Tender Issue

Was ist ein Tender Issue?

Der Begriff Tender Issue bezeichnet ein Verfahren zur Emission neuer Aktien oder Anleihen, bei dem potenzielle Investoren Gebote (Tenders) für den Erwerb der Wertpapiere abgeben. Im Gegensatz zu einem festen Ausgabepreis, wie er bei herkömmlichen Emissionen üblich ist, wird der Preis bei einer Tender Issue über ein Auktionsverfahren ermittelt. Dadurch kann sich der Emissionspreis marktgerecht bilden, was eine faire und transparente Preisfindung ermöglicht. Tender Issues werden vor allem bei staatlichen Anleiheemissionen, aber auch bei Unternehmensbeteiligungen oder Kapitalerhöhungen großer börsennotierter Konzerne eingesetzt.

Funktionsweise einer Tender Issue

Bei einer Tender Issue fordert der Emittent – also das Unternehmen oder die Institution, die Kapital aufnehmen möchte – interessierte Investoren auf, Gebote für den Erwerb der Wertpapiere einzureichen. In diesen Geboten geben die Investoren sowohl die gewünschte Stückzahl als auch den Preis an, den sie bereit sind zu zahlen. Nach Ablauf der Angebotsfrist werden alle Gebote ausgewertet und ein einheitlicher Ausgabepreis festgelegt. Dabei werden nur jene Gebote berücksichtigt, die oberhalb eines bestimmten Mindestpreises (dem sogenannten „Cut-off-Preis“) liegen.

Ein praktisches Beispiel: Möchte ein Unternehmen wie Siemens über eine Tender Issue neue Aktien im Wert von einer Milliarde Euro ausgeben, können institutionelle Investoren Gebote einreichen. Angenommen, Siemens legt fest, dass die Aktien nur an Investoren zugeteilt werden, die mindestens 130 Euro pro Stück bieten. Der Durchschnitt oder der niedrigste erfolgreiche Gebotspreis wird dann zum endgültigen Ausgabepreis. Alle erfolgreichen Bieter zahlen diesen einheitlichen Preis, unabhängig von ihren individuellen Geboten.

Arten von Tender Issues

Je nach Marktumfeld und Zielsetzung unterscheidet man verschiedene Varianten des Tender-Issue-Verfahrens:

  • Competitive Tender Issue: Investoren geben Gebote mit unterschiedlichen Preisvorstellungen ab, und die Zuteilung erfolgt nach einem Auktionsprinzip. Diese Variante spiegelt die reale Marktnachfrage besonders gut wider.
  • Non-competitive Tender Issue: Hier wird ein fixer Preis festgelegt, zu dem Investoren Anteile erwerben können, ohne am Bietungsprozess teilzunehmen. Diese Methode wird häufig für kleinere Anleger eingesetzt.
  • Hybrid Tender Issue: Eine Kombination aus beiden Verfahren, bei der ein Teil der Emission über Gebote und der andere zu einem festen Preis platziert wird.

In vielen Fällen nutzen Regierungen das Tender-Issue-Verfahren zur Emission von Staatsanleihen, um die Marktzinsen effizient zu ermitteln. Zentralbanken und Finanzministerien weltweit greifen regelmäßig auf diese Methode zurück, um Anleihen an institutionelle Investoren zu vergeben.

Vorteile der Tender Issue

Das Tender-Issue-Verfahren bietet mehrere entscheidende Vorteile gegenüber klassischen Emissionen mit Festpreis:

  • Marktgerechte Preisbildung: Der Preis ergibt sich aus realer Nachfrage und Zahlungsbereitschaft der Investoren.
  • Transparenz: Der Auktionscharakter ermöglicht eine nachvollziehbare Zuteilung der Wertpapiere.
  • Effizienz: Der Emittent kann die Kapitalaufnahme zu optimalen Bedingungen durchführen.
  • Flexibilität: Sowohl Großinvestoren als auch kleinere Marktteilnehmer können teilnehmen.

Insbesondere bei volatilen Marktbedingungen hat sich das Tender-Issue-Verfahren als robustes und faireres System zur Kapitalbeschaffung bewährt. Es verhindert, dass ein zu niedriger oder zu hoher Emissionspreis zu Marktverzerrungen führt.

Unterschied zu klassischen Emissionen

Während bei einer klassischen Emission der Ausgabepreis bereits im Vorfeld festgelegt wird, entsteht der Preis bei einer Tender Issue durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Dadurch können Emittenten sicherstellen, dass die Wertpapiere zu einem Preis verkauft werden, der die aktuelle Markteinschätzung widerspiegelt. Für Anleger bedeutet dies, dass sie aktiv am Preisbildungsprozess teilnehmen und die tatsächliche Nachfrage direkt beeinflussen können.

Darüber hinaus kann eine Tender Issue auch zur Rückführung von Kapital dienen, beispielsweise wenn Unternehmen eigene Anleihen oder Aktien zurückkaufen möchten. In diesem Fall gibt das Unternehmen ein Tender-Angebot ab, und Investoren können ihre Wertpapiere zu einem von ihnen bestimmten Preis anbieten. Solche Rückkaufprogramme werden häufig von finanzstarken Konzernen genutzt, um ihre Kapitalstruktur zu optimieren.

Beispiele für Tender Issues in der Praxis

In der Praxis werden Tender Issues regelmäßig von Regierungen, Zentralbanken und Großunternehmen durchgeführt. So nutzt etwa die Bank of England Tenderverfahren zur Versteigerung von Staatsanleihen, während Konzerne wie Siemens oder große Rohstoffunternehmen Tender Issues einsetzen, um neue Anleihen oder Aktien zu platzieren. Auch auf internationalen Kapitalmärkten, etwa in den USA oder Japan, ist das Verfahren fest etabliert.

Ein weiteres Beispiel sind Tender Issues im Rahmen von Kapitalerhöhungen, bei denen institutionelle Investoren durch Gebote signalisieren, wie hoch ihre Zahlungsbereitschaft für neue Aktien ist. Der daraus resultierende Preis gilt dann als fairer Marktwert und kann eine wichtige Orientierung für die künftige Kursentwicklung liefern.

boerse.de-Schlussfolgerung

Das Tender-Issue-Verfahren ist eine effiziente und marktorientierte Methode der Kapitalbeschaffung. Durch das Bietungsverfahren entsteht ein transparenter Preis, der die tatsächliche Nachfrage widerspiegelt und sowohl Emittenten als auch Investoren Vorteile bietet. Ob bei staatlichen Anleiheemissionen oder Unternehmensfinanzierungen – Tender Issues tragen zur Stabilität und Fairness an den Kapitalmärkten bei. Für Anleger ist es daher wichtig, die Funktionsweise dieses Verfahrens zu verstehen, um Chancen und Risiken bei der Teilnahme an Tender-Angeboten richtig einschätzen zu können.



Kennen Sie bereits die 100 langfristig erfolgreichsten und sichersten Aktien der Welt? Klicken Sie hier...