Im Gegensatz zu den in den Geschichtsbüchern oft behandelten Kursblasen zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Frankreich (Mississippi-Projekt von John Law) und Großbritannien (Southsea-Bubble) ist der Crash an der Amsterdamer Börse im Jahr 1763 eher unbekannt und das obwohl dieser Crash, da er halb Europa betraf, erstmals internationalen Charakter zeigte.
1763 endete der Siebenjährige Krieg. Unter diesem Begriff faßt die Geschichte zwei eng verflochtene, aber dennoch getrennte Kriege zusammen. Zum einen kämpfte Österreich gegen Preußen im sogenannten 3. Schlesischer Krieg um die Wiedergewinnung der reichen Provinz Schlesien, die es 1748 an die Deutschen verloren hatte, sowie gegen das preußische Hegemonialstreben. Während die österreichische Herrscherin Maria Theresia (Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen) mit der Zeit die Unterstützung Rußlands, Schwedens, Sachsens, Spaniens und Frankreichs gewann, schlugen sich Großbritannien und das Haus Hannover auf die Seite Preußens. Zum anderen standen sich zur gleichen Zeit auch Frankreich und Großbritannien kriegerisch aufgrund der amerikanischen Kolonien gegenüber (französisch-britische Kolonialkrieg). Um das Jahr 1754 hatten sich zwischen beiden Ländern Rivalitäten um die Ländereien westlich der Appalachen sowie die Fischereirechte vor der Küste von Neufundland entwickelt, die 1756 schließlich in einen Krieg mündeten. Mit dem Frieden von Paris am 10. Februar 1763 zwischen Frankreich, Spanien und Großbritannien sowie dem Frieden von Hubertusburg, der am 15. Februar 1763 zwischen Österreich und Preußen unterzeichnet wurde, endeten die Auseinandersetzungen. Während die französischen Territorien in Amerika fast komplett an Großbritannien fielen, blieben die Grenzen in Europa unverändert. Fast alle europäischen Staaten waren in den Krieg verwickelt worden, lediglich Holland blieb als einzige große Handelsnation neutral.
Aufgrund der Neutralität erlebte Holland in dieser Zeit einen rasanten Aufschwung insbesondere im Außenhandel. Zwar hatte der Amsterdamer Handelsplatz 1763 schon einen Teil seiner Bedeutung an London verloren, trotzdem zählte er damals noch zu einem der Wichtigsten im europäischen Zahlungsverkehr. Die Finanzierung der Handelsgeschäfte erfolgte zum Großteil über Wechsel. Diese Wertpapierart sollte ursprünglich die Anfang des 17. Jahrhunderts in Holland herrschende Münzenvielfalt abschaffen und durch eine stabile Währung ersetzen. Durch Einführung des Wechsels sowie der Errichtung von Banken in den wichtigsten Städten des Landes, die die Funktion der privaten Wechselstuben und Kassierer übernahmen, wurde insbesondere der Außenhandel wesentlich vereinfacht. So bestand die Funktion der Bank von Amsterdam zu jener Zeit vor allem darin, Depositen anzunehmen und bargeldlose Überweisungen zwischen den Kaufleuten von Konto zu Konto zu ermöglichen. Weiterhin sollte Edelmetall und nicht gangbare Münzen aufgekauft und dafür neue, wertbeständige Münzen geprägt werden.
Mehrere Faktoren führten schließlich gegen Ende des Siebenjährigen Krieges zu einer Überhitzung des Wechselgeschäfts mit schlimmen Folgen für die europäische Wirtschaft.
