Smart Investor Weekly: Der neue Internet-Hype

Donnerstag, 25.09.14 15:42
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Aus der letzten Blase nichts gelernt?

Internet-Hype 2.0
Mit Alibaba gab es in der letzten Woche ein fast historisches Ereignis – den größten Börsengang in der Geschichte. 25 Mrd. USD konnte der chinesische Internet-Konzern bei Anlegern einsammeln. Das Unternehmen mit rund 8 Mrd. USD Umsatz und rund 4 Mrd. USD Gewinn ist an der Börse nun 230 Mrd. USD wert. Natürlich sind die Wachstumszahlen von Alibaba beeindruckend, ein KGV von mehr als 60 (basierend auf 2013) scheint jedoch trotzdem reichlich überzogen. Ganz so neu am Kapitalmarkt ist Alibaba im Übrigen auch nicht, selbst wenn dieser Fakt in vielen Medien angesichts der Alibaba-Euphorie komplett untergegangen ist.

Unendlich skalierbare Quasi-Monopole?
Doch auch andere Unternehmen aus der Biotech- und High-Tech-Branche scheinen aktuell bei den Investoren ganz oben auf der Liste zu stehen. Extrem wird es, wenn man auf die Stars der Internet-Branche blickt: Facebook, Twitter, LinkedIn oder Netflix werden mit einem Vielfachen der Umsätze bepreist. Doch was bewegt die Investoren zu solchen, augenscheinlich riskanten Wetten? Auffallend ist die Kombination aus monopolartigen Strukturen in den jeweiligen Marktsegmenten der Web-Giganten und extrem leicht skalierbaren Geschäftsmodellen. Nur damit lässt sich begründen, wie ein 2004 gegründetes Unternehmen wie Facebook nur zehn Jahre später an die 8 Mrd. USD Umsatz erzielen kann. Investoren scheinen derzeit die Historie der ehemaligen Start-Ups in die Zukunft zu extrapolieren und kommen so auf gigantische Erlöse je Nutzer. Wenn prinzipiell die Umwälzung eines ganzen Marktsegmentes als Basisszenario verwendet wird, lässt sich schließlich fast jede Bewertung rechnerisch rechtfertigen. Daher verwundert es kaum, dass die Nutzerzahl die Währung schlechthin ist im Onlinegeschäft 2.0. Alibaba, Facebook und Twitter verweisen mit Begeisterung auf die Zahl ihrer Mitglieder und Kunden, für Investoren scheint diese Basis wertvoller zu sein als Gewinne in naher Zukunft. Auch Zalando (mehr auch hierzu im Smart Investor 10/2014) und Rocket Internet – zwei für den Oktober angesetzte Internet-Börsengänge in Deutschland – dürften diese Karte ganz offensiv ausspielen. Dabei sind die Gründer beider Unternehmen selbst in Start-Up Kreisen alles andere als unumstritten.

Halbwertszeit im Online-Geschäft
Doch zeigt der Börsengang von Alibaba nicht exakt das Gegenteil? Ist nicht die Halbwertszeit von Online-Geschäftsmodellen deutlich kürzer als die von Offline-Unternehmen? Kann es sein, dass selbst ein Gigant wie Amazon plötzlich alt aussieht wenn mehr als eine Milliarde Chinesen potentielle Alibaba-Kunden sind? Charlie Munger, Warren Buffetts rechte Hand, hat vor einiger Zeit gesagt, dass die Markteintrittsbarrieren, die Google um sein Geschäftsmodell errichtet hat, riesig seien. Und trotz dieses Riesenkompliments aus dem Mund des Star-Investors hat Berkshire noch keinen Dollar bei Google investiert. Denn ein Value-Investment ist Google damit immer noch nicht – zu schnelllebig und unkalkulierbar ist das Internet-Geschäft.

