamt gibt.
Die Entwicklung von Dax & Co. basiert in den kommenden Tagen also weitgehend auf den Rettungsfortschritten (Griechenland) und Stabilisierungsfortschritten (Banken). So gesehen werden sich die Trader unter Ihnen, liebe Anlegerinnen und Anleger, zu neuen Aktivitäten aufgerufen fühlen. Alle anderen warne ich davor, zu früh und damit zu mutig auf Bodenbildung oder gar Erholung der Aktienkurse zu setzen! Mir gefällt das Resümee des Investment-Komitees von Credit Suisse, das mich am vergangenen Freitag erreicht hat; „Wir bleiben taktisch neutral und strategisch positiv.“ Übersetzt heißt dies, bis auf weiteres noch Hände weg von Aktien, langfristig wird es mit ihnen aber wieder aufwärts gehen. Kann kommen, was will: Die Aktie ist und bleibt ein zentraler Eigenkapitalbaustein und damit aus der Unternehmensfinanzierung nicht wegzudenken. Deshalb sollte sie auch für die Anleger ein zentraler Baustein bleiben – langfristig!
Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!
Ihr
Hermann Kutzer
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