Die Vonovia-Aktie erreichte gestern aufgrund spannender Übernahme-Pläne ein neues Allzeithoch von 41,88 Euro. Damit steht seit Jahresbeginn unterm Strich ein Plus von 33,80 Prozent zu Buche. Allein in den vergangenen vier Wochen gewann das Papier des Wohnungsunternehmens rund fünf Prozent an Wert. Hintergrund der jüngsten Börsenerfolge war die vorweihnachtliche Shoppingtour der Bochumer ins schöne Wien: wie gestern bekannt wurde, plant Vonovia eine 5,2 Milliarden schwere Übernahme des österreichischen Immobilienkonzerns BUWOG, dessen Aktienkurs im Sog der Neuigkeiten ganze 18 Prozent stieg.
Aktionäre jubeln…Die anvisierte Fusion mit dem Rivalen ist nicht die erste Immo-Hochzeit, die im großen Stil gefeiert wird: die frühere Deutsche Annington, die erst 2015 in Vonovia umbenannt wurde, hatte in den vergangenen Jahren bereits die österreichische Immobiliengesellschaft Conwert erworben. Anfang 2016 scheiterte allerdings die Übernahme des größten heimischen Konkurrenten, der
Deutschen Wohnen.
Vonovia hat ein Luxusproblem, das ich gerne teilen würde: die Bochumer wissen nicht, wohin mit ihrem Geld. Vor dem Hintergrund steigender Immobilienpreise und eines stetig abnehmenden Angebots in vielen deutschen und österreichischen Großstädten kann der Wohnungskonzern kaum noch mittels Immo-Zukäufen wachsen. Es gibt einfach zu wenig interessante Objekte, bei denen auch noch der Preis stimmt. Deshalb muss Vonovia andere Wachstumsfelder suchen, um die sprudelnden Mieteinnahmen aus den bestehenden 350.000 Wohnungen irgendwie rentabel zu investieren. Die Mieterlöse bei Vonovia stiegen allein in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um 8,1 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro.
Eine Möglichkeit besteht darin, Konzerne wie die BUWOG zu “schlucken” und auf diese Weise den eigenen Immobilienbestand zu vergrößern. Eine andere ist der Bau neuer Wohnungen. Da Vonovia darin bislang wenig Erfahrung hat, könnten sich durch die Fusion mit den Österreichern interessante Synergien ergeben: BUWOG baut schon seit Jahren und ist ein etablierter Entwickler. Rund 10.000 Wohnungen haben die Österreicher aktuell in Planung oder Bau, rund 5000 davon in Berlin, 1000 Hamburg und etwa 4000 in Wien.
Weiter Einsparungseffekte in Höhe von geschätzten 30 Millionen Euro pro Jahr könnte man zudem durch die gemeinsame Bewirtschaftung bestehender Wohnungen erzielen. Hier gilt: die Masse machts. Aufgrund der großen Abnahmemengen kann Vonovia Bäder, Elektrizität oder Handwerkerleistungen zu günstigeren Preisen einkaufen, als bisher. Die große Frage lautet jedoch, ob der Skaleneffekt bei der Bewirtschaftung auch den Mietern zugute kommt.
...Mieter zweifelnDie Experten vom Deutschen Mieterbund sind indes skeptisch. Ihnen zufolge profitiert vor allem einer von den Synergieeffekten: Vonovia selbst. Ulrich Ropertz, Sprecher des Mieterbundes, gibt zu bedenken: „Ob die Mieter etwas davon finanziell zu spüren bekommen, ist fraglich. Bisherige Übernahmen jedenfalls haben nicht dazu geführt, dass auch Mieter sichtbare Kostenvorteile gehabt hätten.“ Über mögliche Synergie-Effekte, die zu Kostenersparnissen führen, lässt sich nur spekulieren und auch der hohe Kaufpreis für die BUWOG macht viele Analysten misstrauisch.
Zum einen, weil die Österreicher in einen Skandal verwickelt sind, bei dem Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wegen Untreue- und Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der BUWOG-Privatisierung vor Gericht steht. Zum anderen, weil wir der Wohnungsmarkt großen Risiken unterliegt. So könnten Politiker verschärft auf die Mietpreisbremse treten und beispielsweise modernisierungsbedingte Preiserhöhungen unterbinden. Oder aber, die Mietpreise in Großstädten könnten in den kommenden Jahren aufgrund steigender Zinsen wieder deutlich sinken und Vonovias Einnahmen negativ beeinflussen.
Viele “Fragezeichen”, die Aktionäre und Analysten gleichermaßen verunsichern. Meine Kollegen aus der boerse.de-Redaktion haben Vonovia deshalb auch nicht zu einen ihrer “Top Picks” fürs kommende Börsenjahr gewählt. Unsere “
DAX-Favoriten 2018”, die Vonovia den Rang ablaufen könnten, lesen Sie im
brandneuen Gratis-Report!
Ich wünsche Ihnen einen entspannten, erfolgreichen Börsentag,
Ihre Miss boerse.de