Schottland nachgehakt
Mit 55,7% „Nein“-Stimmen zu 44,3% „Ja“-Stimmen fiel das Votum vom vergangenen Donnerstag deutlicher gegen eine Unabhängigkeit Schottlands aus als dies die Umfragen oder Quoten der Wettbüros im Vorfeld hatten erwarten lassen. Noch in der Wahlnacht wurden daher Zweifel laut, ob beim Referendum wirklich alles fair und mit rechten Dingen zugegangen war. Es war von britischen Agenten die Rede, die ins Land geströmt waren und Wahlhelfern, die nicht neutral, sondern „im Dienste Ihrer Majestät“ zählten. Nun könnte man es sich leicht machen. Vielleicht sind die „Yes“-Schotten ja einfach nur schlechte Verlierer. Oder bei den Bedenken handelt es sich um jene „kruden Verschwörungstheorien“, als die inzwischen schon routinemäßig die von der offiziellen Sichtweise abweichenden Meinungen gebrandmarkt werden.

Bei faz.net machte man es sich jedenfalls nicht so einfach und präsentierte sogar Videomaterial – etwa das von einer Wahlhelferin, die sich sichtlich schwer tat, zwischen einem „Yes“ und einem „No“ zu unterscheiden. Auch mancher bereits abgelegte „Yes“-Stimmzettel, erschien ihr auf den zweiten Blick dann doch eher ein „No“ zu sein. Wir wissen nichts über die Voraussetzungen für Wahlhelfer in Schottland, Fragen wirft aber nicht nur dieses Video auf. Damit blieb das Referendum dann doch nicht ganz folgenlos. Immerhin erzielten die nach Unabhängigkeit strebenden Schotten einen Achtungserfolg und das Abspaltungsthema bleibt – sehr zum Missfallen der Zentralregierungen – europaweit auf der Tagesordnung. Per Saldo positiv erscheint zudem ein anderer Prozess: Die Bürger werden gegenüber ihren Regierungen misstrauischer. Wachsame Bürger sind genau das, was eine ernsthafte Demokratie am nötigsten braucht. Oder wie es der Hauptautor der US-Unabhängigkeitserklärung und spätere dritte Präsident der USA, Thomas Jefferson, auf den Punkt brachte: „Wenn sich die Regierung vor dem Volk fürchtet, herrscht Freiheit, wenn sich das Volk vor der Regierung fürchtet, Unfreiheit.“



Zu den Märkten
Am vergangenen Freitag, den 19.9., war es wieder einmal so weit: Verfallstermin in den DAX-Futures. Für den Index bedeuten diese Termine vor allem eine stark erhöhte Umsatztätigkeit. Oft ist auch zu beobachten, dass eine bis zu diesem Termin intakte Bewegung endet, zumindest aber unterbrochen wird (Vgl. Abb., gelbe Markierungen). Entsprechend wurde im DAX unter stark erhöhten Umsätzen das bisherige Verlaufshoch der Erholungsbewegung erreicht, geschlossen hat der Index danach aber praktisch auf Tagestief. Nach dieser Umkehrbewegung ging es schon am Montag etwas bergab, zu einem kräftigeren Kursrücksetzer kam es aber erst am gestrigen Dienstag. Dabei wurde auch die Stützlinie (Abb., blaue Linie) nach unten durchbrochen. Das alles sind aber noch keine gewaltigen Bewegungen. Auch dürfen Brüche relativ kurzer und damit weniger bedeutender Linien nicht überbewertet werden. Wie unserer mittelfristige Einschätzung für den weiteren DAX-Verlauf aussieht, das können Sie im brandneuen Smart Investor 10/2014 lesen, der zum Wochenende erscheint.

Fazit
Alibaba, Zalando & Co. Er ist wieder da, der Internet-Hype – diesmal in der Version 2.0. Offenbar muss jede Börsianer-Generation da ihre eigenen Erfahrungen machen. Nicht alle hochfliegenden Träume werden letztlich in der Realität bestätigt, weshalb in diesem Bereich schon einiges an Enttäuschungspotenzial programmiert ist.  Enttäuscht zeigten sich auch die Schotten, zumindest jene gut 44% der Stimmberechtigten, die nach Unabhängigkeit strebten. In Europa bleibt das Thema dennoch aktuell.

Christoph Karl, Ralph Malisch

Quelle: boerse.de

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