Strategien für den Sommer

Freitag, 20.05.05 14:25

Sehr geehrte Privatanleger,

das Ende des Monats Mai rückt näher. Damit wird die Devise der alten Börsenregel „Sell in May“ immer dringlicher. Sollten Sie jetzt verkaufen? Und wenn ja, welche Unternehmen?

Am 30.04.2005 habe ich an dieser Stelle die statistische Erfolgswahrscheinlichkeit von Strategien analysiert, die systematisch auf einem Verkauf im Mai und einen Kauf im Herbst setzen. Diese Strategien sind besser als der entsprechende Börsenindex, allerdings nur in ca. zwei Dritteln aller Jahre. Beim DAX hätte diese Strategie in den Jahren 2000, 2001 und 2002 funktioniert, 2003 wäre man sehr schlecht damit gefahren, 2004 hätte es keinen großen Unterschied gemacht. Derzeit kommen sehr unterschiedliche Signale aus der Weltwirtschaft.

1. Die Umlaufrendite der Anleihen ist in Deutschland im letzten Jahr von 4,0% auf 3,2% gefallen. Das ist ein Rückgang von mehr als 20%! Wenn die Zinsen so stark fallen heißt das, dass genug freies Kapital am Markt vorhanden ist und dann die Inflationserwartungen nach wie vor gebremst sind. Zudem stehen nicht genügend attraktive Investitionsmöglichkeiten zur Verfügung.

2. Auch in den USA sind die Marktzinsen zumindest stabil geblieben. (Da tut es auch nichts zur Sache, dass die Zentralbank ihre Zinsen erhöht, denn zunächst einmal muss auf dem Markt eine Übernachfrage nach Kapital bestehen, bevor eine solche Politik wirken kann.)

3. Die Aktien- und Imobilienmärkte sind im Großen und Ganzen fair bewertet. Da tut es auch nichts zu Sache, wenn Hedgefonds jetzt verstärkt in deutsche Immobilien und Aktien einsteigen. Diese Fonds haben zum Teil einen hohen Anlagedruck und müssen Ergebnisse produzieren. Zum Teil „schieben“ sie schon die Objekte untereinander weiter.

4. In den USA steigt die Inflationsrate derzeit an – für einige überraschend, für mich nicht. Diese Tendenz war bei der extremen Auslandsverschuldung und er Verschuldung der Privathaushalte längst überfällig. Die USA sind das einzige Land der Welt, das sich im großen Stil in der eigenen Währung verschulden kann. Auf Dauer muss sich das Land über eine Inflation und den entsprechenden Dollarkursverfall bei seinen Gläubigern – vor allem asiatische und europäische Länder – entschulden.

Insgesamt sind die Aktienmärkte fair bewertet. Angesichts der Signale aus der Weltwirtschaft sind meines Erachtens folgende Schritte erwägenswert:

Die Risiken eines Investments in amerikanischen Aktien steigen allerdings gegenüber einem Investment in europäischen und asiatischen Aktien leicht. Als erste große Investmentbank warten nun die Analysten von JP Morgen mit einem Baisse-Szenario auf und empfehlen, Cash zu halten.

Die KGVs der großen Indizes sind noch nicht sehr hoch und sehen nach einer fairen Bewertung aus. Allerdings macht diese Bewertung nur Sinn, wenn die Unternehmensgewinne weiter wachsen oder stabil bleiben. Nach einem starken Wachstum 2003 – 2004 sollten nun aber die Erholungseffekte der Krise vorbei sein. Für die breiten Indizes sieht es in den nächsten Jahren eher mau aus.

1. Sie können erwägen, das Zwischenhoch des Dollars zu nutzen, um Ihre US-Position zu verringern. Allerdings sollten Sie auf jeden Fall mit Ihren Investments im wichtigsten Markt der Welt präsent bleiben.

2. DAX-Unternehmen haben bei der Gewinndynamik noch einen gewissen Nachholbedarf, so dass solide DAX-Werte (E.ON, Allianz, Telekom, Metro, BASF) nicht die schlechteste Wahl sein dürften. Sie können sich auch an „billigen“ Turnaround-Kandidaten (KarstadtQuelle, VW) versuchen. Bei diesen beiden Unternehmen kaufen Sie sehr billig ein, haben aber das Risiko, dass die Unternehmen auch nicht annähernd wieder zu alter Stärke zurückfinden.

3. Die Sonderkonjunkturen beim MDAX und beim ATX dürften langsam auslaufen; diese Märkte sind bereits jetzt fair bewertet oder leicht überbewertet.

4. Auch viele kleinere solide Werte – CTS Eventim, Hans Einhell, Bijou Brigitte, Fielmann – sind mittlerweile fair bewertet oder schon leicht überbewertet.

5. Der chinesische Markt bietet nach der Euphorie 2003 – 2004 jetzt wieder Einstiegschancen; allerdings kann man diesen Markt nur als Ergänzung sehen.

Insgesamt halte ich es daher für eine gute Strategie, etwas Pulver für den Sommer trocken zu halten und bei Ihren Investments im Herbst sehr genau zu zielen.

Erfolgreiche Investments wünscht Ihnen

Ihr

Prof. Dr. Max Otte

www.privatinvestor.de

Den Titel als Dipl.-Volksw. erhielt Max Otte 1989 durch den erfolgreichen Abschluss des Studiums an der Universität Köln. 1991 erlangte er den Titel Master of Arts in Public Affairs an der...

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