Der Krieg hatte u.a. in Großbritannien aufgrund des großen Kapitalbedarfs einen stark erhöhten Zinssatz zur Folge. Mit Eröffnung der Friedensvoraussetzungen am 3. November 1762 deckten sich viele Anleger, darunter auch bedeutende holländische Kaufleute, in Erwartung fallender Zinsen in Großbritannien nach Kriegsende vermehrt mit öffentlichen Anleihen und Bankaktien ein. Bis zum März 1763 waren die Kurse dieser Wertpapiere bereits um 50 bis 60 Prozent gestiegen. Doch die erhoffte Zinssenkung blieb - aufgrund eines erhöhten Finanzbedarfs der Privatwirtschaft nach Kriegsende - aus, mit entsprechenden Folgen für die Wertpapierkurse. Die Kurse sackten wieder nach unten und die meisten Spekulaten verloren viel Geld. Zwar war diese Kursblase nicht mit denen zu Beginn des Jahrhunderts zu vergleichen, doch hatte sie wenig später indirekt Auswirkungen auf ganz Europa.
Kurz nach dem Krieg führten Preußen sowie einige andere deutsche Staaten zudem eine durchgreifende Münzreform durch. Umlaufende Zahlungsmittel wurden eingezogen, eingeschmolzen und zu neuen Münzen umgeprägt.. Dies führte aber kurzfristig zu einem Geldmangel an echtem Münzgeld, was wiederum einen weiteren Anstieg der Wechselkredite in Europa mit sich führte. Schon bei Ende des Krieges überstieg die Summe des in Wechseln, Zwangsanleihen und natürlichen Krediten gebundenen Geldes in Holland das tatsächlich vorhandene vollwertige Münzgeld. Gegen Ende des Wechselbooms übertraf das Kreditvolumnen das Münzgeld sogar um das Fünfzehnfache.
Der Wechsel war bislang wie Bargeld behandelt worden. Er ging oft durch unzählige Hände, bevor er schließlich ausgeübt wurde (Wechselreiterei). Doch in der Folge der Münzknappheit verweigerten in Amsterdam und Hamburg nun immer mehr Marktteilnehmer die Annahme weiterer Wechsel.
Die durch die Fehlspekulation in Großbritannien bereits geschwächten holländischen Kaufleute kamen nun in arge Bedrängnis. Waren Schulden bislang meistens durch neue Wechsel beglichen worden, so führte die neue Entwicklung zu einer Flut von Wechseleinlösungen. Unzählige Bitten auf Wechselaufschub wurden abgelehnt. Die damalige Situation fasste der Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing in einem seiner Werke mit dem Satz "Ich habe keinen Heller bares Geld mehr, ich weiß auch keines aufzutreiben" zusammen. Schnell waren bei einigen Handelshäusern die Bargeldreserven aufgebraucht.
Am 2. August 1763 erreichte die Krise schließlich ihren Höhepunkt - gleich zwei bedeutende Amsterdamer Wechselkantore, van De Neufville und Aron Joseph & co, mussten Konkurs anmelden. Kurz darauf schloss auch das Handelshaus Jacob Norden seine Pforten. Allein bei den ersten beiden Unternehmen belief sich die Schadenssumme auf fast 2 Millionen Gulden.
Sowohl der Handel als auch der Aktienmarkt brachen daraufhin engültig zusammen. Die angespannte Situation entschärfte sich erst durch umfangreiche Edelmetallimporte nach Holland, die mit Zustimmung der Amsterdamer Bank ohne Prägung in die Geldzirkulation eingeschleust wurden. Doch die Zahlungsunfähigkeit der Handelshäuser hatte bereits ein Kettenreaktion in ganz Europa ausgelöst. Hunderte Unternehmen in Hamburg, Berlin, Bremen, Leipzig, Kopenhagen oder London gerieten durch die Vorfälle in Schwierigkeiten - ein Großteil musste wegen Zahlungsschwierigkeiten schliessen. Erstmals zeigte ein Crash internationale Auswirkungen. Nur durch das Eingreifen einiger bedeutenden Banken und Herrscherhäuser konnte die angespannte Lage wieder unter Kontrolle gebracht werden. Doch es war nicht die letzte kritische Situation an den Finanzmärkten in diesem Jahrhundert.