Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
„Gebannt schauen die Börsianer auch in der kommenden Woche auf die Politik. Im Mittelpunkt stehen dabei Italien und Griechenland. Weder Konjunkturdaten noch Unternehmensergebnisse können dem Markt wohl deutliche Impulse liefern. Ein volatiler Handel ist vorprogrammiert.“ Soweit eine typische Agentur-Zusammenfassung vom Sonntag. Was können Sie damit anfangen? Nichts. Und Analysten sehen sich deshalb derzeit kaum in der Lage, Prognosen für die Entwicklung an den Börsen abzugeben. "Es wird am Markt weiter sehr volatil bleiben, je nachdem wie Italien sich gerade fühlt“, so eine typische Stimme. Weder Konjunkturdaten noch Unternehmensergebnisse können dem Markt in der neuen Woche kraftvolle Anstöße geben. Zum Bedauern der Analysten, denn die tatsächliche Lage ist längst nicht so schlimm wie die Stimmung. Selbst die Quartalsergebnisse der Creme de la Creme der Dax-Konzerne schafften es nicht, den Fokus der Anleger von der Politik auf den tatsächlichen Zustand der Unternehmen zu lenken.
Nur: Kann man sich dann wenigstens nach den aktuellen politischen Nach-richten richten? Auch das funktioniert nicht, wie wir in den vergangenen Tagen erleben konnten. Beispiel Berlusconi. Binnen weniger Stunden veränderte sich die Einschätzung der Rücktrittsankündigung mehrfach – ein Phänomen, das zuvor auch in den wechselden Interpretationen der griechischen Entwicklungen zu beobachten gewesen war. Ein Grund, wenn auch nicht der Einzige, dürfte in der stark uneinheitlichen Darstellung und Kommentierung der Informationen selbst liegen. Ein Anderer ist den nicht erkennbaren, von den täglichen Nachrichten weitgehend unabhängigen Manövern internationaler Trader zu suchen, die sich undurchschaubar der Möglichkeiten des modernen Hochfrequenzhandels bedienen.
Ist damit die Börse zum Spielfeld der Spekulanten geworden? Kurzfristig ja. Wer aber wirklich strategisch-langfristig operiert – früher verstand man darunter 10 Jahre und mehr, heute mindestens 3 bis 5 Jahre –, sollte sich nach wie vor an den fundamentalen Daten orientieren. Und genau das ist derzeit kaum möglich, weil
Sie kennen sicher den Spruch von den drei Volkswirten mit fünf Meinungen. Einig ist man sich noch beim Punkt “globale Abkühlung des Wirtschaftsklimas”. Aber dann geht es doch ziemlich weit auseinander. Schon die Auslegung des Herbstgutachtens der führenden Forschungsinstitute fiel bemerkenswert differenziert aus – dass die Bundesregierung die Aussagen in ein helles Licht rückte, ist keine Überraschung. Bei der Frage, wie stark sich die Weltkonjunktur in den kommenden Monaten und im Jahr 2012 abeschwächen wird, können Sie sich, liebe Anlegerinnen und Anleger, Ihre private Fassung aussuchen – von “Konjunkturdelle, aber kein Absturz” bis hin zur “Gefahr einer tiefen Rezession” wird alles geboten. Dazu passt, dass einerseits die kommende Inflation dramatisch beschrieben wird, andererseits Warnungen vor deflationären Tendenzen formuliert werden. Optimisten setzen unverändert auf stabilisierende Kräfte durch die Schwellenländer, Pessimisten sehen hingegen Bedrohungen durch platzende Blasen in China.
“Geh’n Sie mit der Konjunktur”, war der Titel eines Schlagers des Hazy-Osterwald-Sextetts im Jahr 1961. Nur mit welcher? Unsere Volkswirtschaft steht im internationalen Vergleich geradezu glänzend da. Und sie wird auch besser als andere Länder aus der Krise herauskommen – egal, wie diese ausgeht. Bis dahin kann es für die Dax-Fans noch viele Enttäiuschungen geben – kann. Die Zeit der Aktie wird aber wiederkommen – sicher.
Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!
Ihr
Hermann Kutzer
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