Immobilienaktien?

Freitag, 22.10.04 11:36

Sehr geehrte Privatanleger,

lassen Sie mich noch einmal auf das Thema Immobilien zurückkommen. Vor kurzem schrieb ich kritisch über die Deutsche Euroshop AG. Manche Firmen reagieren auf meine kritische und zum Teil pointierte Berichterstattung mit Anwaltsschreiben und einstweiligen Verfügungen. Die Deutsche Euroshop AG war klüger. Ich erhielt einen höflichen Anruf des Investor-Relations-Verantwortlichen Patrick Kiss und eine Einladung zur vierten Fachkonferenz „Initiative Immobilien-Aktie“, die gestern im Arabella Sheraton Grand Hotel in Frankfurt stattfand.

Die Einladung war eine Gelegenheit, meine Kenntnisse über den Stand des deutschen Immobilienmarktes aufzufrischen. Meine grundlegende Meinung kennen Sie: mit 50% des Privatvermögens steckt zuviel Geld der Deutschen in Immobilien. Da konnte mich auch die ansonsten sehr interessante und aufschlussreiche Rede von Klaus Droste, Managing Director der Deutschen Bank, nicht vom Gegenteil überzeugen. Für den Wohnungsmarkt und die meisten anderen Immobilien sehe ich in den nächsten Jahren kaum Perspektiven, sondern eher Risiken. Viele Immobilienunternehmen treiben mit dem Wunsch nach Sachwerten immer noch Schindluder und drücken diese den Privatanlegern auf. Ich wäre zum Beispiel bei Unternehmen wie der Vivacon AG „Wir machen Eingentümer“, die auch auf der Konferenz vertreten waren, sehr vorsichtig. Wohnimmobilien zu einem teuren Preis an Privatanleger zu verkaufen oder zu vermieten, kann in der jetzigen Situation nicht gut für die Masse der Privatanleger sein.

In Amerika haben die REITs (Real Estate Investment Trusts) seit 1990 eine glänzende Erfolgsgeschichte geschrieben. REITs sind börsennotierte operative Immobiliengesellschaften, die sich meistens auf ein Segment (Wohn-, Gewerbe-, Büro-, Handelsflächen) spezialisiert haben. In Deutschland ist das meiste Geld in den Händen geschlossener und offener Fonds, die oftmals vor allem aus Steuervorteilen ihren Nutzen ziehen. Immobilienaktien (eben die REITs) sollen Transparenz am Kapitalmarkt schaffen und das Management kontrollierbarer machen. Auch für Deutschland wären Immobilienaktien prinzipiell eine gute Entwicklung. Immobilienaktien würden nicht mehr aufgrund der steuerlichen Vorteile gekauft, sondern aufgrund des laufenden Ertrags.

Vorab: mein Urteil über die generellen Aussichten des Immobilienmarktes in Deutschland und die Eignung der meisten Immobilienaktien und –fonds für Privatanleger haben sich bestätigt, mein Urteil über die Deutsche Euroshop AG habe ich revidiert. Wenn Sie ein wertstabiles Immobilieninvestment suchen, das handelbar ist und 5% und mehr Dividendenrendite ausschüttet, käme die Deutsche Euroshop AG prinzipiell in Frage.

Die Deutsche Euroshop besitzt 14 Shopping-Center in Europa (schwerpunktmäßig in Deutschland) und ist erst 2001 tätig geworden. Büroflächen sind nur in Ausnahmefällen dabei, wenn es die Bauauflagen erfordern. In der Holding, die immerhin eine Bilanzsumme von 1 Milliarde € aufweist, arbeiten 5 Mitarbeiter. Die Center werden von der ECE Projektmanagement GmbH verwaltet, die seit mehreren Jahrzehnten als Dienstleister auf diesem Gebiet tätig ist.

Im Hinblick auf den Langfristgedanken vereint die DES einige Prinzipien von Warren Buffett und Sam Walton. Die Langfristigkeit und Stabilität der Investments steht im Vordergrund. Die DES investiert nur dann in ein Center, wenn dieses bereits projektiert und zu hohen Teilen vermietet wird. Damit umgeht man das lukrative, aber auch riskante Projektentwicklungsgeschäft. Die ECE Projektmanagement erhält eine Umsatzbeteiligung von 8% der Mieten für das komplette Betreiben der Center. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens beträgt hervorragende 53% und soll bis auf maximal 45% sinken. Auch dies signalisiert, dass man es mit dem langfristigen Betreiben der Center ernst meint und die Aktie nicht als ein Vehikel sieht, schnell Geld vom Kapitalmarkt einzusammeln und dann zu verschwinden.

