Smart Investor Weekly: Leviathan - Gefräßig und populistisch.

Donnerstag, 05.04.12 09:47
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Wie die Politik die Bürger schröpft und auch noch für dumm verkauft.


„Stoppt die Benzinpreis-Abzocke“
Ihr Herz für die Bürger will sie also entdeckt haben, die Politik: Es soll Schluss sein mit der „Benzinpreis-Abzocke“. Eine Idee, die wir zu 100% unterstützen. Betrachten wir doch einmal, wie hier abgezockt wird und vor allem wer hier abzockt. Es stimmt schon, zu Ostern steigen die Preise und soweit hier tatsächlich Absprachen im Spiel sind, was entgegen populistisch oberflächlicher „Analyse“ keineswegs sicher ist, wäre dies selbstverständlich hart zu ahnden. Sehen wir von diesen kurzfristigen Preisschwankungen aber einmal ab, dann kommen wir den eigentlichen Abzockern auf die Spur: In welche Taschen fließt das Geld, das wir an der Tankstelle lassen: Bei einem Kraftstoffpreis von 167,9 Cents pro Liter für das planwirtschaftlich verordnete Benzin der Sorte E10 betragen die unter verschiedensten Titeln erhobenen Steuern und Abgaben insgesamt 92,6 Cents also mehr als 55% des Endpreises. Dabei kommt es zu mancher Merkwürdigkeit: So werden etwa für das angeblich klimafreundlichere E10-Benzin die gleichen 15,3 Cents Ökosteuer fällig, wie für herkömmliches Benzin. Sachliche Begründung? Fehlanzeige. Auch die Bemessung der Mineralölsteuer hat einen fahlen Beigeschmack: Schließlich fällt auch sie in gleicher Höhe an, obwohl es für die 10% Ökoanteil, der gerade nicht mineralischen Ursprungs ist, schlicht an der Bemessungsgrundlage fehlt.

Sachliche Begründung? Wiederum Fehlanzeige. Es bedurfte einer Petition, um die Volksvertreter auf das Offensichtliche aufmerksam zu machen – eine Petition die sich seit bald einem Jahr in der „parlamentarischen Prüfung“ herumdrückt. Erstaunlich, wie rasch dagegen die Prüfung eines weitreichenden Ermächtigungsgesetzes wie des ESM-Vertrags von der Hand zu gehen scheint. Das nur nebenbei. Auf die beiden genannten Steuern und einige weitere im Benzinpreis versteckte Abgaben wird insgesamt noch die Umsatzsteuer draufgeschlagen, so als ob in diesen Steuern irgendein Mehrwert steckte, außer für den Staat, der sie kassiert. Die Steuer auf die Steuer, oder „die Steuer im Quadrat“ eröffnet buchstäblich neue Dimensionen der Besteuerung. Kommt als nächstes die „Steuer im Kubik“? Dass ausgerechnet diese Profiabzocker nun „Haltet den Dieb!“ rufen und auf jene zeigen, die in diesem Prozess als einzige etwas Produktives beitragen, nämlich Benzin herstellen und anbieten, ist eine besonders ekelerregende Form des Populismus.

Dennoch hat Ron Paul mit seiner Aussage „DON’T STEAL – The government hates competition“ („Du sollst nicht stehlen – die Regierung hasst Konkurrenz“) nur teilweise Recht, denn Regierung und „Opposition“ unterscheiden sich auch in dieser Frage nicht. Der Boulevard dagegen liegt auch bei den „Sprit-Abzockern“ so zuverlässig und meilenweit neben der Wahrheit, dass man sich fragt, ob er sich bewusst für die Kampagnen der Politik instrumentalisieren lässt. Eine Münchner Boulevard-Zeitung etwa „entlarvt die Sprit-Abzocker“ und will diese investigative Meisterleistung nicht etwa im Berliner Finanzministerium, sondern an Münchner Tankstellen vollbracht haben. Dabei kann und wird der Verbraucher Tankstellen mit überhöhten Preisen ohnehin meiden, lediglich die auf den Preis aufgeschlagenen Steuern und Abgaben von insgesamt 123%(!) stellen ein Angebot dar, „das man nicht ablehnen kann" – es sei denn man verzichtet gänzlich aufs Tanken.

Ein Herz für „Schlecker“-Frauen
Da wir die staatliche Gier – für heute – ausreichend behandelt haben, widmen wir uns im Folgenden noch ein wenig dem Populismus. Bei diesem Thema stolpert man fast zwangsläufig über die beständig in die Medien drängende Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen. Nach Quoten-Geschwurbel und verbaler Einmischung in die Tarifautonomie gerieten jüngst die „Schlecker“-Frauen in ihr Visier – so als ob die überwiegend weiblichen Angestellten der insolventen Drogeriemarktkette, nicht schon genug Probleme hätten. Transfergesellschaften seien die beste Übergangslösung, so wurde die Ministerin in der Online-Ausgabe der „Welt“ zitiert, denn: „Dort könnten die Frauen erst einmal aufgefangen, gezielt weiterqualifiziert und möglichst schnell an andere Arbeitgeber vermittelt werden.“ Was, so fragt sich der Beobachter, ist dann eigentlich die Aufgabe des Arbeitsamts (Neusprech: Bundesagentur für Arbeit), das mit rund 120.000 Bediensteten nicht nur die größte Behörde des Landes ist, sondern zufälligerweise auch einer gewissen Frau von der Leyen als zuständiger Ministerin nachgeordnet ist? Wahrscheinlich hat Frau von der Leyen in ihrem Redeschwall noch nicht einmal bemerkt, welch ein vernichtendes Zeugnis sie damit sich selbst, ihrer Tätigkeit und ihrer Behörde ausstellt. Wenigstens in der scheintoten FDP regte sich ein kurzer marktwirtschaftlicher Reflex, als sie das Aufmachen neuer Verschiebebahnhöfe („Transfergesellschaften“) ablehnte. Wie sehr dieser Reflex gegen den Zeitgeist steht, zeigen die jüngsten Kalamitäten der allein mit Steuergeldern und „Wünsch-Dir-was“-Preisen hochgezüchteten Solarindustrie, die gerade krachend in sich zusammenfällt. Es war der Steuerzahler, der diese Branche künstlich ins Leben rufen durfte, also musste, sie dann inklusive „Jobwunder“ aufpäppelte und nun offenbar dazu ausersehen ist, auch die Sterbehilfe, vermutlich aber ein auf Dauer angelegtes Siechtum à la Euro zu finanzieren: Rettungsschirm für die Solarindustrie? Ewiger Solarstabilitätsmechanismus (ESSM)? Konsequent ist sie ja, unsere schöne neue Öko-Planwirtschaft.

