Eine Stillhalteroption bezeichnet im Börsenhandel ein Finanzinstrument, bei dem der Verkäufer (der sogenannte Stillhalter) einer Option eine Verpflichtung eingeht, eine bestimmte Leistung zu erbringen, falls der Käufer der Option von seinem Recht Gebrauch macht. Der Stillhalter verkauft also das Optionsrecht und verpflichtet sich im Gegenzug, die entsprechenden Aktien, Indizes oder anderen Basiswerte zu einem vorher festgelegten Preis zu liefern (bei einer Kaufoption) oder abzunehmen (bei einer Verkaufsoption). Für diese Verpflichtung erhält der Stillhalter eine Optionsprämie als Entschädigung für das eingegangene Risiko.
Das Prinzip der Stillhalteroption beruht auf einem klassischen Tauschgeschäft zwischen Risiko und Ertrag. Während der Käufer einer Option ein Recht erwirbt (aber keine Pflicht hat), nimmt der Stillhalter die Pflicht auf sich, wenn der Käufer die Option ausübt. Der Stillhalter profitiert, wenn die Option nicht ausgeübt wird, da er in diesem Fall die vereinnahmte Prämie als Gewinn behält. Umgekehrt kann der Stillhalter Verluste erleiden, wenn sich der Kurs des Basiswerts ungünstig entwickelt und der Optionsinhaber sein Recht ausübt.
Man unterscheidet zwischen zwei grundlegenden Formen:
Das Chancen-Risiko-Profil einer Stillhalterposition ist asymmetrisch. Der Gewinn ist auf die erhaltene Prämie begrenzt, während die Verluste potenziell sehr hoch ausfallen können. Dieses Ungleichgewicht macht das Stillhaltergeschäft besonders risikobehaftet, wenn keine Absicherungsstrategien angewendet werden.
Beispielsweise kann ein Stillhalter einer Call-Option auf die Deutsche-Bank-Aktie eine Prämie von 2 Euro pro Aktie erhalten, wenn er sich verpflichtet, diese zu einem Basispreis von 10 Euro zu verkaufen. Steigt der Kurs der Aktie jedoch auf 15 Euro, muss der Stillhalter sie zu 10 Euro liefern und erleidet einen Verlust von 3 Euro pro Aktie – abzüglich der vereinnahmten Prämie. Sinkt der Kurs dagegen oder bleibt unter 10 Euro, verfällt die Option wertlos, und der Stillhalter behält die Prämie als Gewinn.
Um das Risiko zu begrenzen, sichern sich viele Stillhalter ab, indem sie die entsprechende Menge des Basiswerts bereits besitzen oder durch andere Derivate absichern. Eine solche Position nennt man gedeckte Stillhalterposition (englisch: covered option). Beim oben genannten Beispiel mit der Deutschen-Bank-Aktie würde der Stillhalter die Aktien bereits halten, sodass er sie bei Ausübung der Option lediglich verkaufen müsste. Sein Risiko wäre dann auf entgangene Kursgewinne begrenzt, anstatt einen Verlust aus einer Leerverkaufsposition zu erleiden.
Diese Strategie ist besonders bei institutionellen Anlegern oder erfahrenen Privatanlegern beliebt, die regelmäßig Prämieneinnahmen erzielen möchten, ohne sich vollständig den Marktrisiken auszusetzen. Allerdings erfordert sie umfassendes Wissen über Optionsstrategien, Margin-Anforderungen und Marktentwicklungen.
Stillhalteroptionen werden meist an Terminbörsen wie der Eurex gehandelt, wo standardisierte Optionskontrakte auf Aktien, Indizes oder Zinsen angeboten werden. Der Stillhalter tritt dabei als Verkäufer des Optionsrechts auf und verpflichtet sich, die Bedingungen des Vertrags zu erfüllen, falls der Käufer die Option ausübt.
In der Praxis übernehmen häufig Banken, Fonds oder professionelle Händler die Rolle des Stillhalters, da sie über die nötige Kapitalstärke und Erfahrung verfügen, um das Risiko zu managen. Privatpersonen treten seltener als Stillhalter auf, können dies aber über spezielle Brokerplattformen tun, sofern sie über ausreichende Sicherheiten verfügen.
Die vereinnahmte Prämie aus dem Verkauf einer Stillhalteroption gilt steuerlich als Einnahme aus Kapitalvermögen und unterliegt somit der Abgeltungsteuer. Verluste aus der Ausübung oder dem Rückkauf der Option können in der Regel mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden. Wirtschaftlich gesehen dienen Stillhaltergeschäfte häufig dazu, zusätzliche Erträge zu generieren oder bestehende Positionen abzusichern – beispielsweise durch den Verkauf von Call-Optionen auf bereits gehaltene Aktienbestände.
Ein klassisches Beispiel ist die sogenannte Covered-Call-Strategie: Ein Anleger hält beispielsweise 100 Aktien eines Unternehmens und verkauft gleichzeitig eine Call-Option auf diese Aktien. Damit verpflichtet er sich, die Aktien zu einem bestimmten Preis zu verkaufen, falls die Option ausgeübt wird, und erhält im Gegenzug die Optionsprämie. Diese Strategie ist besonders in seitwärts tendierenden Märkten beliebt, da sie regelmäßige Zusatzerträge generieren kann.
Umgekehrt kann ein Stillhalter auch eine Put-Option verkaufen, um Aktien zu einem günstigeren Einstiegspreis zu erwerben. Wird die Option ausgeübt, muss er die Aktien zum Basispreis kaufen – erhält jedoch die Prämie als zusätzlichen Ertrag. Solche Strategien erfordern jedoch eine genaue Marktanalyse und Risikobereitschaft.
Die Stillhalteroption ist ein zentrales Instrument des Derivatehandels, das Chancen auf regelmäßige Einnahmen durch Prämien bietet, gleichzeitig aber erhebliche Risiken mit sich bringt. Der Stillhalter agiert als Verkäufer einer Option und profitiert, wenn diese nicht ausgeübt wird. Entscheidend für den Erfolg solcher Strategien ist ein fundiertes Verständnis der Marktmechanismen und eine sorgfältige Risikosteuerung. Richtig eingesetzt, kann die Stillhalteroption ein wertvolles Werkzeug zur Ertragssteigerung und Absicherung im Portfolio sein – erfordert jedoch Disziplin, Erfahrung und ein klares Bewusstsein für die möglichen Verlustrisiken.