Die
Daimler-Aktie hat heute mit +0,65 Prozent zu Handelsbeginn die gestrigen Verluste wieder ausgeglichen und sich damit - zumindest kurstechnisch - vom überraschenden Einstieg des chinesischen Automobilherstellers
Geely erholt. Als die Stuttgarter Freitagnachmittag bekannt gaben, dass Geely 9,7 Prozent der Daimler-Aktien erworben hatte, fielen Investoren, Mitarbeiter und Politiker in eine kurze Schockstarre: Geely-Gründer Li Shufu, der erst vor 20 Jahren seine Karriere als Autobauer begann, will der rund 100 Jahre älteren, deutschen Traditionsmarke unter die Arme greifen? Kaum zu glauben, aber wahr. Obwohl (oder gerade weil) momentan noch niemand so recht weiß, was Milliardär Li Shufu eigentlich im Schilde führt, sprudelt die Gerüchteküche: wie gelang es den Chinesen überhaupt, so viele Daimler-Anteile zu erwerben? Hat Geely eventuell die Mitteilungspflicht an BaFin und Daimler verletzt? Drängt Li Shufu in den Aufsichtsrat der Stuttgarter? Will Geely von Daimler abkupfern oder eine gemeinsame Allianz gegen “Eindringlinge” aus der
Technologiebranche schmieden? Zeit für einen Faktencheck...
Was ist Geely?Geely, zu Deutsch “Glück verheißende Automobile”, ist ein chinesischer Automobilhersteller, der erst 1998 mit der Herstellung von PKWs begann, nachdem Firmengründer Li circa ein Jahrzehnt mit der Manufaktur von Kühlschrankteilen geübt hatte. Geely steigerte die Produktion seiner PKWs sukzessiv von 100.000 Stück im Jahr 2003 auf angepeilte zwei Millionen im Jahr 2020, verfügt über sieben Standorte und übernahm 2010 für 1,8 Milliarden Dollar
Volvo von
Ford. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen einen Überschuss von umgerechnet 770 Millionen Euro bei einem Umsatz von 7,3 Milliarden Euro. Die Autos des Herstellers, die auch unter Markennamen wie “Gleagle”, “Englon” oder “Emgrand” vertrieben werden, haben eines gemein: den fehlenden “roten Faden”. Ein bisschen Mercedes, ein bisschen
VW, ja selbst
Rolls-Royce lässt sich im Design der Geelys erkennen. Ein Umstand, der dem Hersteller schon mehrmals Plagiats-Vorwürfe und Urheberrechtsklagen - unter anderem von Daimler - einbrachte.
Wie kam der Deal zustande?Darüber wird heftig spekuliert. Eigentlich darf ein Investor ein Aktienpaket zusammen mit Derivaten in Höhe von maximal 4,99 Prozent aufbauen, ohne offiziell davon Meldung zu machen. Wie Geely es geschafft hat, 9,7 Prozent der Daimler-Aktien zu erwerben, ohne den Deal offenzulegen, ist noch nicht geklärt. In Finanzkreisen wird jedoch darüber spekuliert, ob Geely mit einem komplexen Konstrukt aus Aktien und Derivaten durch “die Hintertür” Zugang zu den Anteilen erlangte und so die Meldepflicht umging. Ein Umstand, der morgen BaFin und Bundestag beschäftigen dürfte...
Welche Konsequenzen ergeben sich für Daimler?Marktbeobachtern zufolge könnte der Einstieg des “Wolfs im Schafspelz” durchaus gravierende Folgen für Daimler haben. Insider gehen davon aus, dass Li keineswegs nur stiller Teilhaber sein, sondern die Zukunft des Autoherstellers aktiv mitgestalten möchte. Der chinesische Unternehmer gilt als Visionär, der “Daimler auf dem Weg zu einem der weltweit führenden Anbieter von Elektromobilität begleiten will” und davon ausgeht, dass nur zwei bis drei Spieler den Kampf gegen Eindringlinge aus der Tech-Branche, wie zum Beispiel Google oder
Apple, gewinnen werden. Um den Branchenwandel zu überleben, brauche es Synergien und die Bereitschaft, Stärken zu bündeln und zu teilen. Ob Li Shufu seine Vision gemeinsam mit oder auf Kosten von Daimler umsetzen wird, steht allerdings in den Sternen...
Wenn Sie lieber auf Aktien mit “Turboantrieb”, statt auf “Glück verheißende Automobile” setzen, dann empfehle ich Ihnen einen Blick in den aktuellen
boerse.de-Aktienbrief. Darin lesen Sie die neuesten Analysen und Empfehlungen zu den 100 erfolgreichsten und sichersten Aktien der Welt - den boerse.de-Champions, die im Gegensatz zur Daimler-Aktie mit einer mindestens zehnjährigen, erfolgreichen Kurshistorie und geringen Rückschlägen punkten. Während
Aktienbrief-Leser ihr Kapital mit unseren Empfehlungen etwa alle vier Jahre verdoppeln können, brauchten Daimler-Aktionäre starke Nerven und erzielten innerhalb der vergangenen zehn Jahre eine Gesamtrendite von nur 22,82 Prozent.
Ich wünsche Ihnen einen entspannten, erfolgreichen Börsentag,
Ihre Miss boerse.de