Die Center der DES sind im Mittelstädten und dort in den Innenstädten angesiedelt. Es wird nur in große Einheiten investiert. Die Zerstörung der traditionellen Einzelhandelsstruktur und die Ansiedlung in Shopping Centern mag man sozialpolitisch bedenklich finden, aber ich bin der Auffassung, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Der Standort „mittelgroße Stadt“ hat den Vorteil, dass sich ein zweites Center ansiedeln wird, wenn es bereits eins gibt. Ansonsten würde ein ruinöser Wettbewerb entstehen, der keinem Center nützt (Prinzip Wal Mart). Damit folge ich der Argumentation des Managements, dass sich die DES weitgehend vom insgesamt eher kritisch zu beurteilenden Immobilienmarkt abkoppeln kann. Die Vermietungsstände der Center (insgesamt 99%) bestätigen dies.

Die DES schüttet ihren freien Cash-Flow aus. Dieser Cash-Flow wird nach meiner Auffassung stabil bleiben und führt zu einer Dividendenrendite von 5%-6%. Die Hamburger Unternehmerfamilie Otto (Otto-Versand) ist mit 20% an der DES beteiligt und hat ebenfalls Interesse an einer kontinuierlichen Ausschüttung – ein gutes Zeichen. Ich glaube schon, dass das Management 5%-10% Wertsteigerung p.a. für die Aktie schaffen kann. Das wurde zu einer jährlichen Rendite von 10%-16% auf das Investment führen.

Wo liegen die Risiken?

1. Ein wichtiges Kriterium von Warren Buffett ist bei der DES nicht erfüllt. Das Geschäft ist nicht ohne weiteres multiplizierbar, denn der Erfolg der DES hängt vom Vorhandensein günstiger Investitionsmöglichkeiten ab – und die sind knapp. Im Zweifelsfalle wächst DES also nur sehr langsam. Als Investor muss ich Vertrauen haben, dass die DES nicht um jeden Preis wachsen will und sich dann vielleicht ungünstig einkauft. Lieber kleiner und mit einer guten Rendite, als größer und Rendite im Eimer. Ein Gespräch mit Claus-Matthias Böge, dem Sprecher des Vorstands, die hohe Eigenkapitalquote der DES und das Engagement der Familie Otto sind Zeichen, dass man es mit dem Langfristgedanken ernst meint.

2. Die ECE Projektmanagement GmbH, welche die Center operativ betreibt, gehört der Familie Otto. Hier muss sich der Investor darauf verlassen, dass die Beziehung zwischen der deutschen Euroshop und der ECE „at arm’s length" und die Preisgestaltung zu Marktkonditionen erfolgt. Ich kann nicht beurteilen, ob die Umsatzbeteiligung von 8%, welche die ECE erhält, marktüblich ist, aber die Umsatzbeteiligung schafft zumindest in einem Punkt Interessenidentität zwischen Centereigentümer (DES) und Manager (ECE): beide wollen den maximalen Umsatz.

3. Die DES kann bei der jetzigen Bilanzstruktur nur durch eine Kapitalerhöhung wachsen. Eine wichtige Frage ist, ob die Großaktionäre die Kapitalerhöhung für einen Exit nutzen (also ihre Anteile verwässern und so Kapital aus dem Unternehmen abziehen) oder die Erhöhung mitzeichnen. Böge sprach davon, dass es eher Interesse bei der Familie Otto gebe, die Anteile zu erhöhen, was aber wieder für die DES nicht optimal wäre (denn wenn die Familie über eine Sperrminorität hinauskäme, wäre ihr Status als Finanzinvestor wirklich in Frage zu stellen).

Fazit: wenn Sie ein Investment suchen, das kontinuierlich 5%-6% ausschüttet und vielleicht dieselbe Rendite zusätzlich als Wertsteigerung der Aktie erreicht, kann ich die DES empfehlen. Lassen Sie weiter die Finger von den meisten Wohnimmobilien und den breit gestreuten Immobilienfonds: damit werden Sie Geld verlieren.

Zu guter Letzt: ich konnte mir nie vorstellen, warum die amerikanischen Private-Equity-Gesellschaften derzeit so viele Wohnungsbestände einkaufen und konnte mich des Eindrucks nicht entziehen, dass diese Gesellschaften alle auf die Nase fallen werden. Böge sah dies genauso. Viel Spaß! Ich würde auf keinen Fall mehr in mittelgute bis schlechte Wohnimmobilien investieren, auch nicht zu einem scheinbar günstigen Preis.

Erfolgreiche Investments wünscht Ihnen

Ihr
Prof. Dr. Max Otte

www.privatinvestor.de

Den Titel als Dipl.-Volksw. erhielt Max Otte 1989 durch den erfolgreichen Abschluss des Studiums an der Universität Köln. 1991 erlangte er den Titel Master of Arts in Public Affairs an der...

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