Technische Indikatoren

Variable-Length Dynamic Momentum Index – Technische Analyse

Aussage:

Der von Tushar Chande und Stanley Kroll entwickelte „Variable-Length Dynamic Momentum Index (V-L DMI)“ repräsentiert nicht – wie der Name vermuten ließe – eine Weiterentwicklung des „Momentums“ oder des „Directional Movement Index“, sondern eine Erweiterung des „RSI“-Konzeptes von Wilder. Im Gegensatz zu seinem Vorbild arbeitet der „V-L DMI“ jedoch nicht mit einer fest definierten Standardeinstellung, sondern mit einer Periodenlänge, die sich an der Volatilität des Basistitels orientiert.

Mit ihrem Ansatz wollten die beiden Autoren der Tatsache gerecht werden, dass bei einer hohen Volatilität die Identifikation einer Marktübertreibung andere Maßstäbe erfordert, als bei einer geringen Volatilität. So kann z.B. ein bestimmtes Indikatoren-Level bei einer geringen Volatilität eine eindeutige Verkaufs-Indikation liefern, während bei einer hohen Volatilität das gleiche Indikatoren-Level ggf. überhaupt keine Aussagekraft besitzt.

Damit gleiche Indikatoren-Bereiche trotz verschiedener Marktphasen auch eine identische Aussagekraft besitzen, wurde im „V-L DMI“ die Periodenlänge, also der Einstellungszeitraum variabel gestaltet. Dabei wird die Periodenlänge stets mit der Volatilität erhöht bzw. reduziert. Bei einer niedrigen Volatilität wird der „V-L DMI“ also sensitiver reagieren (d.h. früher Handelssignale generieren), um den Kursen bei einer hohen Volatilität dafür richtigerweise einen größeren Bewegungsspielraum zu lassen (also später Handelssignale zu generieren).

Die Volatilität wird hier über die Standardabweichung gemessen und dient als Einflussgröße für die bekannte „RSI“-Formel. Das Ergebnis ist eine oszillierende Darstellung mit den beiden Maximalwerten von 0 und 100.


Berechnung:

Der „Variable-Length Dynamic Momentum Index“ repräsentiert ganz einfach einen „RSI“, in dem die Periodenlänge variabel gestaltet ist und über eine Volatilitäts-Kennziffer berechnet wird.

Im ersten Schritt wird über einen Zeitraum von 5 Tagen die Standardabweichung der Schlusskurse errechnet. Danach werden diese Ergebnisse über die Konstruktion eines „Moving Averages“ von 10 Tagen geglättet. Mit der Division der 5-Tages-Standardabweichung durch diese 10-Tage-„MA“-Standardabweichung ergibt sich nun die Volatilitäts-Kennziffer.

Zum Schluss wird nun einfach die Zahl 14 (Standardeinstellung des „RSI“) durch die Volatilitäts-Kennziffer dividiert. Das Ergebnis repräsentiert schließlich als ganzzahliger Teil die Periodenlänge für den „RSI“, dessen Wert in der entsprechenden Periode selektiert wird. Für diese Periodenlänge gilt ein Minimum von 5 und ein Maximum von 30 Zeiteinheiten. Da sich der RSI durch seine exponentielle Glättung nicht lokal berechnen lässt, müssen für die Berechnung des V-L DMI die kompletten RSI-Linien für alle 26 in Frage kommenden Periodenlängen herangezogen werden, was mit einem relativ hohem Rechenaufwand verbunden ist.


Formel:

1.)?s =Ö (Ct - MA)2 + (Ct-1- MA)2 + ... (Ct-n+1- MA)2 / n
2.)?S = MA10 (sn)
3.)?V = sn/S
4.)?T = INT(14/V), wobei MAX(T) = 30 und MIN(T) = 5
5.)?„V-L DMI“ = RSIT (RSI mit Periodenlänge T)

wobei

s = Standardabweichung
S = geglättete Standardabweichung
V = Volatility Index
T = variable Periodenlänge


Einstellung:

5 Tage (Wochen) für Standardabweichung (s)
10 Tage (Wochen) für MA auf Standardabweichung
14 Tage (Wochen) für RSI


Interpretation:

Wie der „RSI“, so soll auch der „Variable-Length Dynamic Momentum Index“ als Oszillator, entsprechend der gerade vorherrschenden Volatilität, die „innere Stärke“ einer Kursbewegung anzeigen. Bei einem „V-L DMI“ von 0 gilt der Basistitel dementsprechend als überverkauft (keine innere Stärke), bei einem „V-L DMI“ von 100 gilt er als überkauft (maximale innere Stärke). Die Berechnung der Aufwärts- und Abwärtsschlusskurse erfolgt wie im „RSI“ und muss daher an dieser Stelle nicht mehr ausgeführt werden.

