Sehr geehrte Privatanleger,
lassen Sie mich noch einmal auf das Thema Immobilien zurückkommen. Vor kurzem schrieb ich kritisch über die Deutsche Euroshop AG.
Manche Firmen reagieren auf meine kritische und zum Teil pointierte
Berichterstattung mit Anwaltsschreiben und einstweiligen Verfügungen. Die
Deutsche Euroshop AG war klüger. Ich erhielt einen höflichen Anruf des
Investor-Relations-Verantwortlichen Patrick Kiss und eine Einladung zur
vierten Fachkonferenz „Initiative Immobilien-Aktie“, die gestern im
Arabella Sheraton Grand Hotel in Frankfurt stattfand.
Die Einladung war eine Gelegenheit, meine Kenntnisse über den Stand des
deutschen Immobilienmarktes aufzufrischen. Meine grundlegende Meinung kennen
Sie: mit 50% des Privatvermögens steckt zuviel Geld der Deutschen in
Immobilien. Da konnte mich auch die ansonsten sehr interessante und
aufschlussreiche Rede von Klaus Droste, Managing Director der Deutschen
Bank, nicht vom Gegenteil überzeugen. Für den Wohnungsmarkt und die meisten
anderen Immobilien sehe ich in den nächsten Jahren kaum Perspektiven,
sondern eher Risiken. Viele Immobilienunternehmen treiben mit dem Wunsch
nach Sachwerten immer noch Schindluder und drücken diese den Privatanlegern
auf. Ich wäre zum Beispiel bei Unternehmen wie der Vivacon AG „Wir machen
Eingentümer“, die auch auf der Konferenz vertreten waren, sehr vorsichtig.
Wohnimmobilien zu einem teuren Preis an Privatanleger zu verkaufen oder zu
vermieten, kann in der jetzigen Situation nicht gut für die Masse der
Privatanleger sein.
In Amerika haben die REITs (Real Estate Investment Trusts) seit 1990 eine
glänzende Erfolgsgeschichte geschrieben. REITs sind börsennotierte operative
Immobiliengesellschaften, die sich meistens auf ein Segment (Wohn-,
Gewerbe-, Büro-, Handelsflächen) spezialisiert haben. In Deutschland ist das
meiste Geld in den Händen geschlossener und offener Fonds, die oftmals vor
allem aus Steuervorteilen ihren Nutzen ziehen. Immobilienaktien (eben die
REITs) sollen Transparenz am Kapitalmarkt schaffen und das Management
kontrollierbarer machen. Auch für Deutschland wären Immobilienaktien
prinzipiell eine gute Entwicklung. Immobilienaktien würden nicht mehr
aufgrund der steuerlichen Vorteile gekauft, sondern aufgrund des laufenden
Ertrags.
Vorab: mein Urteil über die generellen Aussichten des Immobilienmarktes in
Deutschland und die Eignung der meisten Immobilienaktien und –fonds für
Privatanleger haben sich bestätigt, mein Urteil über die Deutsche Euroshop
AG habe ich revidiert. Wenn Sie ein wertstabiles Immobilieninvestment
suchen, das handelbar ist und 5% und mehr Dividendenrendite ausschüttet,
käme die Deutsche Euroshop AG prinzipiell in Frage.
Die Deutsche Euroshop besitzt 14 Shopping-Center in Europa (schwerpunktmäßig
in Deutschland) und ist erst 2001 tätig geworden. Büroflächen sind nur in
Ausnahmefällen dabei, wenn es die Bauauflagen erfordern. In der Holding, die
immerhin eine Bilanzsumme von 1 Milliarde € aufweist, arbeiten 5
Mitarbeiter. Die Center werden von der ECE Projektmanagement GmbH verwaltet,
die seit mehreren Jahrzehnten als Dienstleister auf diesem Gebiet tätig ist.
Im Hinblick auf den Langfristgedanken vereint die DES einige Prinzipien von
Warren Buffett und Sam Walton. Die Langfristigkeit und Stabilität der
Investments steht im Vordergrund. Die DES investiert nur dann in ein Center,
wenn dieses bereits projektiert und zu hohen Teilen vermietet wird. Damit
umgeht man das lukrative, aber auch riskante Projektentwicklungsgeschäft.
Die ECE Projektmanagement erhält eine Umsatzbeteiligung von 8% der Mieten
für das komplette Betreiben der Center. Die Eigenkapitalquote des
Unternehmens beträgt hervorragende 53% und soll bis auf maximal 45% sinken.
Auch dies signalisiert, dass man es mit dem langfristigen Betreiben der
Center ernst meint und die Aktie nicht als ein Vehikel sieht, schnell Geld
vom Kapitalmarkt einzusammeln und dann zu verschwinden.