Neues vom Sterbebett – Tausende „unfreiwillige Amerikaner“
Wie bereits vor zwei Wochen berichtet, wurden zwischenzeitlich Anlegern in griechischen Staatsanleihen zwangsweise 24 neue Papiere in die Depots eingebucht. Wer aufgrund des Irrsinns der Anleiheflut noch nicht verzweifelt ist, ist es zwischenzeitlich eventuell aufgrund einer weiteren unglaublichen Tatsache: Hinter Anlegern, die nicht auf das „Angebot“ der Griechen reagiert haben, vermutet der griechische Staat automatisch US-Bürger. Da für diese offenbar eine gesonderte steuerliche Behandlung fällig ist, möchten die Griechen hier kein Risiko eingehen. Erst nachdem der Nachweis erbracht ist, dass der Anleger kein US-Bürger ist, werden die Anleihen in die handelbaren Papiere mit den von uns genannten Wertpapierkennnummern getauscht. Wie und wann dieser Nachweis konkret erfolgt, ist bislang wohl weder den Banken noch der griechischen Regierung klar. Vermutlich wird die Umbuchung nach Abgleichung mit den Kundendaten der Bank erfolgen. Unseres Erachtens ein weiteres Beispiel für die völlige Willkür, mit der der griechische Staat (unter Billigung der EU!) mit seinen Gläubigern umspringt.

Nach dem Tausch kommen die Gebühren
Nach unseren Informationen haben einige Banken nun doch eingelenkt: Die Einbuchungsgebühren für die 24 neuen Wertpapiere wurden teilweise nachträglich wieder storniert. Bleibt das Problem des Verkaufs der in den Depots der meisten Anleger in extrem kleinen Stückelungen vorhandenen Anleihen. Inhaber eines Depots bei der DAB Bank können bis zum 30.4. von deren Angebot Gebrauch machen, die Griechenanleihen außerbörslich über den DAB Partner Lang & Schwarz zu verkaufen (sofern der Kurswert unter 100 EUR liegt). Anlegern bei anderen Banken bleibt wohl nur die Nachfrage nach einem ähnlichen Angebot oder der Biss in den sauren Apfel von 24-facher Verkaufsgebühr.

Rechtsweg (nicht) ausgeschlossen
Die Aussicht auf schnellen Erfolg durch Klagen halten wir für nahezu ausgeschlossen. Nach wie vor herrscht unter allen Beteiligten große Unsicherheit über den Ort der Klage. Inwieweit eine Klage vor einem Athener Gericht sinnvoll ist bleibt schwer zu beurteilen. Ins Spiel gebracht werden daher von diversen Anwälten unter anderem Klagen vor dem Schiedsgericht des Internationale Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten in Washington oder dem europäischen Gerichtshof, Basis soll dabei das geltende Investitionsschutzabkommen zwischen Deutschland und Griechenland sein. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten falls sich hier weitere Entwicklungen abzeichnen.



Märkte – wenn guten Aktien böse Dinge passieren
Betrachten wir die Entwicklung des DAX, dann schickt sich der Markt gerade an, unsere Minderheitsmeinung zu bestätigen. Technisch betrachtet, bricht heute der Aufwärtstrend nachhaltig, der sich bis zum Tief im November 2011 zurückverfolgen lässt (grüne Linie). Damit hat sich die im letzten Weekly beschriebene Situation erwartungsgemäß kraftvoll Richtung Süden aufgelöst Auch die Relative Stärke zum Stoxx-600-Index ist – wie erwartet – nunmehr auf dem Rückzug. Aus der jetzigen Situation erscheint uns allenfalls noch eine technische Reaktion an das Ausbruchsniveau der Trendlinie möglich, darauf setzen sollte man allerdings nicht mehr. Vielmehr kann die Situation jetzt sogar in einen Abverkauf eskalieren, da einfach zu viele Marktteilnehmer in der Hoffnung auf „DAX 10.000“ falsch positioniert sind und entsprechend unter Druck kommen dürften.

Fazit
Auch dieser Kurseinbruch dürfte für viele Marktteilnehmer aus heiterem Himmel gekommen sein. Unsere Leser waren vorbereitet. Die geradezu fahrlässige Gelassenheit, die allerorten herrschte, bedurfte nur eines Funkens, um die darunter liegenden Abwärtskräfte zu entfesseln. Trotz allfälliger technischer Gegenreaktionen sehen wir den Markttrend nun bis auf weiteres klar abwärts gerichtet.

Ralf Flierl, Christoph Karl, Ralph Malisch

Quelle: boerse.de

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