Wenn Sie mich fragen, bei welchem Punktestand wohl der DAX zum Jahresende 2020 notiert, bekommen Sie von mir keine Antwort. Auch ich habe keine Glaskugel. Kurzfristige Prognosen sind zwar wegen ihres Unterhaltungswertes beliebt. Aber die Trefferquote ist sehr niedrig. Ein Affe oder Elefant würde kaum schlechter abschneiden, vielleicht sogar vorn liegen, weil der Zufallsgenerator hier regiert.
Unbestritten ist, dass die derzeitigen Börsenkurse mit deutlichem Aufwärtstrend die wirtschaftliche Lage in Deutschland und weltweit keineswegs wirklichkeitsnah widerspiegeln. Viele Unternehmen sind zahlungsunfähig und befürchten die Pleite oder eine Übernahme zum Schnäppchenpreis. Die Arbeitslosigkeit steigt, das Angebot an Ausbildungsplätzen sinkt. Das Bruttosozialprodukt stürzt auf über 6 %, möglicherweise sogar knapp 10 % ab. Die anstehenden Halbjahresberichte werden in vielen Branchen enttäuschend ausfallen, gespickt mit Gewinnwarnungen und ausgestattet mit Kostensparprogrammen.
Die Corona-Pandemie nähert sich weltweit keineswegs dem Ende. Ein düsteres Bild liefert weiterhin Amerika ab. Es ist auch nicht auszuschließen, dass es im Herbst zu einer zweiten Infektionswelle auch in Europa kommt. Schließlich wird immer weniger auf Abstand halten und Körperkontakt vermeiden geachtet.
Software, Halbleiter, Digitalisierung und Vernetzung, Künstliche Intelligenz mit Robotik und vor allem Biotechnologie und Medizintechnik präsentieren immer häufiger Jahres- und Allzeithochs. Growth schlägt derzeit Value um Längen. Aber warum steigen nicht nur in den Wachstumsbranchen, sondern auch ganz allgemein die Aktienkurse trotz mannigfacher Umsatz- und Ertragseinbußen? Die Börse bildet kaum die Gegenwart, sondern vorwiegend die erwartete Zukunft ab. Und es scheint ausgemacht, dass nach dem scharfen konjunkturellen Einbruch eine ebenso rasche Erholung erfolgt, gern dargestellt mit dem Buchstabensymbol V. Vielleicht auch ein W bei erneutem Aufflackern der Corona-Pandemie und zu langem Warten auf wirksame Arznei und Impfstoffe.
Doch wenden wir uns nun dem DAX zu mit seinem äußerst spannenden Auf und Ab in den Zeiten der Corona-Pandemie. – Von Langeweile und Behäbigkeit in diesem ersten Halbjahres 2020 absolut keine Spur!
Wohl noch in keiner Zeitspanne war beim deutschen Leitindex in einem halben Jahr so viel los wie von Januar bis Ende Juni 2020. Im Februar gab es zunächst ein neues Allzeithoch mit fast 13.800 Punkten. Kurze Zeit später sorgte das Corona-Virus zunächst in China, bald aber weltweit für Angst und Schrecken. Im März 2020 knallte der DAX als Folge der Corona-Covid-19-Pandemie auf 8.200 Punkte ab, das größte Minus binnen weniger Wochen in diesem Jahrtausend.
Doch damit nicht genug! Der einst so stolze Kranich, Gründungsmitglied Lufthansa, musste wegen Flugverboten und akuter Insolvenzgefahr den DAX verlassen und das Feld für den bisherigen MDAX-Konzern Deutsche Wohnen räumen. Und bevor sich die Gemüter beruhigen konnten, stürzte der DAX- und TecDAX-Konzern Wirecard wegen massiver Betrugsbeschuldigungen in Verbindung mit 1,9 Milliarden verschwundenem, vermutlich gar nicht existentem Geld um 97 % ab – quasi Totalverlust. Noch nie gab es so etwas beim DAX.
Und während sich die vielen kleinen und großen Anleger die Wunden lecken, schreitet das Zerschlagungsszenario beim Online-Finanzdienstleister Wirecard fort. Der Rauswurf aus dem DAX ist sicher. Ein Auffangbecken MDAX kann und darf es nicht geben. Ein Schandfleck nicht nur für den DAX, sondern mittlerweile hochverschuldet und unwürdig zur Zockerbörse verkommen. Da ist nur zu wünschen und zu hoffen, dass darunter die deutsche Aktienkultur keinen bleibenden Schaden erleidet und der gerade so erfreuliche Trend zu immer mehr Wertpapierdepot-Eröffnungen nach diesem Rücksetzer wieder Fahrt aufnimmt. Für Vermögensaufbau und Altersvorsorge bieten Börsenkrisen gute Einstiegschancen.
Jetzt ein Blick auf interessante Entwicklungen, Daten und Zahlen im ersten Halbjahr 2020. Beginnend mit den Dividendenstars, die sich nicht zur Streichung und Kürzung hinreißen ließen. Schließlich wird in den DAX vor allem wegen der Ausschüttungen investiert. Ohne Dividenden bewegte sich der deutsche Leitindex in 30 Jahren kaum von der Stelle.
Danach folgt ein Blick beim DAX auf acht Unternehmen Top und Flop sowie die Entwicklung deutscher Indizes mit dem aktuellen 52-Wochen-Hoch/Tief.
Je stärker ein Kurseinbruch, umso höher ist prozentual die ungekürzte Dividendenrendite. Stürzt eine Aktie um die Hälfte ab, verdoppelt sich die Rendite. Die aufgeführten Dividenden-Aristokraten sind trotz der deutlichen Kurserholungen in den letzten Wochen großteils noch zweistellig vom Jahreshoch entfernt.
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