Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
Achtung, Provokation! Die Börse produziert ständig sinnlose Kurse: Wenn der Anleger sie sieht, gelten sie schon nicht mehr – ein Kurs ist nur im Moment seiner Feststellung „richtig“. Beim Rückblick auf die vergangenen Tage kommt mir wieder das Was-wäre-wenn in den Sinn: Was wäre, wenn ein Wesen von einem anderen Stern zur Erde entsandt würde, um hier Börse zu lernen? Vermutlich würde es nach einer Woche aufgeben und zurückreisen. Denn die Kurzfristigkeit der Markttendenzen lässt sich nur noch von Börsianern selbst plausibel interpretieren – ein Außenstehender kann sie nicht mehr nachvollziehen. Ich erwähne hier nur drei kursrelevante Punkte: die Geldpolitik der Fed und die jüngsten Erklärungen dazu, die Bedeutung der Konjunktur für die Börse, die Bewertung von Entwicklungen in China für die Weltwirtschaft.
Ich befürchte, wir werden in den bevorstehenden Wochen und Monaten immer wieder ähnliche Phasen erleben, werden die Finanzmärkte immer wieder Interpretationsprobleme mit Geldpolitik und Konjunkturdaten haben. Das heißt zumindest eines: höhere Volatilität. Das wiederum dürfte nur die eingefleischten Trader erfreuen, frustrierte Privatanleger dagegen abschrecken. Dennoch bleibe ich ohne Abstriche bei meiner „bullishen“ Einstellung und empfehle mutigen Aktienfans, sich weiter zu engagieren – konkret: Kurse unterhalb des bisherigen Dax-Hochs sind nach meinem Bauchgefühl Kaufkurse.
Dazu nur ein paar Zitate aus den beiden nur am Rande beachteten Lageberichten von der deutschen Wirtschaft:
• Nach einem schwachen Winterhalbjahr wird sich die deutsche Konjunktur im Verlauf des Jahres 2013 voraussichtlich beleben. Darauf deutet das ifo Geschäftsklima hin, das sich in den vergangenen Monaten auf einem überdurchschnittlichen Niveau stabilisiert hat. Sofern die Eurokrise nicht erneut massiv eskaliert, sind auch die Perspektiven für das kommende Jahr günstig. Im Jahresdurchschnitt 2013 dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt, bei einem Unsicherheitsintervall (2/3 Wahrscheinlichkeit) von 0,0 % bis 1,2 %, um 0,6 % zunehmen. Für 2014 ist ein Zuwachs um 1,9 % zu erwarten.
• GfK-Konsumklima-Studie: Die Stimmung der Verbraucher bleibt auch zum Beginn des Sommers optimistisch. Konjunktur- und Einkommenserwartung legen weiter zu, die Anschaffungsneigung muss auf sehr hohem Niveau geringe Einbußen hinnehmen. Der Optimismus der Verbraucher scheint ungebrochen. Stabile Beschäftigungsverhältnisse und gute Tarifabschlüsse lassen die Einkommensaussichten der Bürger trotz des bereits hohen Niveaus noch einmal steigen.
Und wie fühlen sich die Anleger? Sie sind „beharrlich optimistisch“, wie aus dem wöchentlichen Cognitrend-Stimmungsbericht von der Frankfurter Börse hervorgeht. Denn 8 Prozent der befragten Profis sind seit vergangenem Mittwoch long gegangen, 3 Prozent haben ihre Short-Engagements zugemacht. Das bedeutet einen Stand des Bull/Bear-Index von sehr bullishen 70 Punkten, während der Dax rund 350 Punkte verloren hat und zeitweise auf dem Stand zu Jahresbeginn zurückgefallen war. Die privaten Anleger haben eine ähnliche Bewegung vollzogen, sind allerdings weiterhin auf einem skeptischeren Niveau. Cognitrend-Analyst Gianni Hirschmüller glaubt, dass die Käufe rein preisgetrieben sind und auf die niedrigen Kurse, weniger auf echtem Optimismus und positiveren Erwartungen über die fundamentale Entwicklung beruhen. Dabei ist das Einstiegsniveau gesunken, was die Verkaufsbereitschaft bei der nächsten Erholung erhöhe. Alles in allem sei das keine vielversprechende Gemengelage für den Markt.
Dem möchte ich die aktuelle Langfrist-Aussage der Strategen von ING Investment Management International gegenüber stellen: „Über die nächsten Jahre werden Aktienrenditen die Anleiheerträge wieder deutlich übertreffen.“
Auch Herausgeber Thomas Müller macht in der neuen Ausgabe des „
boerse.de Aktienbrief“ den Mut, den wir brauchen: „Machen Sie sich keine Sorgen um den Fortbestand der langfristigen Aktien-Hausse, aber stellen Sie sich darauf ein, dass es über die Sommermonate keine neuen Rekorde in den großen Indizes geben wird. Mit einer spürbaren Beschleunigung der Rallye ist erst wieder im vierten Quartal zu rechnen.“ Vielleicht geht’s sogar schneller …
Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!
Ihr
Hermann Kutzer
Chefredakteur
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