Der Börsencrash des Jahres 1929

Nachdem sich die Wirtschaft von den Wirren des ersten Weltkrieges erholt hatte, war der Weg frei für eine Zeit des Überflusses, die später als die "Goldenen Zwanziger" bezeichnet wurde. Niedrige Inflation, höhere Löhne, neue Wirtschaftszweige und bahnbrechende Erfindungen wie Radio, Tonfilm oder die Fließbandproduktion führten zu einem Wirtschaftsboom. Bisher teuere Luxusgüter wurden plötzlich für breite Massen erschwinglich. Berühmtestes Beispiel ist das T-Modell von Ford, das durch die Fließbandproduktion deutlich im Preis gesenkt werden konnte. "Ein Tag - ein Dollar, ein Jahr - ein Ford", so lautete damals der Werbeslogan des Unternehmens. Bis 1927 liefen so über 15 Millionen T-Modelle vom Band - bis zum Erscheinen des VW-Käfers das meistgebaute Automobil der Welt. Zunächst vor allem auf die USA beschränkt, breitete sich die Belebung der Wirtschaft mit mehr oder weniger starker Verzögerung auch in die europäischen Länder aus.

Der Dow Jones von 1929 bis 1932

Der Aufschwung zeigte sich natürlich auch am Aktienmarkt. Dort hatte der amerikanische Leitindex Dow Jones Ende 1924 endlich den massiven Widerstand bei 110 Punkten durchbrechen können, worauf die Kurse im folgenden Jahr auf einen Stand von über 150 Punkten zulegen konnten. Wagten bis Anfang der Zwanziger meist nur wenige Profis ein Investment in Aktien, so wurden Wertpapiere ab Mitte der Zwanziger immer mehr zum Thema in der breiten Öffentlichkeit. Da die meisten Aktien fast jeden Monat eine positive Performance aufweisen konnte, war die Zahl der Gewinner auch dementsprechend hoch. Bald tauschten Arbeiter und Kindermädchen Aktientipps aus und die ständig steigenden Kurse lockten immer noch weitere Neulinge an die Börse.

An dem überall herrschenden Optimismus konnte auch ein Kurseinbruch am 13. Mai 1927 nichts ändern und die B örse erholte sich schnell wieder. Auch die Wirtschaft boomte ohne Unterbrechung - überall schossen neue Unternehmen aus dem Boden. Zwischen 1921 und 1928 stieg die jährliche Industrieproduktion in Amerika um 4 Prozent, in den Jahren 1928 und 1929 sogar um 15 Prozent. Besonders stark war das Wachstum dank der Hausse in der Finanzwelt. Gab es 1921 lediglich rund 40 Investmentsgesellschaften in den USA, so stieg die Zahl bis Ende 1926 auf 160 an. Nur ein Jahr später gab es bereits 300 und allein zwischen 1927 und Herbst 1929 verzeichneten Investmentgesellschaften einen mehr als zehnfachen Anstieg ihres Gesamtvermögens.

Gegen Ende der Zwanziger wurde aus dem Optimismus Euphorie, in der jeder fast blind alles investierte, was er entbehren konnte. Um möglichst schnell reich zu werden, hatten nicht wenige Anleger Kredite zu den damals günstigen Konditionen aufgenommen, um dieses Geld ebenfalls am Aktienmarkt zu vermehren. Bis Mitte 1929 hatte sich der Dow Jones gegenüber 1924 nahezu verdreifacht! Jeder, egal ob Manager, Dienstmädchen oder Bauarbeiter, wollte am überschäumenden Geldsegen teilhaben. Selbst eine US-Hausfrauenzeitschrift pries damals mit Überschriften wie "Jeder soll reich werden" Aktien als gewinnbringende Investition an. Banken und Wirtschaftsexperten schaukelten sich gegenseitig mit noch optimistischeren Kursprognosen nach oben und fast jede Neuemissionen wurden schon kurz nach dem IPO mit unglaublichen Kursgewinnen gehandelt. So kamen beispielsweise die Aktien der Investmentgesellschaft Goldman, Sachs & Company im Jahr 1928 zu 104 Dollar an die Börse. Wenige Wochen später, am 27. Februar 1929, stand der Kurs bereits bei 222,5 Dollar.



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