Technische Indikatoren
Der „Aroon“-Indikator wurde in der ersten Hälfte der 90er Jahre von Tushar Chande entworfen. Das Wort „Aroon“ stammt aus dem Sanskrit und bedeutet soviel wie „Licht der frühen Morgendämmerung“ und soll die Eigenschaft des Indikators andeuten, sensibel auf die ersten Zeichen einer Trendwende anzuschlagen. Dabei vertauscht die Darstellung des Indikators die sonst üblichen Rollen von Preis und Zeit. Während Indikatoren in der Regel Preis-Zustandsänderungen in der Zeit ausweisen, stellt der „Aroon“ die Dauer der vergangenen Zeit seit dem Auftreten gewisser Ereignisse dar.
Ausgehend von der Idee, dass Aufwärtstrends regelmäßig neue Hochpunkte und Abwärtstrends neue Tiefpunkte produzieren, misst Chande die Zeiten, die jeweils seit dem Auftreten des letzten Hoch- oder Tiefpunkts vergangen sind und stellt diese gegenüber. Auf diese Weise wird der Verlauf eines Trends beleuchtet und es können Trendphasen von Seitwärtsphasen unterschieden werden.
Der „Aroon“ wird in Form der zwei Kurven „Aroon“-Up und „Aroon“-Down oder auch als Oszillator dargestellt. Zunächst wird der Zeitpunkt des aktuellen n-Perioden-Hochpunkts bestimmt. Der „Aroon“-Up berechnet sich dann als prozentuale Lage dieses Zeitpunkts innerhalb des n-Perioden-Intervalls. Für den „Aroon“-Down gilt Entsprechendes bezogen auf den n-Perioden-Tiefpunkt. Die „Aroon“-Kurven bewerten also Extrempunkte, wobei diese Bewertung mit zunehmendem Alter der Extrempunkte sinkt. Kurz: je jünger, desto höhere Noten.
Der „Aroon“-Oszillator ist die Differenz von „Aroon“-Up und „Aroon“- Down.
Aroon
PSHt = Max { i: 0..n-1 | Ht-i = Maxn(H)t }
PSLt = Max { i: 0..n-1 | Lt-i = Minn(L)t }
Aroon-Up = 100 * (1 – PSH/n)
Aroon-Down = 100 * (1 – PSL/n)
Aroon-Oszillator
Aroon-Osc = Aroon-Up - Aroon-Down
wobei
PSH = Anzahl der Perioden seit dem letzten n-Periodenhochpunkt
PSL = Anzahl der Perioden seit dem n-Periodentiefpunkt
n = Anzahl der betrachteten Perioden
n = 25
Da ein Extrempunkt, solange er Bestand hat, pro Periode um genau eine Periode veraltet, ist das Erscheinungsbild beider „Aroon“-Kurven von absteigenden Geraden, die im Winkel von 45° laufen, und senkrechten Aufstiegen an den Stellen der Hochpunktswechsel geprägt. Durch das Wandern des Fensters für die Extrempunktbetrachtung wird der Übergang auf einen neuen Extrempunkt erzwungen, wenn der bisherige Extrempunkt das Betrachtungsintervall verlässt. Der neue Extrempunkt ist dann i.d.R nicht der neueste Kurs, so dass die „Aroon“-Kurven bei Extrempunktwechseln nicht unbedingt auf 100% springen.
Das Zusammenspiel der „Aroon“-Kurven weist diverse Muster auf. Die erste Lesart besteht darin, diejenige der beiden Kurven, die zuletzt einen Wert von 100% angenommen hat, als bestimmend für die (mögliche, kommende) Trendrichtung anzusehen. In ausgeprägten Trendphasen verbleibt der anführende „Aroon“ oberhalb der 70%-Marke und der untere „Aroon“ unter 30%.
Das Unterschreiten der 50%-Linie zeigt eine Abschwächung des Trends an und ist häufig als Indiz für kommende scharfe Marktbewegungen zu interpretieren.
Eine Konsolidierungsphase (seitwärts gerichtete Trendunterbrechung) liegt vor, wenn beide Kurven dicht beieinander parallel abfallen. Es ist wahrscheinlicher, dass die untere der beiden Kurven im Anschluss die Trendrichtung vorgibt.
Etwas einfacher zu handhaben ist der „Aroon“-Oszillator. Er macht gemeinsam mit der Null-Linie Phasen sichtbar, in denen der „Aroon“-Up oberhalb vom „Aroon“-Down notiert. Dies stellt einen weiteren Weg dar, Aufwärtstrends zuzuordnen. Kreuzungen der Null-Linie sind demnach als Trendwechsel auszulegen und gute Handelssignale. Über die Bestimmung der Trendrichtung hinaus deutet Chande die Oszillatorwerte als (zeitlich und nicht preislich zu sehende) Trendstärke.
Der „Aroon“ kann auch als langfristiger Bullen-Markt-Indikator verwendet werden (z. B. 270-Tage-„Aroon“ über 20 Jahre). Die Performance wird sich dann zwar wenig von der Buy&Hold-Strategie unterscheiden, jedoch weniger heftige zwischenzeitliche Einbrüche zeigen.
Der unten verbleibende „Aroon“ hat in Trendphasen zwar keine wesentliche Bedeutung, kann aber für zusätzliche Exit- und Wiedereinstiegsstrategien verwendet werden.
Durch die rein zeitliche Betrachtung macht der „Aroon“ keinen Unterschied zwischen geringfügigen und starken Kursbewegungen. Daher ist bei seiner Betrachtung die Hinzunahme eines Trendstärke-Indikators ratsam.
Quelle:
Thomas Müller,
TM BÖRSENVERLAG AG: Das GROSSE Buch der TECHNISCHEN INDIKATOREN
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