Die Periodenlänge wird jedoch alleine durch das Verhältnis von Standardabweichung zur geglätteten Standardabweichung bestimmt. Bei einem Quotienten von 1 würde der „V-L DMI“ über eine Periode von 14 Zeiteinheiten berechnet werden, also genauso wie der „RSI“ in seiner Standardeinstellung. Bei einem Quotienten größer als 1 (erhöhte Standardabweichung bzw. Volatilität), vergrößert sich die Periodenlänge bis zu einem Maximalwert von 30 Zeiteinheiten. Der „V-L DMI“ wird damit langsamer (als der „RSI“) reagieren. Bei einem Quotienten kleiner als 1 (abnehmende Standardabweichung), verkleinert sich die Periodenlänge analog bis zu dem Mindestwert von 5 Zeiteinheiten. Der „V-L DMI“ wird damit entsprechend schneller reagieren.

Die nachfolgenden Grafiken zeigen die Standardabweichung, die geglättete Standardabweichung und entsprechend dieses Verhältnisses die jeweiligen Periodenlängen für die Berechnung eines „V-L DMI“ auf Tagesbasis.

Tushar Chande und Stanley Kroll stellten keine besonderen Anwendungskriterien für ihren „V-L DMI“ heraus. Entsprechend den vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten im „RSI“ kann sich somit auch hier die Signalgenerierung sowohl gegen den vorherrschenden Trend richten wie mit dem Trend erfolgen.

„V-L DMI“ mit Extremzonen als Kontratrendoszillator

In der klassischen Anwendung versteht sich der „V-L DMI“ vor allem als Kontratrendoszillator, in dem ein überkaufter bzw. überverkaufter Zustand im Basistitel angezeigt werden soll. Hierzu werden z.B. im Bereich von 70 und 30 horizontal verlaufende Signallinien gezogen.

Bei einem Überschreiten der oberen Signallinie von 70 gilt der Basistitel als überkauft, d.h. es sollte in Kürze eine Abwärtsreaktion eintreten. Bei einem Unterschreiten der unteren Signallinie von 30 gilt der Basistitel analog als überverkauft, d.h. es steht eine Aufwärtsreaktion bevor. Die Kontra-Signale gelten, wenn die „V-L DMI“-Linie dreht, also wenn die Extremzonen wieder verlassen und somit die Signallinien von der „V-L DMI“-Linie erneut in die Gegenrichtung gekreuzt werden.

„V-L DMI“ mit „GDs“ als Trendfolger

Wird ein „Moving Average“ auf die „V-L DMI“-Linie angelegt, erhält der Indikator einen eher trendfolgenden Charakter. Handelssignale sind dann mit den Kreuzungen zwischen „V-L DMI“ und seinem „GD“ gegeben, womit hier dann ein Trendwechsel der „inneren Stärke“ unterstellt wird.

Selbstverständlich liefert auch der „V-L DMI“ durch Divergenz-Analysen eine wertvolle Hilfestellung für die Suche nach möglichen Umkehrpunkten im Basistitel.


Empfehlung:

Das bisher in Deutschland noch recht unbekannte Konzept zur Berechnung des „Variable-Length Dynamic Momentum Index“ liefert recht interessante Variationsmöglichkeiten für andere Indikatoren. Dabei sei noch erwähnt, dass die Maximalwerte von 5 und 30 von den beiden Entwicklern völlig beliebig festgelegt wurden.


Querverweise:
RSIRelative Volatility Index RVIRelative Stärke nach Levy


Quelle:
Thomas Müller, TM BÖRSENVERLAG AG: Das GROSSE Buch der TECHNISCHEN INDIKATOREN

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