Smart Investor Weekly: Systemrelevanz light

Freitag, 22.03.13 14:28
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Oder: Wie wir mit Zypern an der Nase herumgeführt werden

Kollateralschäden?
Die Geschichte des Euro ist eine von Fälschungen, Lügen, Vertrags- und Gesetzesbrüchen und natürlich eine von viel Pathos. Wurde das Wort „Systemrelevanz“ im Zusammenhang mit Zypern anfangs nur als Witz gebraucht, wurde schnell klar, dass auch dieser wunderbare Anlass nicht ungenutzt bleiben soll, um ein paar weitere Milliarden aus den Taschen der Steuerzahler in diejenigen der Banken umzuleiten. Eine willfährige Politik leistete Schützenhilfe. Der normale Gang solcher „Rettungsaktionen“ sieht grob skizziert so aus: „Unser Europa“ beschließt, dem notleidenden Land(!) zu helfen. Das Geld wird jedoch unmittelbar an die dort ansässigen Problembanken durchgereicht, die es wiederum postwendend an ihre Gläubigerbanken schicken.

Im Ergebnis werden die Bürger also unter dem Vorwand der Rettung eines anderen Landes zu Milliardengeschenken an die (eigenen?) Banken zwangsverpflichtet. Das will man den Bürgen natürlich so nicht sagen, weshalb man billigend in Kauf nimmt, dass sich die Stimmung zwischen den Völkern rapide verschlechtert: Die Steuerzahler der Geberländer schimpfen auf die „faulen und undankbaren“ Nehmer und bei den „Nehmern“ kommen vom Gesamtpaket im Wesentlichen nur die Sparmaßnahmen an. Verständlich, dass die Menschen dort keine Dankbarkeit empfinden. Es ist ganz erstaunlich, welchen Hass das „Friedensprojekt Euro“ schon jetzt zwischen den Völkern Europas gesät hat. Wenn Etikett und Inhalt bzw. angebliche Zielsetzung und tatsächliches Ergebnis praktisch um 180 Grad auseinandergehen und man trotzdem nach dem Motto „Weiter so!“ verfährt, dann fällt einem nur noch die Orwell-Gleichung „Frieden ist Krieg“ ein – das Wort „Friedensprojekt“ hat jedenfalls vor dem Hintergrund der Realitäten einen äußerst bitteren Beigeschmack.

Erneuter „Sündenfall“
Bei der „Zypern-Rettung“ – wir ahnen, wo das Geld auch diesmal hinfließt – sollten nun erstmals auch die Sparer beteiligt werden – und zwar selbst die kleinen. Geplant wurde dieses Bubenstück, das die EU-weite Einlagensicherung bis 100.000 EUR ad absurdum führt, auch nicht etwa auf einer halbierten Mittelmeerinsel, sondern in der Zentrale in Brüssel – unter Beteiligung auch des deutschen Finanzministers. Es ging natürlich um „Gerechtigkeit“, denn auch die Zyprer, die jahrelang hohe Zinsen kassierten, sollten ihren Beitrag leisten. Man hatte bei diesem kalten Enteignungsversuch nicht einmal den Anstand, den Geschröpften eine Art Besserungsschein in Form von Anteilen ihrer Banken anzubieten. Normalerweise verlieren nämlich zunächst die Aktionäre ihr investiertes Vermögen und erst danach die Forderungsinhaber. Aber Anstand ist im Brüsseler Politbüro ein ebenso seltener Gast wie das Recht. Immerhin scheint in Zypern wenigstens das Parlament zu funktionieren. Kein einziger Abgeordneter stimmte für den Raubzug auf der Insel. Da könnte sich mancher ESM-Abnicker im Bundestag mal eine Scheibe abschneiden.

Wenn die versuchte Sparer-Enteignung nun zum „Sündenfall“ aufgebauscht wird, dann geht das an der Sache dennoch vorbei. Das Wort „Sündenfall“ impliziert nämlich, dass da etwas völlig Neues geschehen sei. Dem ist nicht so. Es ist einfach nur ein weiterer (versuchter) Rechtsbruch in einer schon erklecklich langen Reihe. Und während alle Augen nach Zypern gerichtet waren, hat gestern das EU-„Parlament“ in bewährter Manier die EU-Bankenaufsicht durchgewunken, bekanntlich eine Vorstufe zur EU-Bankenunion, die die Ersparnisse der Bürger dann endgültig zur allgemeinen Selbstbedienung freigibt. Denn nach dem „Testballon“ Zypern spricht auch hierzulande nur noch wenig dafür, sein Erspartes weiter zu Minizinsen bei den Wackelbanken zu belassen, wo es dem Zugriff einer amoklaufenden „Rettungs“-Politik schutzlos ausgeliefert ist. Bundesfinanzminister Schäuble gab in dieser Hinsicht eine Kostprobe seines Denkens, die auch für deutsche Sparer keine Fragen offen lässt: „Bankeinlagen sind eine sensible Sache, da muss man schnell handeln, daher macht man es am Wochenende.“ Auch klar, warum die Kampagne gegen das Bargeld – als mögliche Alternative zum Bankkonto – derzeit in der ganzen EU intensiviert wird. Der Wert von Politikergarantien und auch der EU-Einlagensicherung ist jedenfalls sichtbar auf dem inneren Wert des ungedeckten Papiergelds angekommen, der bekanntlich Null beträgt.





Zu den Märkten
Natürlich verunsicherte der versuchte Coup in Zypern am Montag die Märkte. DAX und Euro tauchten zunächst ab. Zur Wochenmitte konnten sich beide aber etwas stabilisieren, wobei der Euro es bislang nicht schaffte, die psychologisch wichtige Marke von 1,30 (rote Linie) zum US-Dollar zurückzuerobern. Vielmehr ist er wieder in seinen Abwärtstrend (blaue Linie) zurückgefallen. Damit hat auch die angedeutete, umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation nach dem Durchbruch der Nackenlinie (grün) per Saldo die Erwartungen nicht erfüllt. Stärker sieht dagegen der DAX aus, der sogar kurzzeitig die Marke von 8.000 Punkten zurückerobern konnte. Aktuell liegt er aber wieder darunter. Auch für Zypern gilt: Den Marktteilnehmern ist oft eine schlechte Lösung lieber, als die anhaltende Unsicherheit einer Hängepartie – vorausgesetzt die schlechte Lösung ist nicht katastrophal.


Fazit
Der Begriff „Sündenfall“ trifft die Sachverhalte um die Dauerreanimation des Euro mittlerweile nicht mehr. Der Rechtsbruch ist zur Routine geworden. Die neue Qualität besteht lediglich darin, dass nun noch frecher in fremdes Eigentum eingegriffen wird, weil man um keinen Preis vom „toten Pferd“ Euro absteigen will. Das sind düstere Aussichten für Vermögensbesitzer und Steuerzahler.

Ralf Flierl, Ralph Malisch



Quelle: boerse.de

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