Sehr geehrte Privatanleger,
Anfang März legte die OnVista AG Zahlen vor, die auf den ersten Blick gut
aussehen. Der Aktienkurs, der seit 4 Jahren irgendwo um die 4-6 Euro
dahindümpelt, reagierte mit einem deutlichen Kursplus von ca. 15%. Die Prior
Börse sprach von einem „Internetschnäppchen“. Was ist dran?
Eigentlich wäre der Small Cap OnVista mit insgesamt 43 Mio. €
Marktkapitalisierung zu klein, als dass man sich mit ihm beschäftigen
müsste. Anhand der jüngsten Zahlen und Pressemitteilungen, sowie der
Einstufung durch die Prior Börse lassen sich aber gut einige grundlegende
Sachverhalte erklären.
OnVista ging zum 28.02.2000 zu 22,00 € an die Börse. Die Erstnotiz lag noch
deutlich darüber. Gemessen am Emissionspreis hat die Aktie mittlerweile 70%
eingebüßt, gemessen an der Erstnotiz 90%. In den Folgejahren verbrannte die
OnVista AG viel Geld und musste hohe Abschreibungen vornehmen. Der Umsatz
des Unternehmens sank zwischen 2001 und 2003 von 12,6 auf 10,8 Mio. €, die
Sonderabschreibungen der einzelnen Jahre betrugen 2,77 Mio. €, 2,63 Mio. €
und 3,76 Mio. €. Das sind in den Jahren 2001 und 2002 immerhin mehr als 20%
des Umsatzes, 2003 sogar mehr als 30%. Das Unternehmen hätte also
Nettomargen in dieser Höhe erreichen müssen, nur um ein ausgeglichenes
Ergebnis zu haben.
Diese Entwicklung ist unschön, aber immerhin gibt es das Unternehmen im
Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen des Neuen Marktes noch. Man hat noch
23 Mio. € aus dem Börsengang in der Kriegskasse, auch hier: immerhin! Im
letzten Jahr wurden die Geschäftsfelder Media (Finanz- und Medizinportal)
sowie Technologies (Finanzdaten- und Portallösungen) getrennt und das
Geschäftsfeld Technologies mit der IS Teledata verschmolzen. Damit wird das
Geschäftsfeld Technologies die Kontrolle der Aktionäre entzogen, da dieser
Bereich nur noch als Beteiligung im Jahresabschluss der OnVista AG
bilanziert wird.
Das Management hat die unternehmerischen Chancen, die sich boten, nicht
genutzt. Bis heute ist OnVista eine Geldwechselmaschine, bzw. eine
Sparkasse, die Geld verwaltet. Die Kosten sind ungefähr so hoch wie die
Einnahmen aus der unternehmerischen Tätigkeit. Ein Unternehmen, das Geld
verdient, ist OnVista nicht.
Der Jahresbericht 2004 weist für OnVista nach drei Verlustjahren ein EBIT
(Gewinn vor Zinsen und Steuern) von 0,017 Mio. €, also gerade mal 17.000 €
aus. Da OnVista einen hohen Kassenbestand hat, bezieht das Unternehmen
zusätzlich noch hohe Zinserträge, was zu einem Gesamtergebnis nach Steuern
von 420.000 € führt. Allerdings liegen die Barmittel unproduktiv brach. Das
haben sich die Kleinaktionäre sicher so nicht vorgestellt, als Sie die Aktie
des Unternehmens im Jahr 2000 zeichen. Sie hätten ihr Geld auch selber auf
das Festgeldkonto legen können. Für ein Unternehmen mit 7 Mio. € Umsatz sind
also 20.000 € Gewinn vor Zinsen und Steuern sehr mager.
In der aktuellen Pressemeldung der OnVista AG heißt es nun „alle Eckdaten
wieder positiv“. Die Umsätze des Geschäftsfeldes Media stiegen immerhin um
53%. Für 2005 prognostiziert OnVista nun einen Umsatzanstieg von ca. 15% und
Anstieg des Ergebnisses um 50%.
Hier profitierte OnVista von zwei Faktoren: nach dem Zusammenbruch des
Börsenbooms zeichnete sich aufgrund der Erholung der Aktienmärkte ab 2003
eine Belebung des Interesses für Aktien ab. Die jenigen Anbieter, die
überlebt hatten, konnten nun einen größeren Teil der Nachfrage auf sich
ziehen. Zum anderen setzt OnVista immer aggressivere Werbebanner und
Direktmarketing-Kampagnen ein. Damit wird das Portal für die Nutzer zwar
„nerviger“, aber Mangels Alternativen nutzen es immer noch viele
Finanzinteressierte, so auch. Gleichzeitig bezahlen die Werbekunden
natürlich mehr für aggressive Banner. Insgesamt ist diese Umsatzsteigerung
aber auf einen Einmaleffekt nach der Stabilisierung der Börsenlandschaft
zurückzuführen. Wesentliche unternehmerische Entscheidungen lassen sich hier
nicht ausmachen.
Vorstandssprecher Fritz Oidtmann sagt hierzu: „Die beiden wichtigsten
strategischen Entscheidungen der letzten zwei Jahre, die Fusion im
Geschäftsfeld Technologies und die Akquisition im Geschäftsfeld Media, haben
unsere Erwartungen voll erfüllt. „Wir haben unsere Marktposition in beiden
Geschäftsfeldern verbessert, unseren Umsatz deutlich gesteigert und
ansehnliche Erträge erwirtschaftet."
Vergessen hat Oidtmann bei den wichtigen strategischen Entscheidungen die
Akquisition der IFVB Institut für Vermögensbildung GmbH im Jahr 2003, die
ich aufgebaut hatte. Während Vorstandsmitglied Schwetje noch auf der
Hauptversammlung 2003 berichtete, dass man dieses Unternehmen aufgrund der
guten Entwicklung übernommen habe und OnVista im Quartalsbericht 1/2003
berichtete, dass die Risiken des Kaufs aufgrund des geringen Fixkostenblocks
sehr gering seien, nahm die OnVista AG schon im Geschäftsbericht 2003 eine
Totalabschreibung auf den Goodwill bei IFVB in Höhe von über 200.000 € vor,
da die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells nicht mehr tragbar sei. Mir ist
bis heute unklar, wie man ein gut funktionierendes Unternehmen innerhalb
eines Jahres so herunterwirtschaften kann.
Auch der Erfolg der Akquisition
www.medicine-worldwide.de
, die in
www.onmeda.de
umbenannt werden soll, bleibt abzuwarten. OnVista gibt hierzu
keine Zahlen heraus und möchte in 2-3 Jahren im Breakeven sein. Ich kann mir
dies aufgrund des Negativbeispiels IFVB GmbH nicht vorstellen. IFVB GmbH gab
OnVista die Chance, sich als Privatanlegerorientiertes Finanz-portal
aufzustellen und sich Ihnen, den Privatanlegern zu verpflichten. Stattdessen
hat das Management seine Abhängigkeit von Werbekunden und der sehr
wechselhaften Werbebranche erhöht.
Das kann kein gutes Vorzeichen für dauerhaftes Wachstum sein. Und
unternehmerisch gedacht ist es auch nicht.
Erfolgreiche Investments wünscht Ihnen
Prof. Dr. Max Otte
www.privatinvestor.de
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