Mit Statoil, dem norwegischen Öl- und Gasförderer, stelle ich Ihnen einen vollintegrierten Energiekonzern aus der zweiten Reihe vor. Statoil ist besonders im nord- und osteuropäischen Raum tätig. Wie die meisten Erdölkonzerne hat Statoil dank hoher Ölpreise gute Quartalszahlen vorgelegt.
Norwegen ist neben Russland wichtigster Energielieferant Westeuropas und Deutschlands. Dabei verschiebt sich die Struktur von Öl zu Erdgas. Beim Öl dürfte Norwegen seinen Höchststand erreicht haben. In der Welt liegt Norwegen beim Gasexport an der vierten Stelle. Die größten Kunden Ruhrgas und VNG in Leipzig decken ein Viertel des deutschen Bedarfs. Statoil ASA (WKN 675213) ist der größte norwegische Gas- und Erdölkonzern mit Sitz in Stavanger. Der börsennotierte ehemalige Staatsbetrieb (noch immer befindet sich die Mehrheit der Anteile in staatlicher Hand) beschäftigt rund 20.000 Angestellte (ca. 60% davon in Norwegen) in 29 Ländern und ist damit Norwegens größte Firma. Der Konkurrent von Statoil ist der Energie- und Aluminiumkonzern Norsk Hydro.
1972 wurde auf Beschluss des Storting (dem norwegischen Parlament) Statoil gegründet. Ziel war es, an der Ausbeutung in den 60er-Jahren entdeckten Erdölvorkommen in der Nordsee teilzuhaben und die Basis für eine nationale Ölindustrie (Raffinerien, Petrochemie) zu bilden. 1979 konnte die Förderung aus dem Statfjord-Feld auf dem norwegischen Kontinentalschelf aufgenommen werden. 1985 übernahmen die Norweger das skandinavische Tankstellennetz des Konkurrenten Exxon. Heute ist die Tankstellensparte Statoil Marktführer in mehreren nordeuropäischen Ländern. Seit 1988 fördert der Konzern auch Erdgas. Im Jahr 2001 erfolgte die Teilprivatisierung. 18% der Anteile wurden an die Börse gebracht.
Statoil fördert sein Öl und Gas vor allem vor der norwegischen Küste. Die Reserven belaufen sich auf 4,3 Mrd. Barrel. Weitere Ölfelder sollen angezapft werden. Das Projekt „Kristin“ - es verschlang mehr Geld als geplant – soll noch 2005 seine Produktion aufnehmen. Darüber hinaus sucht der Konzern nach neuen Vorkommen in der Arktis. Hier werden etwa ein Viertel der noch unentdeckten Öl- und Gasreserven der Welt vermutet. Aber auch international wächst Statoil. In den vergangenen Monaten hat das Unternehmen neue Förderlizenzen in Libyen, Nigeria und Brasilien erhalten, mit der algerischen Sonatrach eine engere Zusammenarbeit vereinbart und vor allem im Golf von Mexiko von Exxon Mobil Lizenzen übernommen. Die ausländische Produktion wuchs um 65% und wird immer wichtiger für den Konzern. In der heimischen Produktion wächst die Gasproduktion überproportional. Der Energiekonzern möchte im kommenden Jahr vor Norwegen wie auch außerhalb seines Heimatmarktes jeweils 15 bis 20 neue Quellen bohren.
Statoil vertreibt seine Produkte in 29 Ländern. Die Gesellschaft ist Marktführer beim Verkauf von Benzin und Heizöl in Skandinavien, Irland, Polen und den baltischen Staaten. Vor allen in den osteuropäischen Ländern sind die Aussichten für den Konzern günstig, da diese Länder ein hohes Wachstum ausweisen. Der Gewinn kletterte im Jahr 2004 um 50% auf 24,9 Mrd. NOK, rund 3 Mrd. €. Das Ergebnis je Aktie erhöhte sich entsprechend von 7,32 auf 11,50 NOK. Statoil hat 306,2 Mrd. NOK nach 249,4 Mrd. NOK im Jahr zuvor umgesetzt. Im dritten Quartal 2005 setzte sich der Trend dank des hohen Ölpreises fort. Der Gewinn schnellte von 5,8 Mrd. NOK im Vorjahr um 49% auf 8,7 Mrd. Der Umsatz erhöhte sich von 82,05 auf 105,14 Mrd. NOK. Auch die Förderung konnte gesteigert werden und zwar auf 1,13 Mrd. Barrel Öläquivalente pro Tag (boepd) nach 965 Mio. boepd im Vorjahr. Der Gewinn erhöhte sich in den ersten neun Monaten von 14,9 Mrd. NOK auf 22,2 Mrd. NOK.
Statoil erreicht im Königstest gute 61 Punkte. Die Punktverteilung zwischen Marktposition und Produkte und Unternehmenskennzahlen ist ausgeglichen – 31, bzw. und 30 Punkte.
Marktposition und Produkte: Hier erreichte das Unternehmen 31 Punkte.
Für Massen-Markennahmen wurden 3 Punkte vergeben. Die Marken des Konzerns sind Marktführer in Skandinavien und in den osteuropäischen Ländern. Im Rest der Welt sind die Marken eher unbekannt Herrscher der Branche: Hier wurden 2 Punkte erreicht. Nur in Skandinavien und in Osteuropa kann man vielleicht von einem Herrscher der Branche sprechen. Für Geringwertige Wirtschaftsgüter und Konzentration auf das Kerngeschäft gab es 9 bzw. 8 Punkte. Öl und Gas wird zwar immer teuerer, man kann aber immer noch von geringwertigen Gütern sprechen. Vom steigenden Gas- und Ölpreis profitieren vor allen Dingen die Energiekonzerne, deshalb vergeben wir für das Wachstum 8 Punkte.
Unternehmenskennzahlen: Wir vergeben 30 von 61 Punkten. Bei den Margen werden 3 Punkte vergeben. Bei der Nettomarge konnten wir keinen Punkt vergeben. In der Ölbranche sind die Nettomargen allgemein gering. Statoil befindet sich auf demselben Niveau wie Exxon Mobil und BP. Bei der Bruttomarge wurden 3 Punkte erreicht. Das Gewinnwachstum ist mit 9 Punkten dank der hohen Erdölpreise sehr gut. Die einbehaltenen Gewinne werden mit 10 Punkten bewertet. Bei der Beurteilung des Cashflows vergeben wir 3 Punkte. Beim Eigenkapital werden 5 Punkte angesetzt.
Mit einem aktuellen Kurs von 19,82 € ist Statoil derzeit ca. 10% unterbewertet. Ich rechne mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von knapp 7,75%, einer operativen Cashflow-Marge von 12% und einer Sachinvestitionsquote von knapp 65%. In 10 Jahren sehe ich das KGV bei 11. Ich gehe davon aus, dass Statoil 56% seiner Gewinne einbehalten wird. Für das Energieunternehmen ermittele ich einen Inneren Wert von 175,13 NOK, entsprechend 22,07 €. Zum Kauf empfehle ich die Aktie unter 17,66 €. Unser Modell weist die Aktie als Halteposition aus. Das Unternehmen ist jedoch unterbewertet. Ich sehe den Ölpreis auch in Zukunft auf hohem Niveau. Auf Grund der Osteuropaphantasie sind die Zukunftsaussichten von Statoil glänzend. An schwachen Tagen kann man über einen Kauf nachdenken.
Gute Investments und frohe Weihnachten wünscht,
Ihr
Prof. Dr. Max Otte
www.privatinvestor.de