Stefan Loipfinger gilt als Deutschlands Top-Experte für geschlossene Anlegerfonds. In einer Branche, die noch weniger transparent ist als der Aktienmarkt, hat sich Loipfinger einen Ruf als wirklich unabhängiger Analyst
erworben. Wie der PRIVATINVESTOR nimmt das FONDSTELEGRAMM von Lopfinger keine Werbung an, um seine Unabhängigkeit zu bewahren. Im Gespräch mit Prof. Dr. Max Otte äußert sich Stefan Loipfinger zur geschlossenen Fondsbranche.
DER PRIVATINVESTOR: Herr Loipfinger, Ihnen ist bekannt, dass wir beim PRIVATINVESTOR vor allem Qualitätsaktien sowie einige Anleihen und offene Basisfonds (z. B. Indexfonds) oder Zertifikate empfehlen, weil wir glauben, dass Kapitalanlagen transparent sein sollten. Warum und wann sollten sich Anleger dennoch für geschlossene Fondsgesellschaften interessieren?
LOIPFINGER: Wann es interessant ist, ist klar vom Gesamtvermögen eines Investors abhängig. Geschlossene Fonds kommen erst dann in Frage, wenn ein Anleger schon Geld in Aktien, Renten und anderen liquiden Anlageformen investiert hat. Anders ausgedrückt muss mindestens schon ein Vermögen von 100.000 Euro vorhanden sein, damit ein geschlossener Fonds in Frage kommt. Warum es interessant ist, liegt zum Einen an den Diversifikationseffekten, die ein Immobilienfonds, eine Schiffsbeteiligung oder ähnliches mit sich
bringt. Zum Anderen sind die Renditechancen von guten geschlossenen Fonds nicht uninteressant.
DER PRIVATINVESTOR: Welche Renditen (vor und nach Steuern) kann man bei seriösen Fonds erwarten?
LOIPFINGER: Das hängt von verschienenen Dingen ab. Entscheidend ist zum Beispiel das Investitionsgut selbst. Schiffe sind riskanter als Immobilien, aber dafür auch chancenreicher. Außerdem ist der Fremdkapitalanteil von großer Bedeutung. Je höher dieser ausfällt, desto größer sind die Chancen
und Risiken (Leverage-Effekt). Aber mal völlig allgemein gesprochen: Ein solide und vernünftig konzipierter geschlossener Fonds kann Renditen von sechs bis acht Prozent nach Steuern erreichen. Nach oben und unten natürlich offen.
DER PRIVATINVESTOR: In Deutschland besteht ja eine Sondersituation, weil relativ viel Anlegerkapital in geschlossenen Fonds gebunden ist. Woran liegt das und wird sich das vielleicht in Zukunft ändern?
LOIPFINGER: Geschlossene Fonds wurden in der Vergangenheit oft zur steuerlichen Optimierung genutzt. Vor allem Spitzensteuerzahler haben aufgrund des hohen Steuerniveaus in Deutschland gerne darauf
zurückgegriffen. Das wird sich aber auch vor dem Hintergrund der aktuell diskutierten Abschaffung von Verlustzuweisungen ändern. Zukünftig sind geschlossene Fonds nur noch mit passiven Steuervorteilen ausgestattet. Das heißt, es können zum Teil steuerfreie Erträge generiert werden, um die
Rendite nach Steuern zu optimieren.
DER PRIVATINVESTOR: Den größten Anteil bei den geschlossenen Fonds machen nach meiner Information nach wie vor Immobilienfonds aus. Wie sehen sie die Perspektiven speziell für diesen Bereich. Wird die mögliche Schaffung von REITs (Real Estate Investment Trusts) die Situation verändern?
LOIPFINGER: Ich glaube REIT's wird es nicht so schnell in Deutschland geben - leider. Das verdanken wir den offenen Immobilienfonds. Für die geschlossenen Immobilienfonds wäre es keine Konkurrenz gewesen, weil die
Vehikel zu unterschiedlich sind. Geschlossene Immobilienfonds sind für vermögendere Anleger eine hervorragende Möglichkeit, gezielt ein Immobilienportfolio zu strukturieren. Bisher wird in diesem Bereich noch viel zu wenig diversifiziert. Folglich sind die Chancen für geschlossene Immobilienfonds, auch vor dem Hintergrund der Abschaffung von Medienfonds und anderen steuerorientierten Konzepten, sehr gut.
DER PRIVATINVESTOR: Ob Medienfonds, Schiffsfonds oder alternative Energien: ein Bereich nach dem anderen wird gepusht. Viele hochgesteckte Erwartungen enden dann in bitteren Enttäuschungen. Gibt es einen der drei oben genannten Bereiche, den Sie bevorzugen würden?
LOIPFINGER: Alternative Energien haben ähnlich wie die Medienfonds bisher wirtschaftlich nur wenig überzeugt. Fast alle Fonds in diesen beiden Segmenten konnten die Prospektversprechen nicht einhalten. Bei den
Schiffsbeteiligungen gibt es auch immer wieder negative Entwicklungen. Diesen stehen aber auch positive Überraschungen gegenüber. Deshalb ist dieses Produkt für mich eine absolute Bereicherung. Aktuell allerdings sind die Preise für Schiffe sehr hoch, was nicht gerade die beste Voraussetzung für ein erfolgreiches Investment ist.
DER PRIVATINVESTOR: Kann man sagen, je glamouröser die Branche, desto mehr
Vorsicht ist geboten?
LOIPFINGER: Das ist durchaus zutreffend. Investitionsentscheidungen sollten immer mit dem Kopf getroffen werden. Anbieter die Glamour verkaufen, wollen nur den Kopf ablenken, was meist auch seine guten Gründe hat.
DER PRIVATINVESTOR: Wie finde ich die guten und seriösen Fonds?
LOIPFINGER: Diese Frage ist einfach zu beantworten: Lesen Sie das Fondstelegramm. Wir analysieren sehr viele Angebote auf diesem Markt und zeigen klar die jeweiligen Stärken und Schwächen auf.
DER PRIVATINVESTOR: Von der Qualität Ihrer Analysen haben wir uns überzeugen können. Lassen Sie mich die Frage anders formulieren: ein relativ einfaches und klares System oder Grundsätze, wie Privatanleger geschlossene Fonds bewerten können, gibt es demnach nicht. Man muss, wenn ich Sie richtig
verstehe, schon jeden Fonds individuell prüfen.
LOIPFINGER: Das ist absolut so. Selbst bei Anbietern, die bisher überzeugen konnten, besteht immer die Gefahr, dass beim aktuellen Angebot nicht die Qualität, sondern der Umsatz im Vordergrund steht. Deshalb ist es zwingend zu empfehlen, den Emissionsprospekt von vorne bis hinten zu lesen. Wer das nicht selbst machen will, muss sich einen verlässlichen Berater suchen, der das für ihn macht. Aber auch da muss ein Anleger darauf achten, dass er einen Berater und nicht einen Verkäufer heranzieht. Bei zweitem besteht immer das Risiko, dass das Produkt mit der höchsten Provision angeboten wird.
DER PRIVATINVESTOR: Herr Loipfinger, wir danken Ihnen für das Gespräch.