Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
„Hätte ich doch” sind vermutlich drei der meist verwendeten Wörter im Börsianer-Jargon und kommen mir persönlich bei der
Netflix-Aktie in den Sinn. „Hätte ich doch” zum Netflix-Start in Holland 2013 Anteile zum Kurs von rund 20 Euro pro Stück erworben, so würde ich mich aktuell über eine vierstellige Performance freuen. Oder: hätte mich bereits von Netflix-Aktien getrennt. Denn zum einen war deren Kursverlauf mitunter hochvolatil, zum anderen übt sich das Papier innerhalb der vergangenen zwölf Monate primär im Wassertreten – und das, obwohl die Corona-Pandemie „Stay-at-home-Aktien” im Schnitt kräftig Rückenwind verliehen hat. Denn was machen Menschen im Lockdown? Online Shoppen, Essen bestellen, Chatten und natürlich Filme und Serien konsumieren.
Dagegen konnten Netflix-Konkurrenten wie Amazon (Prime Video), Disney (Disney+) oder Apple (Apple TV+) seit Juli 2020 allesamt zweistellig zulegen. Ist das möglicherweise das Ende von Netflix’ kurstechnischer Erfolgsserie?
Netflix: Nutzerwachstum verlangsamt sichVorweg die gute Nachricht: Netflix verdient nach wie vor reichlich Geld. So schnellte der Q2-Gewinn im Jahresvergleich um fast 90% auf 1,4 Milliarden Dollar in die Höhe. Die Einnahmen stiegen um fast 20% auf 7,3 Milliarden Dollar. Dass die Investoren nach der Zahlen-Präsentation vor rund einer Woche dennoch enttäuscht reagierten und die Netflix-Aktie auf die Verkaufsliste setzten, lag vor allem am schwachen Wachstum der Abonnentenzahlen. In den drei Monaten bis Ende Juni nahm die weltweite Anzahl der Abonnenten lediglich um 1,5 Millionen auf insgesamt gut 209 Millionen zu. Auf dem wichtigen Heimatmarkt – den USA und Kanada – musste Netflix sogar einen Rückgang um 430.000 Abonnenten verkraften.
Auch die Prognose für das laufende Vierteljahr fiel mit 3,5 Millionen erwarteten Neukunden relativ mager aus, denn Experten hatten hier mit 5,5 Millionen gerechnet.
Erfolgreiche, teils Emmy-nominierten Produktionen wie „The Crown” oder „The Queen’s Gambit” locken zwar (noch) reichlich Zuschauer vor den Bildschirm, doch die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Um das Geschäft zu beflügeln und Wettbewerber wie
Amazon,
Apple oder
Disney in Schach zu halten, will Netflix deshalb im laufenden Jahr mehr als 17 Milliarden Dollar für neue Inhalte ausgeben und sein Angebot um Merchandising-Artikel und einen
Gaming-Channel erweitern. An wen erinnert uns dieser Strategieschwenk? Genau, an die
Champions Apple und Disney, die schon seit Jahren bzw. Jahrzehnten mit Merchandising bzw. Gaming-Angeboten gutes Geld verdienen.
Nicht nur großes Kino: Disney, Amazon und AppleDie herausragende Stellung von Amazon, Apple und Disney gegenüber Netflix wird noch deutlicher, wenn man das gesamte Produkt- und Diensteangebot und die Content-Kosten der Konkurrenten vergleicht. Netflix investierte schon 2020 rund 16 Millionen Dollar in neue Inhalte, während Amazon nur sieben Milliarden Dollar und Disney lediglich 1,75 Milliarden Dollar in die Hand nahmen und dennoch hohe Nutzer-Wachstumszahlen generierten. Disney verfügt offensichtlich über einen enormen Content-Fundus gefüllt mit Klassikern und weltberühmten Formaten wie „Star Wars” oder „The Mandalorian”. Dazu kommen das erfolgreiche Merchandising-Geschäft, Vergnügungsparks und sogar Kreuzfahrtschiffe. Apple profitiert nach wie vor vom ikonischen iPhone, anderen, richtungsweisenden Tech-Entwicklungen sowie damit verbundenen Diensten. Und Amazon verfügt mit AWS (Cloud Services), Prime, eigener Hardware und Shopping-Angeboten aller Art über einen schier unüberwindlichen Burggraben.
Netflix’ langjährige Spezialisierung und daraus resultierende Abhängigkeit von teurem Content könnte deshalb schon bald zur Bedrohung werden. Denn Amazon, Apple und Disney haben sowohl gut gefüllte Taschen als auch resistente, diversifizierte und langfristig erfolgreiche Geschäftsmodelle.
Aufgrund ihrer hohen Anlagequalität zählen die drei Champions sowohl zum
boerse.de-Aktienfonds für Ihren erfolgreichen Vermögensaufbau, als auch zum
boerse.de-Weltfonds für risikoreduzierte Renditen im Ruhestand.
Ich wünsche Ihnen einen entspannten, erfolgreichen Börsentag,
Ihre Miss boerse.de