Ein Short Squeeze beschreibt ein außergewöhnliches Marktphänomen, bei dem der Kurs einer Aktie oder eines anderen Wertpapiers sprunghaft ansteigt, weil Anleger, die zuvor auf fallende Kurse gesetzt haben (Shortseller), gezwungen sind, ihre Positionen zu schließen. Diese Käufe verstärken den Preisanstieg zusätzlich – ein Kreislauf, der kurzfristig zu massiven Kursausschlägen führen kann. Short Squeezes treten meist bei Papieren mit hohem Short-Interest, geringer Liquidität oder starkem Anlegerinteresse auf.
Um den Mechanismus eines Short Squeeze zu verstehen, muss zunächst klar sein, wie eine Short-Position funktioniert. Beim sogenannten Short Selling leihen sich Anleger Aktien, um sie sofort am Markt zu verkaufen – in der Hoffnung, sie später günstiger zurückzukaufen. Fällt der Kurs, erzielt der Shortseller Gewinn. Steigt der Kurs jedoch unerwartet, entstehen Verluste, die theoretisch unbegrenzt sind.
Wenn die Verluste eine kritische Grenze überschreiten oder der Kurs stark steigt, müssen viele Shortseller ihre Positionen schnell eindecken, also die geliehenen Aktien zurückkaufen. Diese Rückkäufe führen zu einer plötzlichen Nachfragewelle, die den Kurs noch stärker nach oben treibt. Genau dieser selbstverstärkende Mechanismus ist der Kern eines Short Squeeze.
Eines der bekanntesten Beispiele der jüngeren Börsengeschichte ist der GameStop-Short-Squeeze im Jahr 2021. Dabei stieg die Aktie des US-Videospielhändlers GameStop innerhalb weniger Tage um mehrere tausend Prozent, ausgelöst durch koordinierte Käufe privater Anleger über Plattformen wie Reddit. Institutionelle Investoren, die stark auf fallende Kurse gesetzt hatten, mussten ihre Positionen in großer Zahl schließen, was die Rallye weiter anheizte.
Auch bei Tesla kam es in den Jahren 2019 und 2020 zu wiederholten Short Squeezes. Viele Marktteilnehmer hatten gegen die Aktie gewettet, doch starke Quartalsergebnisse und ein zunehmender Optimismus gegenüber der Elektromobilität führten zu massiven Kursanstiegen. Anleger, die auf fallende Kurse spekuliert hatten, mussten sich eindecken – was den Kurs der Tesla-Aktie zusätzlich nach oben trieb.
Historisch gesehen ist das Phänomen keineswegs neu. Bereits 2008 kam es bei der Volkswagen-Aktie zu einem spektakulären Short Squeeze, als bekannt wurde, dass Porsche über Optionen den Großteil der VW-Stammaktien kontrollierte. Der Kurs schoss zeitweise auf über 1.000 Euro und machte Volkswagen kurzfristig zum teuersten Unternehmen der Welt.
Ein Short Squeeze entsteht nicht zufällig, sondern in einem Umfeld, in dem mehrere Bedingungen zusammentreffen:
Je stärker diese Faktoren zusammentreffen, desto wahrscheinlicher und heftiger fällt ein Short Squeeze aus. In vielen Fällen wird er durch Social Media, spekulative Foren oder algorithmische Handelsstrategien noch zusätzlich befeuert.
Ein Short Squeeze kann sowohl große Risiken als auch Chancen bergen. Für Shortseller ist er gefährlich, da ihre Verluste theoretisch unbegrenzt sind. Für spekulative Anleger hingegen kann ein Short Squeeze kurzfristig enorme Gewinne ermöglichen – vorausgesetzt, sie steigen frühzeitig ein und verkaufen rechtzeitig wieder.
Langfristige Investoren sollten sich jedoch bewusst sein, dass solche Kursbewegungen selten fundamental begründet sind. Sie basieren meist auf Marktmechanismen, nicht auf der tatsächlichen Geschäftsentwicklung eines Unternehmens. Entsprechend hoch ist die Volatilität, sobald die Situation sich wieder normalisiert.
Ein Short Squeeze ist ein spannendes, aber riskantes Börsenereignis, das zeigt, wie stark psychologische und technische Faktoren die Märkte beeinflussen können. Er entsteht, wenn Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt haben, gezwungen sind, Aktien in großem Stil zurückzukaufen – was eine Kettenreaktion auslöst. Beispiele wie GameStop, Tesla oder Volkswagen verdeutlichen die Macht solcher Marktmechanismen. Für Anleger gilt: Short Squeezes bieten enorme kurzfristige Chancen, bergen aber ebenso große Verlustrisiken. Eine fundierte Analyse und ein disziplinierter Umgang mit Risiko sind daher entscheidend, um nicht selbst in den Strudel der Marktkräfte zu geraten.