Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
Gold weiter kaufen oder nur halten? Ist Silber eine Alternative? Wenn es auf den aktuellen Anlegerveranstaltungen um Rohstoffe als Alternative geht, dann konzentrieren sich die Diskussionen rasch auf die Edelmetalle. Nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Spezialisten kümmert sich in Deutschland auch zum Beispiel um Basismetalle, landwirtschaftliche Produkte und Öl. Und das ist gut so. Denn wie keine andere Anlageklasse sind die Commodities extrem heterogen – es gibt ihn also nicht, den Rohstoffmarkt. Von den anhaltenden Vorwürfen der Marktmanipulation durch große institutionelle Spieler einmal abgesehen, sind auch die „normalen“, auf den physischen Angebots-/Nachfrageverhältnissen basierenden Preisperspektiven nicht ohne weiteres zu erkennen – der Laie ist hier klar überfordert. Hinzu kommt, dass man als privater Anleger oder Spekulant die Besonderheiten der Warenterminmärkte kennen sollte. Natürlich kann man es sich leicht machen und als Einsteiger einfach einen Rohstofffonds zeichnen. Doch ist das naturgemäß alles andere als prickelnd. Ersatzweise bieten sich Rohstoffaktien und Zertifikate an.
Auch und gerade Rohstoffe werden immer wieder von politischen Einflüssen bewegt – man denke nur an „strategische“ Maßnahmen wie Exportquoten oder Produktionsbeschränkungen. Hinzu kommen unkalkulierbare Belastungen der Marktverhältnisse durch Naturkatastrophen. Die Zeit der großen Kartelle (Opec / Rohöl) ist aber vorbei. Dennoch gibt es immer wieder staatliche Versuche, in die Verfügbarkeit von Rohstoffen manipulierend einzugreifen.
Den physischen Handel in Commodities interessieren derzeit weniger Griechenland und Euro-Politik, sondern vielmehr die Auswirkungen der Finanzkrise auf die reale Wirtschaft. Zentrale Fragen sind: Wie nachhaltig ist die Beruhigung der Weltkonjunktur? Steht tatsächlich eine neue Rezession vor der Tür? Welche Rolle spielt Mega-China für Angebot und Nachfrage?
Dazu resümieren die Helaba-Analysten in ihrem jüngsten Rohstoffreport:
„Wir haben es aktuell mit relativ ausbalancierten physischen Märkten zu tun und die Finanzinvestoren sind auf dem Rückzug. Inzwischen nehmen die Hoffnungen auf neuerliche Lockerungsmaßnahmen der Notenbanken zu. Andererseits gilt das Wetterphänomen La Nina als Preisaufwärts-Risiko, China dagegen als eine Preissenkungsrisiko.“
Das Research der Credit Suisse jetzt davon, die Rohstoffmärkte stünden am Scheideweg. Das ist nachvollziehbar. Die letzten Wochen waren äußerst turbulent für die Rohstoffmärkte. Die Zuspitzung der Schuldenkrise in Europa löste eine Verschlechterung der Refinanzierungskonditionen am Interbankenmarkt sowie Besorgnis über eine neue Finanzkrise aus. Zusammen mit einer weiteren Abkühlung des Wirtschaftswachstums hatte dies im September und Anfang Oktober deutlich sinkende Rohstoffpreise zur Folge. Die maßgebenden Rohstoff-Benchmark-Indizes gaben die bis dato in diesem Jahr erzielten Gewinne wieder ab und bewegen sich nun in negativem Terrain.
Jüngst hat sich die Lage etwas verbessert. Die Politik legt den Fokus nun auf die Rekapitalisierung der Banken und eine Erweiterung der EFSF (European Financial Stability Facility) – eine positive Entwicklung. An der Makrofront gab es gute Nachrichten aus den USA und solide Wachstumszahlen aus Asien. Als Folge haben sich die Rohstoffpreise stabilisiert. Das technische Momentum ist an den meisten Märkten nicht mehr negativ sondern neutral. Somit ist das Risiko eines äußerst negativen Szenarios – noch vor einem Monat eine reale Gefahr – deutlich gesunken.
Doch dann warnen die Analysten von Credit Suisse: „Gleichwohl wäre eine insgesamt optimistischere Einschätzung der Rohstoffperspektiven verfrüht. Die Rohstoffmärkte befinden sich u. E. derzeit am Scheideweg. Zwar hat sich das technische Momentum leicht verbessert, aber die charttechnischen
Muster überzeugen insgesamt noch immer nicht. Eine erneute Schwächephase könnte rasch zu einer erneuten Herunterstufung des Momentums führen, und auch die langfristigen Trendratings könnten aufgrund der bereits fragilen Gesamtlage ins Negative drehen.“ Auf der fundamentalen Seite bestehen noch immer zahlreiche Risiken. Während die Märkte die jüngsten politischen Entscheidungen in Europa positiv werten, sind die Probleme keinesfalls endgültig gelöst. Dies zeigt auch die hohe Volatilität. Folglich ist nach Einschätzung der Analysten bei Rohstoffen weiter Vorsicht geboten. Zusammenfassend heißt es:
Wenn Sie Interesse an Rohstoffen haben, dann sollten Sie auch hier konsequent zwischen kurzfristigem, spekulativen Trading und langfristigen Investments unterscheiden. Denn erst dann macht es Sinn, sich mit den einzelnen Gruppen der Warenmärkte auseinander zu setzen. Bedenken Sie dabei auch die Unterschiede in der Preistransparenz: Nicht alle Rohstoffe werden börslich gehandelt. So lässt sich beispielsweise das Geschehen bei den von mir favorisierten Seltenen Erden nicht ohne weiteres verfolgen. Zurück zum Gold: Wer ein bisschen Mut und ein paare Zeit mitbringt, den sollten die in vielen Fällen auch hierzulande notierten nordamerikanischen Minengesellschaften interessieren – die können (können!) langfristig eine höhere Rendite als über die Preissteigerung des Edelmetalls selbst bescheren. Achtung! Beachten Sie bei den „Junior Mines“ insbesondere den Stand des Explorationsfortschritts sowie die Angaben zur Sicherheit der Golderzreserven einer Lagerstätte. Minenaktien waren und bleiben ein höchstinteressantes Segment – eben für fortgeschrittene Anleger.
Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!
Ihr
Hermann Kutzer
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