Zufälle gibt's

Freitag, 01.08.08 17:16
Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

der momentane Spaßfaktor an der Börse hält sich weiterhin in Grenzen, auch weil die vielen großen und kleinen Skandale einfach kein Ende nehmen. Dabei gibt es Zufälle, die gibt’s eigentlich gar nicht. Vor allem, wenn Gier und Unverfrorenheit aufeinander treffen. Aktuell:

Zum Beispiel hatte Merrill Lynch seit langer Zeit Continental auf seiner Empfehlungsliste und dabei laut boerse.de-Datenbank seit Anfang 2007 permanent Kursziele von 120/130 Euro genannt. Daraus wurden im Juli 110 und dann plötzlich 90 Euro (immerhin -18%). Der Hammer war wenige Tage später der plötzliche Dreh zur „underweight“-Empfehlung mit Zielzone 60, die am Kurs natürlich einige Spuren hinterlassen hatte.

Kurz vor der Veröffentlichung war die Aktie auf nur noch 54 weggekracht, was gegenüber 81 Euro von Anfang Juni einen Abschlag von 33% bedeutet hatte. Nachdem der Konzern also binnen 40 Tagen um ein Drittel (!) billiger geworden war, tauchte quasi aus dem Nichts die Schaeffler-Gruppe mit einem Übernahmeangebot auf. Ein solcher Milliarden-Deal benötigt natürlich einige Financiers, die nun - zufälligerweise - genau von Merrill Lynch organisiert werden ...

Dass wir Bankenanalysen - wenn überhaupt - nur als sentimenttechnische Kontra-Indikation nutzen, wissen Sie. Wie „zufällig“ hier aber die Analyseabteilung dem Investmentbanking in die Hände spielt, ist dubios, denn eigentlich sollen hausinterne sog. „chinesische Mauern“ genau das verhindern. Und wenn wir in tiefere Regionen abdriften, wird es sogar noch schlimmer. Konkret:

„Statt wie in den letzten Jahren den ganzen Januar im Büro zu sitzen, um das Schwarzbuch Börse zu schreiben, werde ich im nächsten Jahr Ski fahren gehen, auf einer Hütte ein paar Bier trinken und dann wahrscheinlich irgendwo in den Schnee pissen.“ - So endet die im Internet kursierende Abschieds-Mail des stellvertretenden SdK-Vorsitzenden, der damit den Zustand seiner vollends verlorenen Nerven zum Ausdruck bringt und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanlager zunächst einmal pulverisiert hat. Ich hatte Ihnen in der Vergangenheit an dieser Stelle das Schwarzbuch Börse mehrfach ans Herz gelegt. Dessen Kritik an der gängigen Emittentenpraxis war richtig und die vielen (HV-)Erlebnisse dubioser Aktiengesellschaften - die uns als Anleger aufgrund ihrer Marktenge wirklich überhaupt nicht interessieren - absolut lesenswert. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass Aktivitäten der SdK mit den privaten Orders ihrer (ehemaligen) Offiziellen verquickt waren. So berichtet die Süddeutsche von schnellen 3,3 Mio. Euro, die Ex-Vize sowie Ex-Sprecher der SdK mit der Short-Spekulation auf einen TecDax-Wert verdient haben, der gerade im Kreuzfeuer der SdK steht. Focus-Online titelte: „Mit fieser Masche zum Millionengewinn“ und laut Handelsblatt gibt es rund um die „Aktionärsschützer“ sogar ein hochprofitables Netzwerk, das beim Herauf- und Herunterschreiben von kleinen Titeln immer wieder zusammenarbeiten soll ...

Zufälle gibt’s. BaFin, Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft gibts aber auch ...

Mit bester Empfehlung
Ihr

Thomas Müller
Herausgeber
boerse.de-Aktienbrief

PS: Dies ist das Editorial aus dem boerse.de-Aktienbrief, dem Börsenbrief für die laut Performance-Analyse 100 erfolgreichsten und sichersten Aktien der Welt. Wenn auch Sie Ihr Kapital mit diesen Champions-Aktien im Schnitt alle vier Jahre verdoppeln wollen, lade ich Sie herzlich ein, die aktuelle Aktienbrief-Ausgabe hier kostenlos downzuloaden.

Thomas Müller ist seit Anfang der 1980er-Jahre Herzblut-Börsianer, seit 1987 Verleger von Börseninformationen, begeisterter Entwickler von Anlagestrategien, Autor,...


Alle Kolumnen erhalten Sie ganz bequem im Newsletter boerse.de-Aktien-Ausblick, Deutschlands großem Börsen-Newsletter mit mehr als 100.000 Lesern. Hier kostenfrei anfordern ...

Unsere Mission