OnVista AG – Chance nicht genutzt

Freitag, 15.04.05 15:53

Sehr geehrte Privatanleger, Anfang März legte die OnVista AG Zahlen vor, die auf den ersten Blick gut aussehen. Der Aktienkurs, der seit 4 Jahren irgendwo um die 4-6 Euro dahindümpelt, reagierte mit einem deutlichen Kursplus von ca. 15%. Die Prior Börse sprach von einem „Internetschnäppchen“. Was ist dran?

Eigentlich wäre der Small Cap OnVista mit insgesamt 43 Mio. € Marktkapitalisierung zu klein, als dass man sich mit ihm beschäftigen müsste. Anhand der jüngsten Zahlen und Pressemitteilungen, sowie der Einstufung durch die Prior Börse lassen sich aber gut einige grundlegende Sachverhalte erklären.

OnVista ging zum 28.02.2000 zu 22,00 € an die Börse. Die Erstnotiz lag noch deutlich darüber. Gemessen am Emissionspreis hat die Aktie mittlerweile 70% eingebüßt, gemessen an der Erstnotiz 90%. In den Folgejahren verbrannte die OnVista AG viel Geld und musste hohe Abschreibungen vornehmen. Der Umsatz des Unternehmens sank zwischen 2001 und 2003 von 12,6 auf 10,8 Mio. €, die Sonderabschreibungen der einzelnen Jahre betrugen 2,77 Mio. €, 2,63 Mio. € und 3,76 Mio. €. Das sind in den Jahren 2001 und 2002 immerhin mehr als 20% des Umsatzes, 2003 sogar mehr als 30%. Das Unternehmen hätte also Nettomargen in dieser Höhe erreichen müssen, nur um ein ausgeglichenes Ergebnis zu haben.

Diese Entwicklung ist unschön, aber immerhin gibt es das Unternehmen im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen des Neuen Marktes noch. Man hat noch 23 Mio. € aus dem Börsengang in der Kriegskasse, auch hier: immerhin! Im letzten Jahr wurden die Geschäftsfelder Media (Finanz- und Medizinportal) sowie Technologies (Finanzdaten- und Portallösungen) getrennt und das Geschäftsfeld Technologies mit der IS Teledata verschmolzen. Damit wird das Geschäftsfeld Technologies die Kontrolle der Aktionäre entzogen, da dieser Bereich nur noch als Beteiligung im Jahresabschluss der OnVista AG bilanziert wird.

Das Management hat die unternehmerischen Chancen, die sich boten, nicht genutzt. Bis heute ist OnVista eine Geldwechselmaschine, bzw. eine Sparkasse, die Geld verwaltet. Die Kosten sind ungefähr so hoch wie die Einnahmen aus der unternehmerischen Tätigkeit. Ein Unternehmen, das Geld verdient, ist OnVista nicht.

Der Jahresbericht 2004 weist für OnVista nach drei Verlustjahren ein EBIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern) von 0,017 Mio. €, also gerade mal 17.000 € aus. Da OnVista einen hohen Kassenbestand hat, bezieht das Unternehmen zusätzlich noch hohe Zinserträge, was zu einem Gesamtergebnis nach Steuern von 420.000 € führt. Allerdings liegen die Barmittel unproduktiv brach. Das haben sich die Kleinaktionäre sicher so nicht vorgestellt, als Sie die Aktie des Unternehmens im Jahr 2000 zeichen. Sie hätten ihr Geld auch selber auf das Festgeldkonto legen können. Für ein Unternehmen mit 7 Mio. € Umsatz sind also 20.000 € Gewinn vor Zinsen und Steuern sehr mager.

In der aktuellen Pressemeldung der OnVista AG heißt es nun „alle Eckdaten wieder positiv“. Die Umsätze des Geschäftsfeldes Media stiegen immerhin um 53%. Für 2005 prognostiziert OnVista nun einen Umsatzanstieg von ca. 15% und Anstieg des Ergebnisses um 50%.

Hier profitierte OnVista von zwei Faktoren: nach dem Zusammenbruch des Börsenbooms zeichnete sich aufgrund der Erholung der Aktienmärkte ab 2003 eine Belebung des Interesses für Aktien ab. Die jenigen Anbieter, die überlebt hatten, konnten nun einen größeren Teil der Nachfrage auf sich ziehen. Zum anderen setzt OnVista immer aggressivere Werbebanner und Direktmarketing-Kampagnen ein. Damit wird das Portal für die Nutzer zwar „nerviger“, aber Mangels Alternativen nutzen es immer noch viele Finanzinteressierte, so auch. Gleichzeitig bezahlen die Werbekunden natürlich mehr für aggressive Banner. Insgesamt ist diese Umsatzsteigerung aber auf einen Einmaleffekt nach der Stabilisierung der Börsenlandschaft zurückzuführen. Wesentliche unternehmerische Entscheidungen lassen sich hier nicht ausmachen.

Vorstandssprecher Fritz Oidtmann sagt hierzu: „Die beiden wichtigsten strategischen Entscheidungen der letzten zwei Jahre, die Fusion im Geschäftsfeld Technologies und die Akquisition im Geschäftsfeld Media, haben unsere Erwartungen voll erfüllt. „Wir haben unsere Marktposition in beiden Geschäftsfeldern verbessert, unseren Umsatz deutlich gesteigert und ansehnliche Erträge erwirtschaftet."

Vergessen hat Oidtmann bei den wichtigen strategischen Entscheidungen die Akquisition der IFVB Institut für Vermögensbildung GmbH im Jahr 2003, die ich aufgebaut hatte. Während Vorstandsmitglied Schwetje noch auf der Hauptversammlung 2003 berichtete, dass man dieses Unternehmen aufgrund der guten Entwicklung übernommen habe und OnVista im Quartalsbericht 1/2003 berichtete, dass die Risiken des Kaufs aufgrund des geringen Fixkostenblocks sehr gering seien, nahm die OnVista AG schon im Geschäftsbericht 2003 eine Totalabschreibung auf den Goodwill bei IFVB in Höhe von über 200.000 € vor, da die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells nicht mehr tragbar sei. Mir ist bis heute unklar, wie man ein gut funktionierendes Unternehmen innerhalb eines Jahres so herunterwirtschaften kann.

Auch der Erfolg der Akquisition www.medicine-worldwide.de , die in www.onmeda.de umbenannt werden soll, bleibt abzuwarten. OnVista gibt hierzu keine Zahlen heraus und möchte in 2-3 Jahren im Breakeven sein. Ich kann mir dies aufgrund des Negativbeispiels IFVB GmbH nicht vorstellen. IFVB GmbH gab OnVista die Chance, sich als Privatanlegerorientiertes Finanz-portal aufzustellen und sich Ihnen, den Privatanlegern zu verpflichten. Stattdessen hat das Management seine Abhängigkeit von Werbekunden und der sehr wechselhaften Werbebranche erhöht.

Das kann kein gutes Vorzeichen für dauerhaftes Wachstum sein. Und unternehmerisch gedacht ist es auch nicht.

Erfolgreiche Investments wünscht Ihnen

Prof. Dr. Max Otte

www.privatinvestor.de

Den Titel als Dipl.-Volksw. erhielt Max Otte 1989 durch den erfolgreichen Abschluss des Studiums an der Universität Köln. 1991 erlangte er den Titel Master of Arts in Public Affairs an der...


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