Die Center der DES sind im Mittelstädten und dort in den Innenstädten
angesiedelt. Es wird nur in große Einheiten investiert. Die Zerstörung der
traditionellen Einzelhandelsstruktur und die Ansiedlung in Shopping Centern
mag man sozialpolitisch bedenklich finden, aber ich bin der Auffassung, dass
sich dieser Trend fortsetzen wird. Der Standort „mittelgroße Stadt“ hat den
Vorteil, dass sich ein zweites Center ansiedeln wird, wenn es bereits eins gibt.
Ansonsten würde ein ruinöser Wettbewerb entstehen, der keinem Center nützt
(Prinzip Wal Mart). Damit folge ich der Argumentation des Managements, dass
sich die DES weitgehend vom insgesamt eher kritisch zu beurteilenden
Immobilienmarkt abkoppeln kann. Die Vermietungsstände der Center (insgesamt
99%) bestätigen dies.
Die DES schüttet ihren freien Cash-Flow aus. Dieser Cash-Flow wird nach
meiner Auffassung stabil bleiben und führt zu einer Dividendenrendite von
5%-6%. Die Hamburger Unternehmerfamilie Otto (Otto-Versand) ist mit 20% an
der DES beteiligt und hat ebenfalls Interesse an einer kontinuierlichen
Ausschüttung – ein gutes Zeichen. Ich glaube schon, dass das Management
5%-10% Wertsteigerung p.a. für die Aktie schaffen kann. Das wurde zu einer
jährlichen Rendite von 10%-16% auf das Investment führen.
Wo liegen die Risiken?
1. Ein wichtiges Kriterium von Warren Buffett ist bei der DES nicht erfüllt.
Das Geschäft ist nicht ohne weiteres multiplizierbar, denn der Erfolg der
DES hängt vom Vorhandensein günstiger Investitionsmöglichkeiten ab – und die
sind knapp. Im Zweifelsfalle wächst DES also nur sehr langsam. Als Investor
muss ich Vertrauen haben, dass die DES nicht um jeden Preis wachsen will und
sich dann vielleicht ungünstig einkauft. Lieber kleiner und mit einer guten
Rendite, als größer und Rendite im Eimer. Ein Gespräch mit Claus-Matthias
Böge, dem Sprecher des Vorstands, die hohe Eigenkapitalquote der DES und das
Engagement der Familie Otto sind Zeichen, dass man es mit dem
Langfristgedanken ernst meint.
2. Die ECE Projektmanagement GmbH, welche die Center operativ betreibt,
gehört der Familie Otto. Hier muss sich der Investor darauf verlassen, dass
die Beziehung zwischen der deutschen Euroshop und der ECE „at arm’s length"
und die Preisgestaltung zu Marktkonditionen erfolgt. Ich kann nicht
beurteilen, ob die Umsatzbeteiligung von 8%, welche die ECE erhält,
marktüblich ist, aber die Umsatzbeteiligung schafft zumindest in einem Punkt
Interessenidentität zwischen Centereigentümer (DES) und Manager (ECE): beide
wollen den maximalen Umsatz.
3. Die DES kann bei der jetzigen Bilanzstruktur nur durch eine
Kapitalerhöhung wachsen. Eine wichtige Frage ist, ob die Großaktionäre die
Kapitalerhöhung für einen Exit nutzen (also ihre Anteile verwässern und so
Kapital aus dem Unternehmen abziehen) oder die Erhöhung mitzeichnen. Böge
sprach davon, dass es eher Interesse bei der Familie Otto gebe, die Anteile
zu erhöhen, was aber wieder für die DES nicht optimal wäre (denn wenn die
Familie über eine Sperrminorität hinauskäme, wäre ihr Status als
Finanzinvestor wirklich in Frage zu stellen).
Fazit: wenn Sie ein Investment suchen, das kontinuierlich 5%-6% ausschüttet
und vielleicht dieselbe Rendite zusätzlich als Wertsteigerung der Aktie
erreicht, kann ich die DES empfehlen. Lassen Sie weiter die Finger von den
meisten Wohnimmobilien und den breit gestreuten Immobilienfonds: damit
werden Sie Geld verlieren.
Zu guter Letzt: ich konnte mir nie vorstellen, warum die amerikanischen
Private-Equity-Gesellschaften derzeit so viele Wohnungsbestände einkaufen
und konnte mich des Eindrucks nicht entziehen, dass diese Gesellschaften
alle auf die Nase fallen werden. Böge sah dies genauso. Viel Spaß! Ich würde
auf keinen Fall mehr in mittelgute bis schlechte Wohnimmobilien investieren,
auch nicht zu einem scheinbar günstigen Preis.
Erfolgreiche Investments wünscht Ihnen
Ihr
Prof. Dr. Max Otte
www.privatinvestor.de
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